Grillen im Bauch

22. Januar 2023 | Natur & Gesundheit | 10 Kommentare

Ab 24.01.2023 wird in der Europäischen Union der Zusatz von Hausgrillen (Acheta domestica) und Getreideschimmelkäfer (Alphitobius diaperinus) zu Lebensmitteln erlaubt. Sie gelten als „neuartiges Lebensmittel“ oder „Novel Food“.  2021 waren Mehlwürmer und Wanderheuschrecken bereits als Lebensmittel zugelassen worden. Geprüft wurden die Anträge durch die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Die neu zugelassenen Lebensmittel werden in Cerealien, Getreideriegeln und Backwaren als Mehl Anwendung finden. Jene Unternehmen, die entsprechende Anträge gestellt haben, dürfen nun Hausgrillen und Getreideschimmelkäfer für fünf Jahre in den Verkehr bringen.

Mehrere Millionen Insektenarten leben mit uns auf dem Planeten Erde. Nur ca. 1.900 Arten werden gelegentlich oder regelmäßig von etwa 2 Milliarden Menschen verspeist. Allerdings beschränkt sich der Genuss von Insekten bislang i.w. auf östliche Kulturkreise. Bei uns ekeln sich die meisten Mitmenschen vor Insekten im Essen. Es gilt für viele Nulltoleranz bei Blattläusen im Salat oder Maden im Apfel. In tropischen Regionen sind essbare Insekten meist ganzjährig präsent, treten u.U. sogar in Massen auf (z.B. Termiten, Heuschreckenschwärme). Sie sind eine verlässliche Ressource. In den  gemäßigten Klimazonen muss man vorausschauende Vorratswirtschaft betreiben, um so die Ernährung auch im Winter zu gewährleisten. Das funktioniert mit den wechselwarmen Insekten natürlich nicht. Auf den Speiseplänen der Europäer steht statt ekliger Insekten manch anderes gewöhnungsbedürftiges Tier, gilt gar als Delikatesse; z.B. Muscheln (lebende Austern) , Schnecken, Krebse, Frösche, rohes Fleisch vom Schwein (Hackepeter), vom Rind (Tatar) oder vom Fisch (Sushi).

Nahrhafte Insekten

Insekten enthalten wertvolle Nahrungsbestandteile. Ihr Eiweißgehalt ist recht hoch. Das Aminosäurespektrum gleicht Nährstofffdefizite bei pflanzenbasierter Ernährung aus. Insekten enthalten weiterhin Fette, die meist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind. Essbare Insekten verfügen über eine Reihe wichtiger sogenannter Mikronährstoffe wie z.B. Eisen, Zink und Selen. Das chitinhalige Exoskelett der Insekten liefert Ballaststoffe für unser Verdauungssystem. Den Genuss von Insekten kann man also durchaus empfehlen.

Insektenzucht

Die Aufzucht und Nutzung von Insekten als Lebensmittel hat eine Menge Vorteile gegenüber herkömmlichen Nutztieren:

  • geringer Platzbedarf: „Massentierhaltung“ erwünscht
  • Verwertung von Futtersubstrat sehr effizient
  • geringe Umweltbelastung
  • geringerer Wasserverbrauch
  • aus der Sicht des Tierschutzes unproblematisch
  • kein bedeutsames Reservoir für Infektionskrankheiten tierischen Ursprungs

Zulassung erforderlich

In der Europäischen Union gelten Insekten als neuartiges Lebensmittel, weil sie vor dem Inkrafttreten der ersten Novel-Food-Verordnung 1997 in der EU nicht in nennenswertem Umfang verzehrt wurden. Solche Nahrungsbestandteile müssen gemäß der Novel-Food Verordnung, die im Januar 2018 in Kraft trat, jeweils in einem gesonderten Verfahren für den europäischen Lebensmittelmarkt zugelassen werden. Zwei Insektenarten sind bereits seit 2021 als Lebensmittel zugelassen: der Mehlwurm (Tenebrio molitor) und die Europäische Wanderheuschrecke (Locusta migratoria). Ab dem 24. Januar dieses Jahres erlaubt die EU das Beimischen von Grillenpulver (Acheta domesticus, Hausgrille) und den Getreideschimmelkäfer (Alphitobius diaperinus) in Lebensmitteln, auch in Fleischersatzprodukten. 

Die Bedingungen für den Verkauf solcher Speiseinsekten werden dabei genau definiert. So darf der gelbe Mehlwurm beispielsweise nur getrocknet unzerteilt oder in pulverisierter Form verkauft werden. In verarbeiteten Produkten ist der Höchstgehalt streng geregelt. Kekse dürfen beispielsweise je 100 Gramm maximal zehn Gramm Mehlwurmmehl enthalten. Die neu zugelassenen Insekten reihen sich damit als neuartiges Lebensmittel ein.

Verwendet werden können die Insektenpulver in einer Vielzahl von Lebensmitteln, darunter Back- und Teigwaren, Bier, Saucen, Kartoffelerzeugnisse, Pizza, Snacks wie Chips und Cracker, Nudeln, Kekse und Fleischersatzprodukte. Die Menge ist dabei begrenzt. Die Produkte müssen natürlich entsprechend gekennzeichnet werden, denn man sieht ihnen den Insektenzusatz nicht an. Und vegan sind diese Erzeugnisse natürlich nicht. 

(Hans J. Ferenz)

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