Neue Rechte macht in Schnellroda wieder Staatspolitik
16. Februar 2017 | Nachrichten, Politik | 13 KommentareVom 17. bis zum 19. Februar 2017 findet im Dorf Schnellroda die „17. Winterakademie“ des Instituts für Staatspolitik (IfS) statt. Gegner z.B. das Bündnis von „Halle gegen Rechts“ machen unter dem Motto „IfS dicht machen! – Neue Rechte alt aussehen lassen!“ dagegen mobil.
Wie seriös dieses sogenannte „Institut für Staatspolitik“ ist, zeigt sich darin, dass die Veranstaltung dort nicht einmal angekündigt wird. Dafür gibt es auf den Seiten der Zeitschrift Sezession des Verlegers Götz Kubitschek den Hinweis: „Am kommenden Freitag versammeln wir 150 Studenten zur Winterakademie in Schnellroda. Linke Gruppen haben drei Info-Punkte und eine Demonstration angemeldet.“ In den Kommentaren darunter brüstet man sich: „daß die Herrn und Damen aus Halle und Leipzig antanzen! Wir müssen sagen und wir hoffen, Sie verstehen das richtig, wir meinen es sogar ernst: irgendwo sind wir gerührt.“
Was passiert nun im Kubitscheks Anwesen, dessen Verlag Autoren wie Akif Pirincci unter Vertrag hat? Es hat etwas von den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Und damit meine ich nicht die positiven Seiten des Jahrzehnts, die Kunst, Kultur und Liberalität, sondern den spießigen und verkniffenen Nationalismus und Reaktionismus (nicht mit Konservatismus zu verwechseln), der in letzte Konsequenz zur Dikatatur und dem Völkermord aller Völkermorde führte. Wer sich einen eigenen Eindruck über den Lehrstoff der Winterakademien verschaffen möchte, darf gern auf die Internetseiten des IfS gehen. Dort ist werden die Arbeitsgebiete in fünf Haupthemen unterteilt: Staat und Gesellschaft, Politik und Identität, Zuwanderung und Integration, Erziehung und Bildung, Krieg und Krise. Das Weltbild von Kubitschek und seiner Frau Ellen Kositza ist hier kurz und knapp nachzulesen.
Infopunkte und Demo am 17.02.2017 ab 13 Uhr in Schnellroda
„Halle gegen Rechts“ sandte dem HalleSpektrum folgende Stellungnahme (von uns leicht gekürzt) zu dieser Veranstaltung zu:
„Die Rechten wollen sich dieses Mal mit dem Thema „Gewalt“ auseinandersetzen. Was erst einmal grundsätzlich sinnvoll erscheint, ist für uns, das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus Mitteldeutschland“, aber Grund genug für Protest gegen die dort zu erwartenden Menschenfeindlichkeit. Denn es ist zu erwarten, dass sich die anwesenden Vertreter*innen der „Neuen Rechten“ eben nicht mit ihren ohne Zweifel existierenden Gewaltproblemen auseinandersetzen werden: Die Kubitschek-Jugend unter dem Label der „Identitären“ wird sich nicht fragen, warum ihre Gruppe beispielsweise in Halle aus gewaltbereiten Neonazis besteht oder ob es klug oder sonderlich gewaltfrei ist, politische Gegner*innen zu bedrohen und zu bedrängen, wie sie es tun. Auch werden sich diejenigen, die in ihrem fanatischen Hass auf alles angeblich Fremde geschlossene Grenzen und Ausweisung der vermeintlich „Kulturfremden“ fordern, keine Gedanken über die Gewalt dahinter machen. Ähnlich sieht es bei denjenigen aus, die Feminismus sowieso, aber auch jede Form von Gleichstellung für eine „Kastration“ des Mannes und für krankhaftes Aufbegehren gegen „die Natur“ halten. Niemand wird sich die Frage stellen, wie gewalttätig strukturelle Diskriminierung ist.
Nein, die Menschen, die sich Mitte Februar in Schnellroda treffen, werden von all der Gewalt, die sie auf die Gesellschaft loslassen, nichts wissen wollen. Sie werden sie ignorieren und sich als Opfer präsentieren oder sie als notwendiges Übel zur Zurichtung der Welt begreifen. Sie werden sich selbst und ihrem Volk die Erlaubnis erteilen, zu diskriminieren, zu hetzen und letztendlich zu töten, um sich vor den Dämonen der Moderne zu verteidigen. Sie sehen den „weißen Mann“ und die ihm untergeordnete Frau bedroht von Geflüchteten, die Familie bedroht von versuchter Gleichberechtigung und die deutsche Nation bedroht von der fehlenden Möglichkeit nicht jedem menschenfeindlichen, ausgrenzenden und hasserfüllten Impuls sofort nachzugeben. Dass sich diese ideologischen und praktischen Gewalttäter der Neuen Rechten am Ende für friedlich halten, obwohl sie nur danach streben, den Volkszorn gegen alle Schwachen und an einer besseren Welt Interessierten, aufzuhetzen, ist am Ende nur Spott.“
An drei Infopunkten gibt es im Dorf die Gelegenheit, sich über die Anliegen der Gegner zu informieren. Ob es Gelegenheit gibt, mit den Organisatoren und Teilnehmern der Winterakademie ins Gespräch zu kommen, konnte das HalleSpekrum leider nicht herausbekommen.
