Baustoffe der Natur – Cellulose

23. Februar 2020 | Natur & Gesundheit | 2 Kommentare

Die Natur bietet ein großes Reservoir von Materialien, die sich seit Millionen von Jahren durch permanente Anpassung als Baustoffe bewährt haben. Man versucht heute jedoch nicht, die Natur zu kopieren, sondern ihre Prinzipien und Konstruktionen zu verstehen und in abgewandelter Form technisch anwendbar zu machen. Beispiel:
Cellulose

Das häufigste Biopolymer auf unserem Planeten ist Cellulose. Sie bildet die Gerüstsubstanz pflanzlicher Zellwände. Cellulose besteht aus bis zu 5.000 unverzweigten Glucose-Molekülen. Sie ist ein wasserunlösliches Polysaccharid, in dem die Ausrichtung der Glucosemoleküle zu einer linearen Versteifung des Makromoleküls führt. 60 bis 70 Cellulose-Ketten bilden die für pflanzliche Zellwände charakteristischen Mikrofibrillen. Sie verleihen krautigen Pflanzen die nötige Faserstruktur und Festigkeit, um Blattstrukturen, Halme und Früchte zu bilden.

Die Glucosemoleküle synthetisieren Pflanzen unter Verwendung von Sonnenenergie durch Photosynthese, bei der übrigens auch Sauerstoff entsteht. Die Glucose in der Cellulose scheint auf den ersten Blick eine unerschöpfliche Kohlenhydratquelle zu sein. Der Mensch besitzt aber wie die meisten Tiere keine Verdauungsenzyme für den Abbau von Cellulose. Deshalb wird die unverdauliche Cellulose auch als Ballaststoff bezeichnet. Einige Mikroorganismen können jedoch Celluloseketten aufspalten. In unserem Dickdarm ermöglichen Bakterien einen teilweisen Abbau der Cellulose. Wiederkäuer können Cellulose in einem spezialisierten Magenteil, dem Pansen, mit Hilfe verschiedener Mikroorganismen verdauen. Dabei entsteht Methan, mit dem die Rinder rülpsend unser Klima beeinflussen. Einige Termitenarten können Cellulose verwerten, weil sie solche Mikroorganismen in einer dem Pansen der Rinder ähnlichen Gärkammer für sich arbeiten lassen. Auch dabei entsteht klimaschädliches Methan. Auch bestimmte Pilze und das Silberfischchen sind in der Lage Cellulose vollständig zu verdauen.

Der Mensch nutzt diesen Naturstoff schon sehr lange. Die große technische und wirtschaftliche Bedeutung der Cellulose begründet sich auf der Vielzahl ihrer Erscheinungsformen. Baumwolle, Hanf, Jute und Flachs sind fast reine Cellulose. Sie besitzen große Bedeutung in der Textil-, der Papier- und Bauindustrie. Cellulose kann technisch aus Holz oder Stroh gewonnen werden. Sie ist der Grundstoff für den als Cellophan bekannten Kunststoff Zellglas. Cellulose bildet lange Fasern, die sich zur Stoffherstellung eignen. Cellulosefasern sind auch ein hervorragender Dämmstoff. Große Bedeutung für die Lebensmittelindustrie haben chemisch modifizierte Cellulosederivate, z.B. als Verdickungsmittel, Ballaststoffzusatz und Füllmittel. Methylcellulose z.B., die nicht natürlich vorkommt, kennt man als Tapetenkleister.

(H.J. Ferenz)

Print Friendly, PDF & Email
2 Kommentare

Kommentar schreiben