Osternacht auf dem Petersberg

16. April 2017 | Kultur | Keine Kommentare

In diesem Jahr fallen unser westliches und das orthodoxe Osterfest zeitlich zusammen, auch das jüdische Pessachfest wird zeitgleich gefeiert (11. bis 17. April). Ostern ist das älteste und wichtigste Fest des Christentums. Einer aktuellen Umfrage zufolge gehen hierzulande immerhin gut ein Viertel der Menschen zu Ostern in die Kirche (allerdings weniger als zu Weihnachten mit knapp der Hälfte der Befragten). Wer sich darauf einlässt, den ziehen die Feiern mit ihrer starken Symbolkraft in den Bann.

Von „Bleibet hier und wachet mit mir“ über „Kreuzige ihn“ bis „Lumen Christi“

Chor- und Altarraum Petersberg. Foto: AK

So verlöschen am Gründonnerstag nach und nach alle Kerzen, bis eine einzige Kerze auf dem Altar stehenbleibt, symbolisch für Jesus, der, von seinen schlafenden Freunden verlassen, in Todesangst allein auf dem Ölberg zurückbleibt. Die Gottesdienstbesucher verlassen schweigend die dunkle Kirche, wenn sie nicht Nachtwache halten. Der Karfreitag steht ganz im Zeichen der Passion, die auch musikalisch erlebbar wird, beispielsweise in den Werken von Johann Sebastian Bach (Matthäus- und Johannespassion). Mein Favorit: Das Musical „Jesus Christ Superstar“ von Andrew Lloyd Webber in der Verfilmung von 1973.

In der Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag wird dann die Auferstehung gefeiert: am Osterfeuer wird die Osterkerze entzündet, die in einer Prozession in die dunkle Kirche einzieht. Das Licht wird weitergegeben an die Kerzen der Gottesdienstbesucher und durchstrahlt langsam die Kirche. Ein besonderes Erlebnis ist die Osterfeier am frühen Morgen (5 Uhr), wie wir sie in diesem Jahr auf dem Petersberg miterlebt haben. Die Dämmerung erhellt zunehmend das Ostfenster hinter dem Altar, bis am Ende der Osterfeier das helle Sonnenlicht hereinscheint. Danach gibt es für alle Frühstück und Begegnung.

Exodus: „Gott führt uns aus der Knechtschaft in die Freiheit“

Foto: Synagogengemeinde Halle

Das christliche Osterfest hat seine Wurzeln im Pessachfest, einem der wichtigsten jüdischen Feste. Dieses Fest war der Anlass, dass Jesus mit seinen Freunden und Freundinnen nach Jerusalem pilgerte. Die Geschichte vom „Durchzug durch das Rote Meer“ (2 Mose, 14) wird am Anfang jeder christlichen Auferstehungsfeier erzählt. Sie bildet die Grundlage des Pessachfestes, das mit dem Sedermahl begangen wird: u. a. ungesäuertem Brot (Matzen), Bitterkräutern und Lamm, dazu 4 Becher Wein.
In der Halleschen Synagogengemeinde wurde das Pessachmahl am Abend des 14. April gefeiert, ermöglicht durch eine Spende und unter einfachen Bedingungen (Hallespektrum berichtete über die Probleme). Der Gemeindevorsteher Herr Sommer schrieb in der Einladung „Eine Spenderin hatte Mitleid und beschenkte uns so viel, dass doch wenigstens das Pessachmahl gereicht werden kann. Unsere Köchin kann nicht ohne Bezahlung das Pessachmahl zubereiten, so dass wir es gemeinsam herstellen, wie in alten Zeiten…“.

Jesus: Prophet oder „Sohn Gottes“?

Der Koran als Buch ist heilig

Nach christlicher Überzeugung ist Jesus „Gottes endgültige Offenbarung an uns Menschen“. Nicht vorrangig durch seine Worte, sondern durch seine Person, sein Leben und Sterben. Jesus als Person ist heilig („Sohn Gottes“). Für Muslime ist er ein Prophet (so hat er sich wohl auch selbst gesehen), wie Abraham, Noah, Moses und Mohammed. „Gottes endgültige Offenbarung“ ist nicht Mohammed, sondern der Koran. Der Koran als Buch ist heilig, wie der Tübinger Theologe Karl-Josef Kuschel ausführt („Die Bibel im Koran“, Patmos 2017). Für Muslime ist Jesus nicht am Kreuz gestorben (wer war es dann?), sondern direkt zu Gott erhöht worden.

Das liebe Jesulein hüpft von Ast zu Ast

Osterlachen

Zu Ostern gehört das Osterlachen. Deshalb ist es in vielen Gemeinden üblich, dass zum Ende des Gottesdienstes ein Witz erzählt wird. So will ich es auch halten. Hier mein Favorit: Fritzchen aus Berlin verbringt die Ferien in Bayern, in einem Haus, das von frommen Schwestern geleitet wird. Eines Tages gibt es dort ein Wissensquiz mit den Kindern. Fritzchen wird gefragt: „Das weißt Du sicher: Was ist das: Es lebt im Wald, ist braun, hat einen buschigen Schwanz und hüpft von Ast zu Ast.“ Fritzchen: „Also bei uns in Berlin würde ich sagen, das ist ein Eichhörnchen. Aber wie ich den Laden hier kenne, ist es bestimmt wieder das liebe Jesulein“.

(AK)

Hintergrund:

Unter dem Titel „tres culturas“ (drei Kulturen) stellt Hallespektrum in Anlehnung an die „Stadt der drei Kulturen – Toledo“ die kulturellen Wurzeln Europas vor, bestehend aus Judentum, Christentum und Islam.

Weitere Beiträge der Reihe Tres Culturas:

  1. Was bedeutet Weihnachten für Christen, Muslime und Juden?

  2. „Von guten Mächten wunderbar geborgen…“

  3. 6. Januar: Dreikönigsfest

  4. Frauen treffen sich zum interreligiösen Dialog

  5. Huysburg: Ein Wochenende im Kloster

  6. Besuch bei der Synagogengemeinde in Halle-Trotha

  7. Purim oder das Losfest

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