Baustoffe der Natur – Termitenhügel

26. Januar 2020 | Bildung und Wissenschaft, Nachrichten, Natur & Gesundheit | Keine Kommentare

Die Natur bietet ein großes Reservoir von Materialien, die sich seit Millionen von Jahren durch permanente Anpassung als Baustoffe bewährt haben. Wir Menschen versuchen davon zu profitieren. Man ist heute jedoch bestrebt, nicht die Natur zu kopieren, sondern ihre Prinzipien und Konstruktionen zu verstehen und in abgewandelter Form technisch anwendbar zu machen. Ein erfolgreiches unerreichtes Wohnmodell sind z.B.:
Termitenbauten
Noch gibt es sie bei uns nicht. Aber in Afrika und Australien prägen Termitenhügel das Landschaftsbild von Savannen. Sie sind für die Ernährung und den Schutz der kleinen Insekten überlebenswichtig. Termiten haben wahrscheinlich die verheerenden Buschbrände in Australien in ihren Bauten fast unbeschadet überstanden. Diese imposanten Bauwerke sind möglich durch Bildung eines komplexen Staatensystems und Arbeitsteilung der Nestbewohner. Kammern, Gänge und Schlote sind in den Termitenhügeln so angeordnet, dass trotz äußerer Hitze und Trockenheit in ihnen ein konstantes Mikroklima erzeugt und aufrechterhalten werden kann. Das gleichmäßige Klima ist bei einigen Termitenarten notwendig für ihre Pilzzucht. Sie sammeln nämlich pflanzliches Material, zerkauen es und kultivieren auf diesem vorbereiteten Substrat spezielle Pilze. Die Pilze verfügen über die Enzymausstattung, die zum Aufschließen der pflanzlichen Cellulose notwendig ist. Pilzkörper und Pilzfäden entstehen, die dann von den Termiten gefressen und verdaut werden können. Eine obligatorische Symbiose, die sich seit Jahrmillionen bewährt hat. Nicht alle Termitenarten züchten Pilze. Verschiedene Arten haben in ihrem Verdauungssystem eine Gärkammer, in der sie wie im Pansen der Rinder mit Hilfe von Mikroorganismen die gefressene Zellulose aufschließen. Fast das gesamte Leben der feuchtigkeitsliebenden Termiten spielt sich innerhalb des meist kompliziert gekammerten mit Gängen und Galerien versehenen unterirdischen Nestes ab, das durch oberirdische Luftschächte, Isolierungen und ähnliche Konstruktionen perfekt klimatisiert ist. Das Klimasystem im Termitenbau reicht bis zum Grundwasser, so dass die zirkulierende Luft angefeuchtet und durch Verdunstungskälte temperiert werden kann. Über Lüftungsschächte sorgt ein steter Luftstrom für optimale Bedingungen, ganz ohne Ventilatoren und Wedeln.
Das Baumaterial der Termitenhügel setzt sich aus Erde und zerkautem Pflanzenmaterial (Zellulose) zusammen, als Bindemittel dienen auch Kot und Speichel der Termiten. Diese Mischung kann nach dem Trocknen eine enorme Festigkeit und Härte erreichen. Sie ist erstaunlich wetterfest. Lehmziegel, wie sie z.B. beim Bau der ersten Pyramiden oder traditionell im afrikanischen Mali zum Häuserbau verwendet wurden, sind bei weitem nicht so widerstandsfähig. Durch Ausbesserungen und Wiederbesiedlung der Hügel durch die gleiche oder andere Arten können Termitenhügel in manchen Gegenden mehrere tausend Jahre alt werden. Was aber die Termitenbauten so steinhart und wetterfest macht, scheint noch unklar.
Viele würden die nahrhaften Termiten gern verspeisen. Doch nur wenige Tiere haben die kräftigen Krallen, um den Termitenbau aufzubrechen, z.B. Gürteltiere, Ameisenbären oder Erdferkel. Schäden am Termitenhügel registrieren die Termiten sehr schnell. Kampftrupps rücken umgehend aus und unter ihrem Schutz beginnen emsige Reparaturtrupps mit der Ausbesserung, indem sie feuchten Mörtel mit ihren Mandibeln herbeischaffen und die Löcher in kurzer Zeit mit den Mundwerkzeugen wieder zumauern. Termiten könnten eine ideale Proteinquelle sein, denn so ein Volk umfasst ca. 2 Mio Individuen und die Königin produziert pro Tag fast 20.000 Eier. Die komplexe Staatsorganisation und der Termitenbau verhindern das allerdings bis jetzt.
Noch sind Termiten bei uns nicht heimisch. Durch den Klimawandel könnte sich das aber ändern. Der Appetit der kleinen Insekten auf Fachwerkhäuser und was bei uns sonst noch so aus Holz ist, wäre dann kaum zu bremsen.
Übrigens, Termiten sehen den Ameisen ähnlich, sind aber mit ihnen nicht verwandt. Sie stammen vielmehr von Schaben ab.
(H.J. Ferenz)

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