Ausgerechnet Robinie: umstrittener Neophyt ist Baum des Jahres

23. April 2020 | Umwelt + Verkehr | 3 Kommentare

Der kommende Samstag (25. April) ist wieder Tag des Baumes. Wie das Landesamt für Umweltschutz heute mitteilt, ist Baum des Jahres 2020  die ursprünglich aus Nordamerika stammende Robinie – eine schnell wachsende, extrem genügsame Baumart mit hartem, dichtem und gut zu bearbeitendem Holz. Sie bietet eine Alternative zu Tropenhölzern und eignet sich als Energiepflanze. Allerdings ist es auch eine in Teilen giftige, invasive Art, welche geschützte Offenlandbereiche gefährdet.

Für die geringelten Bäume in Trotha kommt die Ehrung zu spät

In Halle rückte die Robinie letztes Jahr in den Blick der Öffentlichkeit. (Hallespektrum berichtete). Der Grund: Die deutsche Bundesbahn musste wegen der platzfordernden Zugbildungsanlage, der Bäume zum Opfer gefallen waren, an anderer Stelle Bäume als Ausgleichsmaßnahme nachpflanzen. Doch freie Flächen für solche Maßnahmen sind rar. Wozu also nicht „böse“ Einwanderer“, hier also: die Robinie, ausmerzen und durch den Deutschen Baum ersetzen? So fiel die Wahl auf das „Throtaer Wäldchen“, einem ehemaligem Kippenboden, auf dem sich durch Wildwuchs seit Jahrzehnten ein ansehnlicher Robinienbestand gebildet hatte. Es wurden zahlreiche Robinien geringelt, um sie absterben zu lassen, nach Bürgerprotesten stoppte die Verwaltung die umstrittene Aktion, für die bereits geringelten Bäume kommt jedoch jede Hilfe  zu spät.

Warum ist der Baum so umstritten? die Robinie ist eine sogenannte Pionierpflanze, die auch stickstoffarme Standorte besiedeln kann.Sie ist einer der wenigen „Hülsenfrüchte“, die zu Bäumen auswachsen. Diese Pflanzenfamilie schafft es, durch Symbiose mit Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft aufzunehmen und ihn in Form düngender Verbindungen im Boden anzureichern. Dabei verändert sie natürlich massiv die Bodenökologie. Die Baumart eignet sich aber deshalb auch zur Rekultivierung und zum Erosionsschutz von Flächen wie beispielsweise von Bergbaufolgelandschaften. Sie bevorzugt sonnige, warme und trockene Bereiche. Aufgrund der Konkurrenzkraft der Robinie und ihrer Resistenz gegen Trockenstress verdrängt sie die charakteristische Flora und Fauna. Soll der Offenlandcharakter erhalten bleiben, müssen Robinien schnell entfernt werden. Empfohlen wird ein Sicherheitsabstand von ca. 500 m zum Bereich, der vor dem Eindringen geschützt werden soll.

Prähistorische Kreisgrabenanlage aus Neophytenholz

Andererseits kommt sie immer mehr als Nutzholz ins Geschäft: sie wächst schnell, das Holz ist sehr zäh und im Freilandbereich in Widerstandsfähigkeit allen einheimischen Holzarten überlegen, da ihre giftigen Inhaltsstoffe natürliche Biozide sind. Damit ist sie ein guter Ersatz für tropenholz. Selbst im Boden eingegraben, dauert es sehr lange, bis sie fault. Während man z.B. zum Bau von Klettergerüsten auf Spielplätzen früher auf Tropenhölzer setzte, kommt nun die Robinie ins Spiel. Sogar die große Rekonstruktion des steinzeitlichen Ringheiligtums von Pömmelte hat man sich – etwas ahistorisch – für das langlebige Robinienholz anstatt deutscher Eiche entschieden.

Blühende Robinie am Muldestausee. Foto: Annabell Hormann

Robinien gelangten zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Zier- und Gartenbaum von Nordamerika nach Europa und sind in ganz Sachsen-Anhalt verbreitet. Das gezielte Ausbringen gebietsfremder Pflanzen, wie der Robinie, ist nach dem Bundes-Naturschutzgesetz grundsätzlich genehmigungspflichtig. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft gelten Ausnahmeregelungen.

Die Robinia pseudoacacia, wie der wissenschaftliche Name der Robinie lautet, wurde am 24. Oktober 2019 zum Baum des Jahres 2020 gekürt. Das Kuratorium „Baum des Jahres“ der Dr. Silvius Wodarz Stiftung wählt seit 1989 jedes Jahr einen Baum aus, um mit diesem die Öffentlichkeit über Belange, aber auch Probleme verschiedener Baumarten zu informieren.

 

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