Blick vom Turm des Stadtbades auf die Innenstadt

29. Oktober 2019 | Bild der Woche | Keine Kommentare

Nach den Plänen von Stadtbaurat Wilhelm Jost (1874-1944) wurde am 1. August 1913 mit dem Bau des Stadtbades in Halle begonnen. Durch den Kriegsausbruch ein Jahr später mussten die Bauarbeiten aber immer wieder unterbrochen werden. Dennoch konnte das Stadtbad am 16. Februar 1916 feierlich eröffnet werden – es galt damals als eines der größten und modernsten in Deutschland. Mittelpunkt waren die beiden großen Schwimmhallen für Männer (ein rechteckiges Schwimmbecken mit 312 Quadratmetern) und für Frauen (ein ovales Becken mit 160 Quadratmetern Wasserfläche). Daneben gab es noch ein römisch-irisches Bad (ebenfalls nach Geschlechtern getrennt) und zahlreiche Brause- und Wannenbäder. Es war also nicht als „Spaßbad“, wie wir es heute kennen, konzipiert, sondern ganz auf die Bedürfnisse der Körperertüchtigung und der Körperhygiene ausgerichtet.

Viel Wert wurde auf die Innengestaltung mit keramischem Dekor im Jugendstil gelegt. Die grau-grünen Fliesen und Kacheln an den Wänden spiegelten sich an der bewegten Wasseroberfläche und erzeugten so ein smaragdgrünes Wellenbild. Etwas spartanisch dagegen die Außenfassade zur Straße, die fast wie eine Burganlage wirkte und nur durch einen haushohen Giebel aufgelockert worden war. Am Eingangsportal empfingen zwei Meeresplastiken, die mythologischen Wassergestalten Triton und Nereide, den Badegast. Ein Schmuckstück und Blickfang darüber war der reich verzierte hölzerne Uhrenerker des Architekten Martin Knauthe (1889-1942), von dem es noch heute zahlreiche Kunstwerke im Stadtgebiet gibt. Überragt wurde der Gebäudekomplex durch einen weithin sichtbaren Turm mit Laterne, in dem sich damals ein Ausgleichsbehälter für die beiden Schwimmhallen befand. Anfänglich bekrönte eine Sportlerskulptur die Turmspitze. Wahrscheinlich wurde sie in den Wirren des Zweiten Weltkrieges entfernt und lagerte noch Jahre in den Kellerräumen, heute gilt sie jedoch als verloren.

Zu DDR-Zeiten (1972) wurde das Licht durchflutende Gewölbedach der Männerschwimmhalle durch ein Wellblechdach ersetzt. Erst kurz vor der Wende kam es zu ersten Sanierungsarbeiten, vor allem im Sanitärbereich. 1995 erstrahlte dann die Fassade wieder im alten Glanz und in den folgenden Jahren wurden technische Anlagen erneuert. Im Oktober 2012 musste dann die Frauenhalle wegen der mangelhaften Tragfähigkeit der Decke gesperrt werden und dem Stadtbad drohte die Schließung. Nach umfänglichen Sanierungsmaßnahmen und einem neuen Nutzungskonzept konnte die Frauenhalle nach zwei Jahren wieder für den Publikumsverkehr geöffnet werden. 2016 konnte das Stadtbad schließlich sein 100jähriges Jubiläum feiern.

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