Wohnungsbaukrise in Halle: Dringender Bedarf nach neuen Wohnungen bis 2028

21. August 2024 | Wirtschaft | 6 Kommentare

Die Stadt Halle steht vor einer gewaltigen Herausforderung: Bis zum Jahr 2028 müssen jährlich rund 1.090 neue Wohnungen gebaut werden, um den Wohnungsbedarf der wachsenden Bevölkerung zu decken. Diese alarmierende Prognose stammt aus einer aktuellen Regionalanalyse des Pestel-Instituts und zeigt, dass der Druck auf den Wohnungsmarkt in den kommenden Jahren erheblich zunehmen wird. Allerdings: In Auftrag gegeben hat die Studie der Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB). Dies ist zals Hintergrund zum Verständnis des Textes wichtig.

Marode Altbauten und ungenutzte Wohnungen

Matthias Günther vom Pestel-Institut macht deutlich, dass der Wohnungsbau in Halle nicht nur aufgrund der steigenden Nachfrage notwendig ist. „Es führt kein Weg daran vorbei: In Halle müssen Wohnungen neu gebaut werden. Schon allein, um abgewohnte Wohnungen in alten Häusern nach und nach zu ersetzen. Hier geht es insbesondere um Nachkriegsbauten, bei denen sich eine Sanierung nicht mehr lohnt“, erklärt Günther.

Interessanterweise ändert auch der hohe Leerstand von rund 11.160 Wohnungen in Halle nichts an der Notwendigkeit des Neubaus. Etwa 7,8 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes stehen leer, doch ein Großteil dieser Wohnungen ist seit mehr als einem Jahr ungenutzt. „Diese Wohnungen müssten komplett – also aufwendig und damit teuer – saniert werden, bevor sie wieder vermietet werden können“, so Günther. Ein nicht unerheblicher Teil der leerstehenden Wohnungen sei daher nicht mehr marktfähig.

Leerstand als notwendiges Übel

Trotz des hohen Leerstands betont Günther, dass ein gewisser Puffer an leerstehenden Wohnungen notwendig ist. Etwa drei Prozent des Wohnungsbestands sollten stets frei sein, um Umzüge zu erleichtern und Sanierungen durchführen zu können. Doch die Reaktivierung lange leerstehender Wohnungen sei oft nicht realistisch, insbesondere wenn Hauseigentümer durch unklare politische Vorgaben und fehlende finanzielle Mittel von einer Sanierung abgehalten werden.

Politische Unsicherheiten und finanzielle Hürden

Das Pestel-Institut beobachtet, dass viele Hauseigentümer zögern, notwendige Sanierungen anzugehen. „In ihren Augen ist eine Sanierung oft auch ein Wagnis. Sie sind verunsichert. Sie wissen nicht, welche Vorschriften – zum Beispiel bei Klimaschutz-Auflagen – wann kommen. Es fehlt einfach die politische Verlässlichkeit“, kritisiert Günther. Die Unsicherheiten in der politischen Landschaft, wie etwa die Diskussionen um das Heizungsgesetz, tragen zu dieser Zurückhaltung bei.

Zudem mangelt es vielen Eigentümern schlichtweg am nötigen Geld, um eine Sanierung durchzuführen. Erbstreitigkeiten und die Angst vor potenziell problematischen Mietern führen ebenfalls dazu, dass Wohnungen ungenutzt bleiben.

Der dringende Appell: Neubau von Wohnungen

Für das Pestel-Institut und die Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), Katharina Metzger, steht fest: Der Neubau von Wohnungen ist unausweichlich, um die Wohnungsnot in Halle zu lindern. „Es ist eine Milchmädchenrechnung, die leerstehenden Wohnungen gegen den aktuellen Bedarf an Wohnungen gegenzurechnen. Das funktioniert so nicht. Politiker, die das gerade versuchen, betreiben Augenwischerei“, warnt Metzger.

Die Präsidentin des Baustoff-Fachhandels fordert deshalb eine deutliche Vereinfachung der Bauvorschriften, um das Bauen günstiger und attraktiver zu machen. „Einfacher bauen – und damit günstiger bauen. Das geht, ohne dass der Wohnkomfort darunter leidet. Andernfalls baut bald keiner mehr“, so Metzger. Sie warnt vor überzogenen Förderkriterien und Normen, die den Neubau von Wohnungen erschweren und letztlich stoppen könnten.

Kritik an der Bundesregierung

Scharfe Kritik richtet sich auch an die Bundesregierung. Die versprochenen 400.000 Neubauwohnungen pro Jahr, darunter 100.000 Sozialwohnungen, erscheinen in weiter Ferne. „Es passiert zu wenig. Und was jetzt passiert, kommt zu spät“, kritisiert Metzger. Ohne eine deutlich stärkere staatliche Unterstützung werde der notwendige Neubau ebenso wie die Sanierung bestehender Wohnungen nicht in ausreichendem Umfang realisiert werden können.

Besonders besorgniserregend sei der geplante Bundeshaushalt für 2025, in dem dringend benötigte Fördermittel für den Wohnungsneubau fehlen. „Der soziale Wohnungsbau wird bei dieser Bundesregierung auch weiter auf der Strecke bleiben“, warnt Metzger. Sie ruft die Bevölkerung in Halle auf, massiven Druck auf die lokalen Bundestagsabgeordneten auszuüben, um die Regierung zum Handeln zu bewegen.

Wohnungsbaukrise und soziale Spannungen

Die aktuelle Entwicklung im Wohnungsbau ist alarmierend. Viele Bauunternehmen haben bereits Kapazitäten abbauen müssen, und die Neubauzahlen sinken rapide. Die Folge ist eine Spirale des Absturzes im Wohnungsbau, die unweigerlich zu einer Verschärfung der Wohnungsnot führt.

„Wenn sich Menschen wochen- und monatelang um eine neue Wohnung kümmern müssen, dann braut sich da etwas zusammen. Das ist Gift für das soziale Miteinander in der Gesellschaft“, warnt Metzger. Die toxische Kombination aus Wohnungsmangel und mangelndem Wohnungsbau droht, soziale Spannungen zu verschärfen und das Zusammenleben in der Stadt nachhaltig zu belasten.

Der dringende Appell lautet daher: Halle (Saale) muss jetzt handeln. Nur durch eine entschlossene Neubauoffensive und eine Vereinfachung der Bauvorschriften kann die drohende Wohnungsnot abgewendet werden. Die Zeit drängt, denn die nächsten Jahre werden entscheidend sein für die Zukunft der Stadt.

Print Friendly, PDF & Email
6 Kommentare

Kommentar schreiben