Händels Orlando: Über den mörderischen Wahnsinn aus Eifersucht

29. Mai 2022 | Kultur, Nachrichten, Veranstaltungen | Keine Kommentare

Mit einer ganz und gar nicht barocken Inszenierung der Händeloper Orlando eröffneten die Händelfestspiele in Halle/Saale am 27.Mai 2022 den Reigen von über 40 Veranstaltungen zum einhundertjährigen Jubiläum der Händelfestspiele. Die Inszenierung der 289 Jahre alten Oper kam beim Premierenpublikum gut an. Zwischenmenschliche Beziehungen sind ja seit Ewigkeiten problembelastet und ein unerschöpfliches Thema. In Wahnsinn mündende Eifersucht, sexualisierte Gewalt, Mord und Totschlag aus vermeintlicher Liebe, Missverständnisse – das gab es natürlich nicht nur zur Barockzeit. Glaubt man den sozialen Medien, scheint dieses Phänomen kein bisschen weniger geworden zu sein. Nur, im richtigen Leben löst sich das nicht ohne weiteres in Wohlgefallen und Happyend auf, wie in der Händel-Oper „Orlando“. 

Dem Orlando-Ensemble gelang es, den Wahnsinn spannend und kunstvoll in Szene zu setzen. Ein wohltrainierter sportlicher Orlando, der noch mehr Liegestütze schaffte als vermutlich die meisten Konzertbesucher und sehr verführerisch wirkende attraktive junge Sängerinnen machten das Eifersuchtsdrama glaubhaft. Faszinierend stimmgewaltig waren die Solisten, wobei der wunderbare Countertenor Xaver Sabata schon mal in die Nähe seiner stimmlichen Grenzen kam. Das Händelfestspielorchester begleitete und untermalte auf alten Instrumenten die dramatischen Szenen, war dabei aber oft zurückhaltend und überließ die Bühne den Solisten. Die Jetztzeit war im drehbaren Bühnenbild sehr schön wiedergegeben: ein Haus im Bauhausstil mit Dachterrasse und Keller, modern ausgestattet, in ansprechenden Farben, eben so wie viele 2022 gern schöner wohnen würden. Italienische Sprachkenntnisse waren für das Verständnis nicht vonnöten. Wem der Handlungsablauf nicht geläufig war, dem halfen die salopp formulierten Übertitelungen des Bühnengeschehens.

Es gab wiederholt reichlich Beifall für besonders gelungene Szenen. Nach dreieinhalb Stunden dankten mit minutenlangen Ovationen, mit Trampeln und Jubelrufen die Besucher der ausverkauften Premiere. Weitere Aufführungen gibt es am 29.Mai sowie am 4. und 10.Juni.

(Hans J. Ferenz)

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