Wieder Streit um Himmelsscheibe: „Scheibenzweifler“ gehen in die Irre

3. September 2020 | Bildung und Wissenschaft | 5 Kommentare

In einem heute erschienenen Artikel von Rupert Gebhard und Rüdiger Krause in der Zeitschrift »Archäologische Informationen« wird postuliert, dass die in die frühe Bronzezeit (um 1600 v. Chr.) zu datierende Himmelsscheibe von Nebra erst 1000 Jahre später in die Eisenzeit zu datieren sei. Die Kollegen ignorieren nicht nur die Fülle an publizierten Forschungsergebnissen der letzten Jahre, sie führen dafür verschiedene Argumente ins Feld, die indes leicht zu widerlegen sind.
Als Grundlage für diese These werden von Gebhard und Krause mehrere Hauptpunkte ins Feld geführt.

Insbesondere sei die Zusammengehörigkeit der Himmelsscheibe mit den übrigen Funden des Ensembles, deren bronzezeitliches Alter nicht in Frage gestellt wird, nicht gesichert. Als Behauptung wird aufgestellt, dass die Erdanhaftungen an der Himmelsscheibe nicht mit denen der übrigen Funde übereinstimmen würden und auch die geochemischen Analysen der Metalle die Zusammengehörigkeit der Funde nicht unterstützen sollen.
Beides ist nachweislich falsch, sagt Prof. Dr. Harald Meller.

Nach einem von den beiden Autoren nicht zitierten Aufsatz von Dr. Jörg Adam (damals Landeskriminalamt Brandenburg), der für das Landgericht Halle als Sachverständiger die Untersuchungen der Erdanhaftungen durchführte, »[ist] insgesamt … die Herkunft sowohl der Erdanhaftungen an der Himmelsscheibe als auch am Schwert von deren vermutlichem Fundort  als sehr wahrscheinlich anzusehen…  Ein großer Teil der ermittelten Eigenschaften und Merkmale lassen ebenfalls eine Herkunft dieser Erdanhaftungen vom Mittelberg als möglich erscheinen«.

„Da sich der Untersuchungsauftrag des Gerichtes damals auf diese drei Gegenstände beschränkte, wurden die übrigen Beifunde vom Sachverständigen seinerzeit nicht untersucht und sind daher auch nicht als Argument gegen eine Zusammengehörigkeit aller Funde brauchbar“, so Meller.

Ebenso führe die Behauptung, die geochemische Untersuchung der Metalle spräche gegen eine Zusammengehörigkeit der Funde in die Irre. Schon 2008 und 2010 haben Prof. Dr. Ernst Pernicka und Kollegen dargelegt, »dass das Kupfer aller Teile des Hortes aus derselben Lagerstätte stammt.« Als Lagerstätte hingegen ist seit langem der Mitterberg im Salzburger Land nachgewiesen, dessen Kupferproduktion zu Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. geendet hat. Zusätzlich stellt Pernicka fest: »Analysen von keltischen, also eisenzeitlichen Kupferlegierungen zeigen ganz andere Zusammensetzungen sowohl der Hauptbestandteile als auch der Spurenelemente und Bleiisotopenverhältnisse«.

Damit scheidet auch aus metallurgischer Sicht eine Datierung der Himmelsscheibe in die Eisenzeit klar aus.

Ein letztes von Gebhard und Krause bemühtes Argument ist der Hinweis, die Himmelsscheibe von Nebra im damaligen Symbolgut würde als »ein vollkommener Fremdkörper« erscheinen. Dies sei zwar richtig, sagt Meller, aber treffe auf jeden einzigartigen Fund zu. Die Himmelsscheibe von Nebra wäre in jeder vorgeschichtlichen Periode ein Fremdkörper.

Was die beiden Professoren veranlasst, ihre Zweifel in die Öffentlichkeit zu streuen, darüber wird in Fachkreisen spekuliert. Der Konflikt zwischen den beiden Archäologen einerseits  und dem Landesmuseum bzw. mit Prof. Pernicka andererseits reicht jedoch weit zurück. Vor einigen Jahren hatten Pernicka und einige Wissenschaftler des Landesmuseums in mehreren Aufsätzen nachgewiesen, dass es sich bei den Goldfunden aus dem bayrischen Bernstorf um plumpe Fälschungen handelt. Ärgerlich: Gebhard und Krause wiederum halten diese Funde für echt und haben sogar ein größeres Drittmittelprojekt auf Basis gerade dieser zweifelhaften Funde finanziert bekommen.

 

 

 

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