TOOH-Konflikt um Lutz und Brenner: Offener Brief an Stadtrat und OB
5. April 2019 | Politik | 5 KommentareDer Intendant Matthias Brenner ist in Halle eine Instanz. Wir möchten ihn nicht missen.Florian Lutz ist als Intendant verpflichtet worden, um Halles Opernpublikum zu verjüngen, um neue Wege zu gehen, um die innovative Kraft der Oper auf die Bühne zu bringen. Das Programm von ihm und seinem Team genießt viel Zuspruch, vor allem auch bei jungen Leuten. Mit Experimenten wie der Raumbühne von Sebastian Hannak schaffte er es, für die Oper Halle bundesweite Aufmerksamkeit zu erzeugen, dafür gab es den Deutschen Theaterpreis „Faust“.
„Die Zeit“ schrieb über die Oper Halle sogar von einem der aufregendsten Musiktheaterhäusern Deutschlands. Peter Konwitschny , eine Hausnummer in der Szene, hat sich pro Lutz ausgesprochen.
Mit der jüngsten Entscheidung des Aufsichtsrates kehren wir möglicherweise zurück in die Regionalliga, zu gepuderten Perücken, zur toten Oper.
Kunst muss streitbar bleiben, Kunst muss innovativ sein. Die Aufgabe ist nicht konservierende Denkmalpflege sondern lebendige zeitgenössische Auseinandersetzung mit aktuellen Themen.
Dieser Aufgabe kamen und kommen Oper und Schauspiel vorbildlich nach. Sie sind außergewöhnliche Leuchttürme der Mitteldeutschen Kulturlandschaft mit bemerkenswerter deutschlandweiter Strahlkraft. Das darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Tagesaktuell hat Wirtschaftsminister Willingmann am 28.3. im MDR den Weggang vieler junger Leute aus Sachsen-Anhalt beklagt. Unser Bundesland hat die ungünstigste demographische Situation in Europa.
Diesem Trend „solle man durch ein junge Leute anziehendes und hervorragendes sozio-kulturelles Umfeld entgegenwirken“, so Willingmann. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Oper und Schauspiel sind dabei Schlüsselinstitutionen.
Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der TOOH ist zu hinterfragen.Zwei Mitglieder des Aufsichtsrates haben sich bereits vor der Abstimmung (in der Bildzeitung und im Deutschlandfunk) wertend zu den Personalien geäußert, ja sogar Entlassung gefordert. Das dürfen Aufsichtsratsmitglieder in ihrer Funktion nicht. Gibt es in diesem Gremium eine Complianceregelung? Offenbar nicht. Das wäre vor dem Hintergrund der getroffenen Entscheidungen problematisch.
Sicher ist es möglich hier eine Lösung zu finden. Die Intendanten selbst sind immer noch gesprächsbereit. Brenner und Lutz mit ihren Teams und Ensembles bereichern den Kulturstandort Halle (Saale) in ganz besonderer Weise.
Beide sollten ihre Arbeit fortsetzen dürfen !
Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Halle (Saale) 2. April 2019
Unterzeichner:
Dr. Simone Heinemann-Meerz, niedergelassene Kardiologin
Prof. Dr. Christel Taube, Kulturbotschafterin
Prof. Dr. Sara Burkhardt, Kunstpädagogin, Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle,
Peter Dehn, Geschäftsführer Proton International, Ausschuss für Wirtschafts- und Wissenschaftsförderung Halle
Herbert Fritsch, Schauspieler u. Regisseur, Theaterpreis 2017 Berlin
Prof. Dr. Michael Gekle, Dekan der Medizinischen Fakultät der MLU Halle-Wittenberg
Prof. Axel Müller-Schöll, Innenarchitekt, ehem. Rektor der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle
Prof. Andrea Zaumseil, Bildhauerin, Dekanin des Fachbereichs
Nachtrag der Red: wie die Verfasser des Schreibens mitteilen, kann man sich dem Schreiben anschließen, indem man eine kurze Mail sendet an florianlutzbleibt@icloud.com
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„Diesem Trend „solle man durch ein junge Leute anziehendes und hervorragendes sozio-kulturelles Umfeld entgegenwirken“
Können die nicht schon für lau in die Experimental-Oper gehen?
„Last Minute Tickets für Schüler, Studierende, Auszubildende und Freiwilligendienstleistende unter 30 Jahren sind zum Preis von 8,- Euro ab 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Abendkasse der Oper Halle erhältlich, solange der Vorrat reicht. „
Ich bin anderer Meinung als die Briefschreiber.
Die Oper ist faktisch nur noch für Freaks der Moderne attraktiv. Wenn man im Zuschauerraum/Bühne faktisch das Stück nur noch deuten kann und das Gesamterlebnis sich auf das abstrakte Bühnenbild beschränkt, kann nicht alles richtig sein. @geraldo hat es treffend ausgedrückt. Keiner möchte Kaffekränzchen-Oper aber Moderne geht auch anders und dies kann ein neuer Intendant mal versuchen. Klar feuen sich die anderen Häuser, über das Experiment, solange nicht dort die Zuschauer schreiend weglaufen. Ein Provinztheater unterliegt wohl nicht der mehrheitlichen Meinung ihrer Zuschauer, sondern der Meinung anderer Intendanten und Künstlern? Wenn in Halle alles so herausragend ist, weshalb übernehmen diese Häuser unser „Erfolgsrezept“ denn nicht? Vielleicht aus wirtschaftlichen Zwängen? Herr Brenner, Sie sind schon ein anerkannter Intendant hier in Halle und des Lobes voll. Genauso wie bei bei Ihrem Vorgänger und vielleicht ist es an der Zeit auf dem Höhepunkt des Schaffens etwas Neues mit neuem Personal aufzubauen. Im gleichem Atemzug kann auch die Geschäftsleitung professionalisiert werden. Aktuell ist es ein Dauerzwist von Protagonisten, welche alle ersetzt werden könnten. Eine Anpassung der Strukturen ändert nichts an den zwischenmenschlichem Defiziten.
Un wo können sich die Gegner dieser Auffassung sammeln und artikulieren?
Es gibt auch eine Oper zwischen kaputtinszenierter Musik und gepuderten Perücken.