Neueste Forschung zeigt, wie sich Ameisen vor Keimen schützen

6. November 2020 | Bildung und Wissenschaft, Nachrichten, Natur & Gesundheit | Ein Kommentar
Ameisen desinfizieren sich und ihren Magen mit Hilfe ihrer eigenen Säure. Wie ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und Universität Bayreuth herausgefunden hat, tötet die Ameisensäure schädliche Bakterien im Futter der Tiere und verringert so das Krankheitsrisiko. Gleichzeitig hat die Säure maßgeblichen Einfluss auf die Darmflora der Ameisen. Über diese Erkenntnisse berichtet das Team in der Fachzeitschrift „eLife“.

„Lange ging man davon aus, dass die Säure nur zur Abwehr gegen Fressfeinde dient, also zum Beispiel gegen Insekten und Vögel.“, sagte Dr. Simon Tragust von Institut für Biologie der MLU, der die neue Studie gemeinsam mit Prof. Dr. Heike Feldhaar aus Bayreuth geleitet hat. In früheren Arbeiten konnte er bereits zeigen, dass Ameisen die Säure auch bei der Brutpflege einsetzen: Die Tiere desinfizieren damit ihre Brut und können so zum Beispiel die Ausbreitung von schädlichen Pilzen verhindern.

Grundlage für die neue Studie war nun eine Beobachtung im Verhalten der Tiere. „Immer, wenn Ameisen Futter oder Wasser schlucken, fangen sie danach vermehrt an, sich an ihrem Hinterteil zu putzen.“, erklärte Tragust: „Mit der Verdauung kann das Verhalten erst einmal nicht viel zu tun haben, denn die Ameisen machen das auch, wenn sie nur Wasser zu sich genommen haben.“

Mit Hilfe mehrere Experimente konnte das Team schließlich zeigen, dass Ameisen sich dadurch auch gewissermaßen von innen desinfizieren. „Hatten die Ameisen Zugang zu ihrer Säure, stiegen ihre Überlebenschancen deutlich, wenn sie Futter zu sich nahmen, das mit krankheitserregenden Bakterien angereichert war.“, so Tragust.

Wie die Forscher außerdem feststellten, ist dieser vorteilhafte Effekt nicht nur auf einzelne Tiere beschränkt. Denn Ameisen geben Futter an ihre Nestgenossen von Mund zu Mund weiter. „Das ist eine große potenzielle Ansteckungsquelle!“, erklärt der Biologe: „Wenn die Ameise das Futter weitergibt und zuvor Säure zu sich genommen hat, so hat die Zweite ein geringeres Risiko, zu erkranken. Auf diese Weise verringert das Verhalten auf der Ebene der Ameisenkolonie die Ausbreitung von Infektionen.“

Die Ergebnisse der neuen Studie liefern weiterhin eine Erklärung dafür, warum manche Ameisen nur ganz wenige Bakterien in ihrem Verdauungstrakt haben, und zwar vor allem säureresistente Mikroben. „Die Säureaufnahme stellt also auch einen Filtermechanismus dar, der das Mikrobiom von Ameisen strukturiert.“, erklärte Tragust. Ameisen gehörten damit zu den wenigen Tieren, die über extrem saure Mägen verfügen. „Ansonsten ist das nur vom Menschen und wenigen anderen Wirbeltieren bekannt. Anders als bei Ameisen wird die Magensäure vom Menschen direkt im Magen produziert, die Effekte sind aber die gleichen. Die Säure tötet Keime in der Nahrung ab und beeinflusst das Darmmikrobiom.“

Die genaue Wirkweise der Ameisensäure ist bis heute übrigens nicht bekannt, aber sie und andere organische Säuren werden schon lange als Zusatz für Tierfutter verwendet, um schädliche Keime abzutöten.

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