Paula Poppinga
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Fractus, ich glaube nicht, dass das IfS den Faschismus, wie auch immer, legitimieren will. Das sind aus meiner Sicht Vorhalte, um den politischen Gegner zu diskreditieren. Hieran ändert sich auch nichts durch den Beitrag von teu, den dieser zu Teilen vom Faschismusforscher Roger Griffin abgekupfert hat.
Nachtrag:
Kubitscheks Leitbild ist erklärtermaßen die „Konservative Revolution“. Die Geschichtswissenschaft bezeichnet die „Konservative Revolution“ als den Wegbereiter des Nationalsozialismus. Es ist der Versuch die faschistische Gedankenwelt zu popularisieren, ohne sich dabei die historischen Belastungen einfangen zu müssen.
@Porbitzer
es geht um die pseudo-intellektuelle Legitimierung des Faschismus (vgl. z.B. den Beitrag von @teu). Die ist ohne Gewaltlegitimation nicht zu haben, dafür sorgt schon die Historie.
Da hilft es auch nicht, wenn man sich schöngeistig gegen die Gewalt gegen sich selbst ausspricht, wenn sich sich doch selbst auf die Wurzeln des Faschismus produktiv berufen. Und eine Distanzierung vom Faschimus wird man von diesen Typen nicht bekommen.
Fractus , die Zuschreibung einer pseudo-intellektuellen Legitimierung von Gewalt als Ziel des IfS kann ich so nicht nachvollziehen. Das ergibt sich nicht aus den abgesteckten Arbeitsgebieten des Institutes, die ich soeben im Internet gefunden habe.
Aber irgendwie muss ja für das zu erwartende Vorgehen bestimmter Gruppen demnächst in Schnellroda ein Vorwand gefunden werden.
@Porbitzer,
zur Gewalt gehört auch die verbale Gewalt und die von der rechten Seite etablierte Gewaltkultur gegen Andersdenkende. (siehe z.B. Liebigs Auftritt gegen den Muslimstand)
Und wenn wie hier der Faschismus nicht nur verharmlost, sondern auch akzeptiert wird, dann geht es um die Verherrlichung einer Politik die nicht nur für den schlimmsten aller bisherigen Kriege steht, sondern auch für die sysematische Verfolgung und industrielle Vernichtung als lebensunwert gebrandmarkten Lebens. Es geht dem komischen Institut eben genau um die pseudo-intellektuelle Legitimierung von Gewalt.
„An drei Infopunkten gibt es im Dorf die Gelegenheit, sich über die Anliegen der Gegner zu informieren. “
Sollen sich da die Dorfbewohner informieren?
P. P. : „werden von all der Gewalt, die sie auf die Gesellschaft loslassen, nichts wissen wollen. Sie werden sie ignorieren und sich als Opfer präsentieren oder sie als notwendiges Übel zur Zurichtung der Welt begreifen.“ Ist das die von den Linksgrünen erwartete Reaktion auf die Gewalt, die am kommenden Wochenende auf die Interessierten, die von dem Institut erwartet werden, niederprasseln soll?
Es geht wohl darum „den Faschismus zu einer rein metapolitischen Gestalt zu transformieren“, resp. „Besetzung von Feldern im vorpolitischen Raum“, um „Informationen und Lebensgefühl durch ein ganzes Kapillarsystem sickern zu lassen“, und die Einrichtung einer Subkultur, denn „nur eine Subkultur garantiert längerfristig die Durchsetzung eigener Zielvorstellungen“.
Fast jeder kann ein Institut gründen.
Es gibt z.B. auch Bestattungsinstute, Finanzleistungsinstitute, Massageinstitute usw.
Entschuldigt den Schreibfehler, es muss „seid“ heißen.
„Die Rechten wollen sich dieses Mal mit dem Thema ‚Gewalt‘ auseinandersetzen. Was erst einmal grundsätzlich sinnvoll erscheint, ist für uns […] aber Grund genug für Protest gegen die dort zu erwartenden Menschenfeindlichkeit.“
Na dann zeigt mal, wie tolerant und menschenfreundlich ihr seit.
„Die Kubitschek-Jugend unter dem Label der ‚Identitären‘ wird sich nicht fragen, […] ob es klug oder sonderlich gewaltfrei ist, politische Gegner*innen zu bedrohen und zu bedrängen, wie sie es tun.“
Das ist an Ironie kaum zu überbieten. Mal an die eigene Nase fassen, hm?
Wenn Du noch mehr Spaß brauchst, die Herrschaften haben auch einen tollen Youtube-Kanal…
Boah, „Institut“ und noch für“ Staatspolitik“. Mitarbeiter zwei Personen einer Familie, also wirklich, geht es auch noch ein wenig kleiner? An Minderwertigkeitsgefühlen jedenfalls sind die nicht erkrankt, eher an totaler Selbstüberschätzung….