Stahlknecht gegen Städtische Zeitung als kleine Anfrage

10. April 2019 | Politik | Ein Kommentar

Der Innenminister Stahlknecht ist etwas dünnhäutig, was Presseberichte betrifft, obwohl er selbst, wir erinnern hier an die „Trafohäuschen“, hart an der Grenze austeilen kann. Das Einstecken ist etwas schwieriger ihn, der sich in seiner Ehre durch freche Online-Journalisten der Städtischen Zeitung in Halle gekränkt sieht. Aber lassen wir ihn selbst zu Wort kommen. In der Sache Stahlknecht gegen Städtische Zeitung stellte die Abgeordnete Quade (DIE LINKE) eine kleine Anfrage:

Dokumentation (Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/4213):

Strafanzeige des Innenministers gegen Journalisten

Vorbemerkung des Fragestellenden:

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU): Crystal ist eine Modedroge, „die theoretisch jeder in seiner Küche zuhause machen kann“.

Mit Datum vom 27. Februar 2019 verbreitete das Ministerium für Inneres und Sport eine Pressemitteilung (Nr.: 016/2019) mit dem Inhalt, dass der Minister Strafanzeige gegen einen Journalisten wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung gestellt habe. Darüber hinaus solle ein Medienanwalt mit der Prüfung zivil- und medienrechtlicher Ansprüche beauftragt werden. Die Pressemitteilung soll am 27. Februar 2019 um 18:55 Uhr versandt worden sein, wortgleich war die Erklärung jedoch bereits am selben Tag um 18:36 Uhr auf der Facebook-Seite des Ministers zu lesen.

Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport

Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

1. Wurde die Strafanzeige durch den Minister in seiner Funktion als Innenminister gestellt oder als Privatperson? Wurden dazu Ressourcen des Innenministeriums genutzt? Für den Fall, dass der Minister die Strafanzeige als Privatperson gestellt hat: Warum sah sich das Ministerium des Inneren veranlasst, eine Pressemitteilung zu diesem Vorgang abzugeben?

Die Strafanzeige wurde durch den Minister in seiner Funktion als Minister für Inneres und Sport gestellt. Minister Stahlknecht hat die Leiterin der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Ministerium für Inneres und Sport gebeten, die Strafanzeige an die zuständige Polizeiinspektion Halle (Saale) weiterzuleiten.

2. Wegen welcher Tatbestände wurde Strafanzeige gestellt und wurden Strafanträge gestellt und wenn ja, welche?

Es wurde Strafanzeige wegen Verleumdung, falscher Verdächtigung und anderer in Betracht kommender Straftatbestände gestellt. Strafanträge wurden nicht gestellt.

3. Wurde der Medienanwalt durch das Innenministerium beauftragt?

Ja.

4. Wegen welcher Veröffentlichung wurde die Strafanzeige gestellt?

Die Strafanzeige wurde wegen der Veröffentlichung der Online-Publikation www.staedtische-zeitung.de (StäZ) vom 27. Februar 2019 unter dem Titel „Stahlknecht lässt offenbar für Wunschinski die Muskeln spielen“ gestellt.

5. Laut der o. g. Pressemitteilung soll eine „wahrheitswidrige Berichterstattung“ Grund für die Strafanzeige sein. Um welche wahrheitswidrigen Behauptungen handelt es sich dabei und inwiefern sind diese Behauptungen wahrheitswidrig?

Es handelt sich um folgende wahrheitswidrige Behauptungen aus der in der Ant-wort auf Frage 4 genannten Veröffentlichung (Zitate):

– „So haben nach StäZ-Informationen der CDU Landesvorsitzende und Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht, der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion Frank Bommersbach und der in der Kritik stehende Wunschinski offenbar beschlossen, gezielt Gemeinderäte in Teutschenthal vor der Abstimmung über die Abwahl des Bürgermeisters zu beeinflussen.“

– „Das Trio soll demnach acht Abgeordnete auf eine Liste gesetzt haben, die mit gezielten Anrufen zum Fernbleiben von der Ratssondersitzung am Mittwoch-abend bewegt (…) werden sollten.“

– „Mindestens zwei CDU-Gemeinderäte seien von Bommersbach (…) daraufhin mehrfach angerufen und ihnen im Gespräch mitgeteilt worden, dass Stahl-knecht mit Konsequenzen drohe, sollte am Mittwochabend für das Abwahlverfahren gegen Wunschinski und für dessen vorläufige Amtsenthebung gestimmt werden.“

Diese Behauptungen sind wahrheitswidrig, da

– Minister Stahlknecht nicht beschlossen hat, Gemeinderäte in Teutschenthal vor der Abstimmung über die Abwahl des Bürgermeisters zu beeinflussen,

– Minister Stahlknecht nicht Teil eines Trios war, das acht Abgeordnete, die mit gezielten Anrufen zum Fernbleiben von der Ratssondersitzung am Mittwoch-abend bewegt werden sollten, auf eine Liste gesetzt haben soll und

– Minister Stahlknecht nicht mit Konsequenzen gedroht hat, sollte am Mittwochabend für das Abwahlverfahren gegen Wunschinski und für dessen vorläufige Amtsenthebung gestimmt werden.

6. Wurde durch den Minister und/oder das Ministerium eine Richtigstellung verlangt? Wenn ja: Mit welchem Inhalt? Wenn nein: Warum nicht?

