Wollen Sie sich gerade umbringen? Dann komme ich später wieder!

27. März 2019 | Kultur | 2 Kommentare

Ein Feuerwerk an witzigen Sprüchen mußte das Premierenpublikum am Freitag, 22. März 2019, in der Kammer des neuen Theater über sich niedergehen lassen. Immerhin war es kurz und knackig: Die Tanzstunde ging etwa 1 Stunde und 15 Minuten lang.

Die Tänzerin und der Professor © Theater-, Oper und Orchester GmbH Halle, Fotos: Anna Kolata

Das Bühnenbild stellt ein stilisiertes Zimmer da: Sofa, Tischchen, Gymnastikball. Die Tänzerin Senga, durch eine Verletzung ins Karriereaus befördert, steht vor dem Selbstmord. Da klingelt es Sturm. Es ist ihr Nachbar, Professor Montgomery, und er läßt sich auch nicht abwimmeln. Er braucht ihre Hilfe. Er steht vor einer Preisverleihung mit Galadiner, Tanz nach dem Dessert. Der blanke Horror für ihn. Er ist Autist,  körperliche Nähe kann er nicht ertragen. Er hat ausgerechnet, dass eine Broadway-Tänzerin etwa 2153 Dollar für die Tanzstunde bekommen könnte. Er ist bereit, diesen Preis zu bezahlen. Aber Senga hält es für ein unmoralisches Angebot. „Wollen Sie Sex?“ – „Nein.“

Bereit für Nähe ? © Theater-, Oper und Orchester GmbH Halle, Fotos: Anna Kolata

Senga läßt sich überreden und der Professor stellt die Stoppuhr. Doch getanzt wird wenig. Und wenn, dann eher unbeholfen. Denn da ist das Problem mit der Nähe und mit der Emotionslosigkeit. Dafür wird viel geredet. Dabei kann der Professor mit vielen Zahlen aufwarten. Das findet Senga merkwürdig, aber auch interessant. Es kommt nicht zum Selbstmord. Es bleibt nicht bei dem einen Besuch. Die Tanzstunde dauert länger. Sie erzählen sich ihre Geschichten. Senga kann ohne Tanzen nicht leben. Der Professor kann die Gesichtsausdrücke seiner Mitmenschen nicht lesen. Sie sagt irgendwann, dass sie ihn attraktiv findet. Aber die Nähe müssen sie noch lernen. Immerhin so nah, dass dem Professor die Nähe gefällt. Er versucht, Senga Hoffnung bezüglich ihrer Verletzung zu machen. Er fragt sie, ob sie ihn zur Galaveranstaltung begleitet. Nun ist es Senga, die plötzlich Nähe nicht zulassen kann …

Für einen ganzen Tanz ist der Professor auch am Ende nicht bereit, aber ein halben Tanz können wir zukünftigen Theaterbesuchern, die garantiert genauso begeistert sein werden wie das Premierenpublikum, auf jeden Fall versprechen. Man hatte sich köstlich amüsiert und an vielen, vielen Stellen laut gelacht. Deswegen wurde sehr lange applaudiert mit Händen, Füßen und allen Körperteilen, die Krach machen können. (Es war leider kein Messgerät da, um die Begeisterung in Zahlen zu fassen!) Diese Begeisterung ist nicht nur dem Stück zu verdanken, sondern auch den beiden Schauspielerinnen, die Tänzerin und Professor so überragend zu verkörpern wußten. Es ist natürlich auch gute Unterhaltung, die wir versprechen, aber so ein vergnüglicher Abend muß nicht ganz frei von Nachdenken sein. Und das ist gut so!

AK, ToK, Fotos: Anna Kolata

Mit: Nora Schulte und Alexander Pensel
Regie: Dietmar Rahnefeld
Bühnen- und Kostümbild: Sabine Pommerening
Choreographie: Frank Schilcher

„Die Tanzstunde“
von Mark St. Germain, Deutsch von John Birke

Weitere Termine:

Mi., 10. Apr. 20:00 Uhr | Sa., 13. Apr. 20:00 Uhr | Sa., 27. Apr. 20:00 Uhr | Do., 23. Mai 20:00 Uhr
jeweils in der Kammer des neuen theaters.

Für alle weiteren Vorstellungen sind Karten (20 € / erm. 10 €) an der Theater- und Konzertkasse unter www.buehnen-halle.de und 0345 5110 777 erhältlich.

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