Neues von der Himmelsscheibe

14. Mai 2021 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Dr. Wunderlich bei der mikroskopischen Untersuchung der Himmelsscheibe

Zwar weiß man viel über die legendäre Himmelsscheibe und ihren Gebrauch; neue Methoden eröffneten jedoch ungeahnte Einblicke in die Fertigungstechnik dieser ältesten bekannten Himmelsdarstellung der Menschheitsgeschichte. Modernste Digitalmikroskopie und neue Verfahren hochauflösender Digitalfotometrie lassen jetzt die ursprüngliche handwerkliche Bearbeitung und Beschädigungen durch die Raubgräber  hervorragend erkennen. Die Ergebnisse stellten der Landesarchäologe Prof. Harald Meller, Dr. Heinrich Wunderlich, Leiter der Restaurierungswerkstatt und Prof. Roberto Risch, Autonome Universität Barcelona, vor.

Die Analyse der Gravuren in der Himmelsscheibe verdeutlichten die Arbeitsweise des Scheibenkünstlers: mit einem stumpfen Meißel wurde eine Vorzeichnung aufgebracht, in der dann in einem zweiten Arbeitsschritt mit einem scharfen Meißel die eigentliche Rille geschnitten wurde. Die Goldauflage wurde durch Zurückhämmern des Rillengrates fixiert. Der Handwerker testete seine Vorgehensweise offenbar vorsichtshalber. Eine Probespur wurde auf der Scheibenrückseite entdeckt. 

Visualisierung der Bearbeitung

Detaillierte digitale Röntgenbilder ließen eine Änderung bei der Gestaltung der Sonnenbarke auf der Himmelsscheibe erkennen. Im Röntgenbild kann man sehen, dass die in der Bronze vorgeritzte Barke und die Profilierung der Goldblechauflage aus ästhetischen Gründen verändert wurden. 

Unzweifelhaft belegen die neuen Techniken, dass die Himmelsscheibe schwarz gefärbt war. Die Schwarzfärbung verursacht Kupferoxid (Tenorit), das beim Durchglühen der Bronzescheibe entstand, nicht durch Korrosion. Auf der schwarzen Bronzescheibe erschienen die Goldapplikationen besonders wirkungsvoll. 

Die sehr feinen Oberflächenstrukturen konnten in Kooperation mit der Autonomen Universität Barcelona mit einer neuen fotometrischen Technik dreidimensional sichtbar gemacht werden. Dabei wurden jeweils 120 Einzelaufnahmen zu Texturfotos als Grundlage für eine dreidimensionale  digitale Darstellung zusammengesetzt. 

Es ist bemerkenswert, welche Erkenntnisse sogar noch 20 Jahre nach Beginn der Erforschung der Himmelsscheibe möglich sind und mit berechtigtem Stolz von Prof. Meller und seinem Team präsentiert werden können

(H.J. Ferenz)

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