Vergabeausschuss entscheidet sich mit Mehrheit gegen schonenden Umgang mit Naturschutzgebiet
21. Oktober 2016 | Nachrichten, Natur & Gesundheit | 12 KommentareMit seiner gestrigen Ablehnung (am 20.10.2016) des Änderungsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und für die von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Wiederherrichtung des Rundweges auf der Rabeninsel hat sich der Vergabeausschuss des Stadtrates gegen einen maßvollen Umgang mit Natur und Steuergeldern entschieden
Hierzu erklärt Stadtrat Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Ich bedauere diese Entscheidung sehr, weil sie in zweierlei Hinsicht unserem Verständnis von Nachhaltigkeit widerspricht. Zum einen stellen die geplanten Baumaßnahmen an sich einen unnötigen Eingriff in das Naturschutzgebiet dar. Zum anderen wird hier ohne erkennbaren Grund Steuergeld ausgegeben. Nach mehrmaliger Besichtigung und Begehung des Weges bei jeglichem Wetter ist unsere Fraktion nach wie vor der Meinung, dass der Erhalt des naturnahen Waldweges im Schutzgebiet Rabeninsel angemessen ist und deswegen auf die Durchführung der Baumaßnahmen hinsichtlich des Geh- und Radweges verzichtet werden sollte.“
Hintergrund
Der Vergabeausschuss des Stadtrates hatte in seiner heutigen Sitzung über die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung „Baubeschluss – Rabeninsel, Fluthilfemaßnahme Nr. 262“ zu entscheiden. Ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der einen Verzicht auf die Erneuerung des Rundweges durch das Naturschutzgebiet vorsah, wurde mit Mehrheit abgelehnt.
Der naturnahe Waldweg auf der Rabeninsel ist in seinem Zustand seiner Umgebung angepasst und entspricht in der Oberflächengestaltung einem Waldweg, der durch ein Schutzgebiet verläuft. Oft werden Wege in Schutzgebieten mit besonderer Absicht als naturnahe Waldwege gestaltet, um so auch eine Besucherlenkung zu erwirken. Wichtig dabei ist immer die Verkehrssicherheit. Bei den zahlreichen Begehungen in den letzten Wochen konnten Vorort nirgends sicherheitsgefährdende Stellen ausgemacht werden, die eine Sanierung aus diesen Gründen notwendig machen würde. Die Maßnahme würde also lediglich aus ästhetischen Gründen erfolgen.
Die Oberfläche des Weges soll als sogenannte wassergebundene Wegedecke ausgeführt werden. Diese Bauweise ist für Wege mit geringer Belastung eine gute, weil wasserdurchlässige Variante. Die wassergebundene Wegedecke bekommt ihre Stabilität durch einen kornabgestuften Schichtenaufbau (unten grobes Material, nach oben immer feiner). In der Regel ist dieser Aufbau 3-schichtig. Durch Kapillarkräfte kann Feuchtigkeit von unten nach oben aufsteigen, sich mit den feinen Gesteinsanteilen verbinden und zu einer festen Decke werden.
Die wassergebundene Wegedecke ist pflegeaufwändig. Soll sie über Jahre funktionieren, muss sie mindestens 1-mal pro Jahr gewalzt und Fehlstellen ausgebessert werden. Diese Fehlstellen entstehen bei der Nutzung im Winter, wenn Frost-/Tauwechsel die Oberfläche instabil werden lässt. Fehlstellen entstehend auch durch die Fahrradnutzung infolge von Bremsmanövern.
Die von der Verwaltung vorgeschlagene Bauweise sieht den Einbau von Geotextil vor, welches das Aufsteigen von Feuchtigkeit verhindert. Durch diese Bauweise wird die Funktion der Wasserbindung nicht erfüllt. Die Oberfläche wird nie fest werden. Der Einbau in lediglich 2 Schichten und die Wahl der Körnung unterstreicht diesen Effekt. Wir bekommen also einen Weg, der von vorne herein nicht funktionsfähig und dazu noch pflegeaufwändig ist, möchte man ihn dauerhaft erhalten. Nach einem erneuten Hochwasser (einem normalen, bei dem die Rabeninsel überschwemmt wird) ist der Weg wieder komplett zerstört. Seltsamerweise werden andere Bauvorhaben im Hochwassergebiet, die bei nochmaligem Hochwasser wieder zerstört werden, gar nicht erst genehmigt.
Ist das Befahren des Naturschutzgebietes wirklich notwendig?
