Hintergründe Berlin Blockieren

23. Oktober 2019 | Umwelt + Verkehr | 2 Kommentare

Ausgangssituation

Willkommen im Herbst 2019. 

Vier Jahre nach dem Pariser Abkommen verfehlt die Bundesrepublik Deutschland nicht nur deutlich die Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen für 2020 (hauptsächlich aus Verbrennung von Braunkohle, Erdöl und Erdgas), sondern stellt parallel zum größten Klimastreik der deutschen Geschichte (mit 1,4 Millionen) ein Klimapaket vor, das nur als Affront, als Satire oder als grinsend ausgestreckter Mittelfinger bezeichnet werden kann. 

Die Bundesregierung beweist endgültig, dass ihr jeglicher Ansatz fehlt, um den Widerspruch zwischen ihren Konzepten der Wirtschaftspolitik und der notwendigen Reduktion der Fossilverbrennung aufzulösen. Auch die zehn Monate, in denen Schüler bundesweit gegen die grundlegende Zerstörung ihrer eigenen Zukunft auf die Straßen gehen, haben die Regierung nicht bewegt.

Sind die Schülerdemos von Fridays for Future alle umsonst gewesen?

Nein! Die Fridays for Future haben erreicht, dass viele Menschen sich mit der Klimakrise befasst haben. Der aktuelle Zustand von vielen Teilen der Erde (Ozean, Arktiseis, Korallenriffe, Grönland, Jetstream, Wälder in Brandenburg) ist erschreckend. “Our House is on Fire” ist nicht übertrieben.

 

Leere Straße des 17. Juni

Morgengrauen 8.10.2019

Extinction Rebellion

Die Schülerbewegung kann das Problem nicht allein lösen. Eine der anderen Klimaschutzbewegungen ist die Extinction Rebellion (XR). Kern sind drei Ziele und zehn Prinzipien. 

Ziel eins ist die Ausrufung des Klimanotstands und gute Informationen über die Klimakrise und das Artensterben. 

Ziel zwei ist die Reduktion der Emissionen von Treibhausgasen auf Nettonull bis 2025. 

Ziel drei ist die Einberufung einer Bürger*innenversammlung, die aus den ganz unterschiedlichen Perspektiven verschiedener Menschen konkrete Lösungen für die Dekarbonisierung erarbeitet.

Die Grundlage der Bewegung ist konsequente Gewaltfreiheit. Dabei konzentriert sie sich auf Städte. Es gibt die regionale Arbeit, die vor allem kleinere Aktionen, Vorträge (“Talks”) und gegenseitige Stärkung (“Regeneration”) beinhaltet, und es gibt große, gesammelte Aktionen, die in den jeweiligen Hauptstädten direkt die Landespolitik bewegen sollen.

Dabei wird auf zivilen Widerstand gesetzt, im Wesentlichen baut man auf die Methoden der Bewegungen um Gandhi, die Sufragetten, Rosa Parks und Martin Luther King auf. Ein wichtiges Mittel ist die Disruption, also die Störung des Alltagsbetriebes im großen Ausmaß. Im April 2019 wurden in London große Plätze und wichtige Brücken über mehrere Tage besetzt (z.B. Piccadilly und Oxford Circus). Eine bunte Vielfalt an Feiern, Gesprächen, Vorträgen verdrängte den normalen Autoverkehr und Alltag.

Disruption

Potsdamer Platz

Seit Jahrzehnten wird von Klimaschützern demonstriert, werden Petitionen unterschrieben und Forderungen gestellt, wird aufgeklärt und überzeugt – bisher ergebnislos. Im Gegenteil: die weltweiten Emissionen steigen von Jahr zu Jahr. Die Industrieländer reduzieren zwar ihre Emissionen, aber viel zu langsam, um die vereinbarten und wichtigen Ziele zu erreichen.

Extinction Rebellion richtet sich an die Menschen, denen die bisherigen Methoden des Protestes nicht mehr ausreichen, oder wie Greta Thunberg sagt: “Right here, right now is where we draw the line”. Ziviler Widerstand, gewaltfrei aber entschlossen, und die Störung des Alltags sollen die Politik zwingen, das Thema ernst zu nehmen und darauf zu reagieren. Die große Dringlichkeit wird betont.

Rebellion Wave ab 07.10.2019

Potsdamer Hängematte

Hängematte Potsdamer Platz, 07.10.2019

Im Herbst 2019 startete eine internationale Rebellion Wave: In 60 Hauptstädten wurde rebelliert. Auch in Berlin. Hier war die Ortsgruppe Halle gut vertreten. Schwerpunkte waren die Teilnahme an großen Blockaden (Potsdamer Platz, Siegessäule, Marschallbrücke) und an kleineren im Stadtgebiet verteilten Störungen des Alltags. Die Blockaden wurden auch nachts gehalten. Zum Konzept von XR zählt es, einen möglichst kooperativen Umgang mit den Polizisten aufzubauen – ungeachtet der entgegengesetzten Ziele. Dieses Konzept ist sehr gut aufgegangen. 

Für XR Deutschland war es die erste Aktion in dieser Größe, und auch der erste großstädtische Protest in dieser Form.

Ergebnis 

Die gute Vorbereitung und Organisation hat sich ausgezahlt. Die Proteste verliefen friedlich, wichtige Plätze wurden über längere Zeit besetzt. In den Blockaden funktionierte die Kombination aus Entschlossenheit und guter Stimmung, Musik wurde gespielt. Die Aufmerksamkeit der Medien war vorhanden, aber hätte größer sein können. Die Bekanntheit der Protestform wurde gesteigert, ihr Funktionieren bewiesen. Man braucht natürlich viele Menschen, auch solche, die gar keinen oder nur einen sehr kleinen Regelbruch (eine Ordnungswidrigkeit) begehen wollen.

Jetzt muss der Protest in die Städte getragen werden, mit kreativen Aktionen, mit Vorträgen, mit Information. 

Neugierig? Mitmachen!

Die hallesche Gruppe von Extinction Rebellion kann man bei den Vorträgen (Talks) kennenlernen, wir freuen uns natürlich über Interessenten und neue Mitstreiter.

Kontakt: halle@extinctionrebellion.de

https://extinctionrebellion.de/og/halle/

facebook: https://www.facebook.com/XRhallesaale

twitter: https://twitter.com/XR_Halle

Print Friendly, PDF & Email
2 Kommentare

Kommentar schreiben