Ja. Es wurde eine Richtigstellung aller in der Antwort auf Frage 5 aufgelisteten wahrheitswidrigen Behauptungen verlangt.

7. Wurde der Journalist/das Medium aufgefordert, eine (strafbewährte) Unterlassungserklärung abzugeben? Wenn ja: Mit welchem Inhalt? Wenn nein: Warum nicht?

Ja. Im Übrigen wird auf die Antwort auf Frage 8 verwiesen.

8. Wurde durch den Minister und/oder das Ministerium ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Journalisten/das Medium bei dem zuständigen Gericht gestellt? Wenn ja: Mit welchem Inhalt? Wenn nein: Warum nicht?

Es wurde der Erlass einer einstweiligen Verfügung mit folgendem Wortlaut beantragt:

„Dem Antragsgegner wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, in Bezug auf den Antragsteller zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:

‚Stahlknecht lässt offenbar für Wunschinski die Muskeln spielen

(…) So haben nach StäZ-Informationen der CDU Landesvorsitzende und Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht, der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion Frank Bommersbach und der in der Kritik stehende Wunschinski offenbar beschlossen, gezielt Gemeinderäte in Teutschenthal vor der Abstimmung über die Abwahl des Bürgermeisters zu beeinflussen. Das Trio soll demnach acht Abgeordnete auf eine Liste gesetzt haben, die mit gezielten Anrufen zum Fernbleiben von der Ratssondersitzung am Mittwochabend bewegt und, so die Empfindung verschiedener Teutschenthaler Gemeinderäte, ‘moralisch unter Druck gesetzt‘ werden sollten. Mindestens zwei CDU-Gemeinderäte seien von Bommersbach, der für die Christdemokraten auch im Landtag sitzt, daraufhin mehrfach angerufen und ihnen im Gespräch mitgeteilt worden, dass Stahlknecht mit Konsequenzen drohe, sollte am Mittwochabend für das Abwahlverfahren ge-gen Wunschinski und für dessen vorläufige Amtsenthebung gestimmt werden.‘

wenn dies geschieht wie in dem Artikel ‚Stahlknecht lässt offenbar für Wunschin-ski die Muskeln spielen‘ vom 27. Februar 2019 auf www.staedtische-zeitung.de geschehen.“

9. Welche Schritte wurden durch den Minister/das Ministerium unternommen, um die laut der o. g. Pressemitteilung wahrheitswidrigen Behauptungen richtigzustellen?

Es wird auf die Antworten auf die Fragen 6, 7 und 8 verwiesen.

10. Weshalb hat sich das Ministerium des Inneren und des Sports veranlasst gesehen, noch am Mittwochabend die o. g. Pressemitteilung zu versenden?

Die Pressemitteilung wurde zeitnah herausgegeben, um Anwürfe gegen das Ministeramt, das Ministerium für Inneres und Sport als oberste Kommunalaufsicht und beider Ansehen in der Öffentlichkeit abzuwehren.

11. Durch wen wurde die Pressemitteilung erstellt? Wieso war sie bereits vor dem Versand durch das Ministerium auf der Facebook-Seite des Ministers veröffentlicht worden und wurden dazu Ressourcen des Ministeriums genutzt?

Mit der Erstellung der Pressemitteilung waren Minister Stahlknecht und der Pressesprecher des Ministeriums für Inneres und Sport befasst. Die Pressemitteilung wurde nach deren Fertigstellung dem Wahlkreisbüro des Abgeordneten Stahlknecht zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt und von dort auf dessen Facebook-Seite eingestellt.

12. Inwiefern ist die o. g. Pressemitteilung geeignet, die in Rede stehenden Sachverhalte klarzustellen, da sie diese gar nicht benennt, sondern nur darüber informiert, dass der Minister einen Journalisten angezeigt hat?

Das Ministerium für Inneres und Sport sieht die veröffentlichte Pressemitteilung als geeignet an, die Öffentlichkeit über das Vorliegen wahrheitswidriger Behauptungen zu informieren, ohne diese selbst zu wiederholen.

13. Auf welcher rechtlichen Grundlage sieht sich das Ministerium zu diesem staatlichen Informationshandeln berechtigt (vgl. Osho-Rechtsprechung des BVerfG), insbesondere da nicht die in Rede stehenden Sachverhalte richtigstellt werden, sondern lediglich über die Strafanzeige informiert wird?

Die Pressefreiheit und die Rolle der Medien als sogenannte vierte Gewalt sind unverzichtbarer Bestandteil unseres demokratischen Gemeinwesens. Die Berichterstattung der Medien ist – wie jede Meinungsäußerung von Bürgern auch – der rechtsstaatlichen Kontrolle durch die deutschen Gerichte unterworfen. So ist sichergestellt, dass Journalisten nicht wahrheitswidrige Behauptungen über Personen oder Behörden veröffentlichen dürfen. Das Ministerium für Inneres und Sport ist berechtigt, über wahrheitswidrige Behauptungen über den Minister und das Ministerium für Inneres und Sport zu informieren.

14. Wie bewertet die Landesregierung die o. g. Pressemitteilung mit Blick auf mögliche Grundrechtseingriffe durch die Veröffentlichung des Ministeriums (Behörde) in die Grundrechte des betroffenen Journalisten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass anhand der Pressemitteilung nicht nachvollziehbar ist, weshalb Strafanzeige gegen den Journalisten gestellt wurde?

Es wird auf die Antwort auf Frage 13 verwiesen.

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