Gastgewerbe in Sachsen-Anhalt mit angezogener Handbremse: Einblicke in die Saisonumfrage

15. Juli 2024 | Wirtschaft | Keine Kommentare

Das Gastgewerbe in Sachsen-Anhalt steht vor erheblichen Herausforderungen. Die aktuelle Saisonumfrage der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern Halle-Dessau und Magdeburg (LAG) bietet einen detaillierten Einblick in die aktuelle Lage und die Erwartungen der Branche. Der Geschäftsklimaindex liegt bei 126 Punkten, was einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr darstellt.

Geschäftslage und Herausforderungen

Die Umfrage zeigt, dass knapp ein Drittel der befragten Unternehmer ihre Geschäftslage als gut einschätzen. Dies ist jedoch eine der wenigen positiven Nachrichten, denn das Gastgewerbe kämpft mit deutlichen Umsatzrückgängen. Besonders betroffen sind die Hoteliers, von denen 38 Prozent eine gesunkene Bettenauslastung melden. Die Unsicherheit im Geschäftsreisesektor und der Konsumverzicht der Urlauber und einheimischen Gäste aufgrund gestiegener Preise tragen erheblich zu dieser Situation bei.

Antje Bauer, Geschäftsführerin für Starthilfe und Unternehmensförderung der IHK Halle-Dessau, betont den enormen Kostendruck: „Hohe Energie-, Lebensmittel- und Rohstoffpreise können teilweise nicht über Preisanhebungen kompensiert werden.“ Diese Aussage unterstreicht die wirtschaftliche Anspannung in der Branche.

Ausblick auf die Zukunft

Der Blick in die Sommersaison 2024 ist überwiegend pessimistisch. Nur 17 Prozent der Befragten rechnen mit besseren Geschäften, während 29 Prozent eine Verschlechterung gegenüber der Vorsaison erwarten. Die hohen Energiepreise werden von 72 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen als größtes Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung gesehen, dicht gefolgt von den gestiegenen Lebensmittel- und Rohstoffpreisen (71 Prozent).

Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden von über der Hälfte der Befragten als problematisch eingestuft. Diese Kritik umfasst die Planungsunsicherheit für Unternehmer, den hohen Bürokratieaufwand sowie die Höhe der gesetzlichen Abgaben und Steuern.

Personal und Investitionen

Trotz der Herausforderungen möchten 69 Prozent der Unternehmen ihren Personalbestand stabil halten, während sechs Prozent eine Aufstockung planen. Ein Viertel der Befragten sieht jedoch die Notwendigkeit, Personal abzubauen. Die Investitionsbereitschaft ist weiterhin rückläufig: Die Hälfte aller Unternehmen im Gastgewerbe sieht keinen finanziellen Spielraum für Investitionen, lediglich sechs Prozent planen mehr Investitionen.

Finanzielle Lage

Knapp ein Drittel der Befragten verzeichnet keine finanziellen Auswirkungen auf die eigene Finanzlage. Allerdings kämpfen 37 Prozent mit Eigenkapitalrückgängen, 28 Prozent mit Liquiditätsengpässen und zehn Prozent mit zunehmenden Forderungsausfällen. Diese finanzielle Unsicherheit erschwert es vielen Unternehmen, ihre Umsatzentwicklung für das laufende Geschäftsjahr einzuschätzen.

Detaillierte Ergebnisse

Im Beherbergungsgewerbe wurde die Geschäftslage in der Wintersaison 2023/2024 positiv eingeschätzt, jedoch sank der Saldo um fünf Punkte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Umsatzentwicklung lag per Saldo im positiven Bereich (plus vier Punkte), dennoch meldeten 40 Prozent der Hoteliers eine gesunkene Zimmerauslastung. Die Hauptprobleme sehen die Befragten in hohen Energiekosten (69 Prozent), gestiegenen Lebensmittel- und Rohstoffkosten (62 Prozent) sowie hohen Arbeitskosten (53 Prozent) und Fachkräftemangel (44 Prozent).

Die Gastronomen schätzten ihre Geschäftslage in der Wintersaison 2023/2024 weniger positiv ein. Nur 23 Prozent der Befragten bewerteten sie als gut, während 40 Prozent sinkende Umsätze meldeten. Der Blick in die Sommersaison 2024 ist noch pessimistischer (Saldo minus 16 Punkte). Hohe Lebensmittel- und Rohstoffpreise (81 Prozent) sowie gestiegene Energiepreise (75 Prozent) werden als größte Risiken angesehen.

Auch der Geschäftsklimaindex der Reisebüros und -veranstalter sank um zehn Punkte im Vergleich zum Vorjahr. 60 Prozent der Befragten meldeten eine gute Geschäftslage und 41 Prozent verzeichneten gestiegene Umsätze, hauptsächlich durch Urlaubsreisebuchungen. Allerdings sind 82 Prozent der Unternehmer von weiter steigenden Preisen betroffen.

Hintergrund der Umfrage

Die Saisonumfrage Tourismus ist ein gemeinsames Projekt der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt. Sie vertritt die Interessen von rund 100.000 Unternehmen und wird zweimal jährlich durchgeführt. Die vorliegende Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum vom 1. November 2023 bis zum 30. April 2024 und basiert auf 275 Antworten von 700 befragten Unternehmen, davon 230 aus dem Gastgewerbe und 45 aus dem Reisebüro- und Reiseveranstaltersektor.

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