Himmelsreisen. Astronomie im Buch- und Kartendruck der Frühen Neuzeit

18. September 2018 | Kultur | Keine Kommentare

Die Kabinettausstellung in der Historischen Bibliothek der Franckeschen Stiftungen stellt regelmäßig Schätze aus der frühneuzeitlichen Büchersammlung vor. Im Themenjahr »Bewegte Zeiten« steht erstmals die Astronomie im Buch- und Kartendruck im Mittelpunkt. Mit wertvollen Buchobjekten und opulenten Karten aus dem 15.– 18. Jahrhundert zeigt die Schau Meilensteine der Erforschung des Himmels. Schnell wird deutlich, welche große Bedeutung der Himmel für die Menschen der Frühen Neuzeit hatte. Für die sichere Bestimmung der Uhrzeit oder der Jahreszeiten war der Sternenhimmel wichtig. Am Tage erlaubte der Blick in den Himmel eine Wetterprognose, die lebensrettend sein konnte. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung und gleichzeitige praktische Anwendung machten die Astronomie zu einem festen Bestandteil des Unterrichts an August Hermann Franckes (1663–1727) Schulen, wie die Ausstellung zeigt. Die Schau wird am 20. September 2018 mit einem Vortrag von Jörg Lichtenfeld, dem ehemaligen Leiter der Sternwarte in Halle, eröffnet und ist bis zum 22. April 2019 in der Kulissenbibliothek zu sehen.

Die Kulissenbibliothek der Franckeschen Stiftungen

Sieben Vitrinen im ehemaligen Lesezimmer und in der Kulissenbibliothek selbst führen den Besucher durch das frühneuzeitliche Wissen um die Weltenmodelle, Planeten und Kometen. Sie stellen Wissenschaftler und sogar Wissenschaftlerinnen der Zeit mit ihren Werken vor. Als schönster Himmelsatlas der Barockzeit gilt das in der Ausstellung gezeigte Werk von Andreas Cellarius (1596–1665). Als der »Ordner des Himmels« gilt jedoch Johann Bayer (1572–1625), der 1603 unter dem Titel »Uranometria« eine erste, auf streng wissenschaftlicher Grundlage entwickelte Sammlung von Himmelskarten veröffentlichte. Mit diesem Werk nahm die systematische Kartierung des Sternenhimmels ihren Anfang. Die heute gängige Darstellung des Sternenhimmels auf schwarzem Grund veröffentlichte erstmals im Jahr 1731 Christoph Semler (1669–1740), der hallische Theologe und Begründer der ersten Realschule. Unter den hallischen Beiträgern zur Astronomie findet sich auch Christian Wolff (1679–1754), der 1716 eine Abhandlung zu dem Polarlicht verfasste, das am 17. März desselben Jahres um 7 Uhr abends in Halle zu sehen war. Der wohl bedeutendste Astronom in der Mitte des 17. Jahrhunderts war Johannes Hevelius (1611–1687). Er hatte sich in Danzig eine Sternwarte eingerichtet, die als die beste ihrer Zeit galt. Sein frühestes Werk, die »Selenographia« von 1647, wird in der Ausstellung gezeigt. Sie war die erste umfangreiche und grundlegende Abhandlung über die Topographie des Mondes und wurde zum Vorbild für die Gestaltung naturwissenschaftlicher Werke. Große Aufmerksamkeit zogen die Kometen auf sich. Sie galten als Vorzeichen göttlichen Zorns und daraus resultierender Strafe. Gerade der Winterkomet von 1618 rief, verstärkt durch die politische Krisensituation dieser Zeit, eine Flut von Abhandlungen hervor. Hier stellt die Ausstellung eine Frau vor. Margaretha Kirch (1679–1729) gilt als die erste Frau, die, bezeugt von ihrem Ehemann Gottfried Kirch (1639–1710), einen neuen Kometen entdeckte (1702). Berühmt wurde sie aufgrund ihrer Publikationen über die Konjunktion der Sonne mit Saturn, Venus und Jupiter im Jahr 1709. Sie veröffentlichte ihre Schriften in deutscher Sprache unter ihrem eigenen Namen.

Die Vielfalt der Literatur und Abbildungen, von der nur ein kleiner Teil in der Ausstellung gezeigt werden kann, erlauben einen Einblick in die Wissensvermittlung an den Schulen des Halleschen Waisenhauses. In der Kunst- und Naturalienkammer waren die Weltenmodelle Anschauungsmaterial für das in der öffentlichen Bibliothek zugängliche Wissen. In der Himmelsbeobachtung als Teil der Rekreationsstunden wurden die Schüler in der notwendigen Praxis unterwiesen. Dafür wurden der Altan des Königlichen Pädagogiums und des Waisenhauses genutzt.

Die Eröffnung der Kabinettausstellung findet am 20. September um 18 Uhr im Englischen Saal statt. Jörg Lichtenfeld, der ehemalige Leiter der Sternwarte in Halle, spricht zum Thema »Astronomie zwischen Kunst und Wissenschaft. Die Kartierung des Himmels im 17. Jahrhundert«. Eine Führung durch die Kabinettausstellung im Haus 22 und ein Umtrunk in der Cafeteria beschließen den Abend.

21. SEPTEMBER 2018 – 22. APRIL 2019 | DI-SO 10-17 UHR in den Franckeschen Stiftungen

EINTRITT 6 EURO, ERM. 4 EURO, KINDER BIS 18 JAHRE EINTRITT FREI

Franckesche Stiftungen

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