Die bevorstehenden Bauarbeiten sind ein weiterer Grund auf die Baumaßnahme zu verzichten. Da der Wegebau mit Kleinfahrzeugen (max. 7,5 t) erfolgen soll, sind (um die Massen ab- bzw. wieder anzufahren) wie an der Nordspitze Peißnitz auch unzählige Fahrten notwendig. Dies stellt eine enorme Belastung für das Gebiet dar.
Des Weiteren ist anzumerken, dass die Verwaltung anführt, dass eine Bauweise gewählt wurde, die schonend sei. Hier wird die Verwendung von Walzen anstatt Rüttelplatten bei der Verdichtung der Wegedecke angeführt. Anzumerken ist dazu, dass es fachlich vorgeschrieben ist, dass wassergebundene Wegedecken ausschließlich mit Walzen zu verdichten sind. Zudem vibrieren Walzen ebenso wie Rüttelplatten und machen auch ebenso viel Lärm.
Kommentar schreiben
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Wenn ich schon lese „Besucher Lenkung“. Das heißt nichts anderes man möchte nicht jedem den Zugang zu dem Areal ermöglichen. Man muss schon gut zu Fuss sein und fähig sein über Stock und stein zu klettern um dort einen Spaziergang zu machen. Frage Passierbarkeit mit Kinderwagen oder was immer mehr wird Rollator. Da kommt dann aber bestimmt, „die können doch wo anders spazieren gehen“.
Lieblicher Rio, dein Eiertanz bringt auch keine Fakten.
farbi, Süsser, „Deutsches Geld für Deutsche Kinder“ kam in der „Kinderarmutdebatte“ von der AfD. Wenn faktenlos schreiben wollte, hätte ich geschrieben: „Keine spanischen Inseln für deutsche Verbrecher“, würde ich aber nie schreiben, entiendes hijo?
Faktotem Riosal
Da ist sie wieder, die Fluthilfeverwendungsnotwendigkeit. Zusammen mit der kurzfristigen Ästhetikverbesserung also zwei Argumente, auf die sich der Vergabeausschuss bei seiner Entscheidung für einen Ausbau gestützt hat? Klingt noch immer nicht nach einer Vernunftsentscheidung. Oder ist das Mit-2-bis-4-Rädern-Fahren auf den Wegen derzeit nicht möglich, dann aber schon (- das wurde sicher schon irgendwo geschrieben)?
„@farbi Eine Stellungnahme der Afd lag mir leider nicht vor. Deutsche Inseln für Deutsche wäre sicher ein sachlicher Beitrag zur Diskussion gewesen.“
Meinst du das mit Faktenfreiheit?
lieber Farbi, „Es gibt Meinungsfreiheit, aber keine Faktenfreiheit“ (Shahak Shapira)
Ja Risoal, ich wünsche mir auch mehr sachliche ideologiefreie Berichterstattung und keine Löschung von unbequemen Wahrheiten.
@farbi Eine Stellungnahme der Afd lag mir leider nicht vor. Deutsche Inseln für Deutsche wäre sicher ein sachlicher Beitrag zur Diskussion gewesen.
Der Vergabeausschuss hatte die Vorgaben der Verwaltung, hier Planung, einen neuen Weg mit Flutmitteln zu bekommen. Toll, ein neuer Weg, und nichts dazubezahlen. Das sagt man ja. , siehe auch stellungnahme der Linken:
http://hallespektrum.de/nachrichten/politik/rabeninsel-heute-im-vergabeausschuss/272075/
Mich würde ja interessieren, ob die Naturschutzverbände schon einbezogen worden sind. Auf unsere Frage bez. der Einbeziehung der Naturschutzverbände beim Nordweg der Peißnitzinsel hieß es auch: Ja, sie sind einbezogen worden. Es stellte sich heraus, dass die Naturschutzverbände von nichts wußten. Der betr. Mitarbeiterin der Verwaltung glaube ich seitdem nichts mehr.
Simones ungläubiger Thomas Riosal
Gondwana, eine Asphaltierung waren eben nicht durchsetzbar. So entstehen nach dem nächsten Hochwasser wieder Kosten, die vermeidbarr wären.
Was „schonender Umgang“ ist, ist wohl Auslegungssache. Aber unabhängige Berichterstattung ist eben nicht die Stärke der Redaktion.
Hier steht, dass der Vergabeausschuss wider alle Vernunft entschieden hat („Wir bekommen also einen Weg, der von vorne herein nicht funktionsfähig und dazu noch pflegeaufwändig ist“ und weitere Darstellungen oben). Was steckt dahinter, welche Entscheidungsgrundlagen hatte der Vergabeausschuss? Es müssen doch auch Argumente genannt worden sein, die gegen den Änderungsantrag sprachen.