Auch der BUND setzt sich für das Trothaer Wäldchen ein

5. Februar 2019 | Natur & Gesundheit | Ein Kommentar

In der Medienlandschaft in Halle wird bereits gespottet: Die Verwaltung hätte es doch vorher wissen müssen. In Halle gibt es Ärger, wenn es an die Bäume geht. Das hat bereits das Gezerre um die Bäume am Rive-Ufer gezeigt. Aber die Verwaltung wußte es nicht vorher und will auch jetzt nicht wissen. Die Mitbürger haben am Montag eine Begehung mit Anwohnern unternommen. Die Verwaltung glänzte durch Abwesenheit. Es bringen sich natürlich nicht nur Parteien und Anwohner, sondern auch die Naturschutzverbände ins Gespräch. Vom BUND erreichte uns diese Stellungnahme:

In das Trothaer Wäldchen zwischen verlängerter Mötzlicher Straße, Karl-Ernst-Weg und S-Bahn-Trasse in Halle wird zurzeit aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses des Eisenbahnbundesamtes aus dem Jahr 2010 massiv eingegriffen. Dort wurden seit Anfang des Jahres ca. 2000 Robinien geringelt, die in den nächsten ein bis fünf Jahren absterben werden. Zahlreiche weitere Bäumen (ca. 250 Pappeln und Eschenahorne) sollen bis Anfang März gefällt werden. Die Maßnahmen sollen den Bau der Zugbildungsanlage an der Berliner Brücke kompensieren und werden von der Deutschen Bahn in Absprache mit dem Umweltamt Halle auf kommunaler Fläche durchgeführt. Die im Osten angrenzenden Liegenschaften der Kirche sind nicht betroffen. Die Umsetzung der Planungen wird in den nächsten Jahren zu einer dramatischen Rodungsfläche führen.

Foto: Geringelter Höhlenbaum im Trothaer Wäldchen. (c) Nicole Hermes, BUND

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Regionalverband Halle-Saalekreis fordert den sofortigen Stopp der Arbeiten und keine weiteren Bäume zu fällen oder zu ringeln. Statt eines Kahlschlags sind absterbende Gehölze sukzessive durch heimische Baumarten zu ersetzen. Der Planfeststellungsbeschluss muss der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und die Planungen müssen unter Einbezug der Anwohner*innen und Bürger*innen überdacht und an rezente Umweltbedingungen angepasst werden. Auch müssen alle weiteren Maßnahmen mit geltendem Artenschutzrecht in Einklang gebracht werden.

Bei einem Vor-Ort-Termin stellten BUND-Aktive Höhlungen in mehreren geringelten Bäumen fest. „Sollte es sich herausstellen, dass die betroffenen Bäume als Fortpflanzungs- oder Ruhestätten geschützter Arten wie Fledermäuse oder holzbewohnender Käfer dienen, handelt es sich hierbei um die Auslösung eines Verbotstatbestandes nach Bundesnaturschutzgesetz § 44“, so Nicole Hermes vom BUND Halle-Saalekreis, „Wir fordern deshalb eine sofortige Überprüfung aller potentiellen Habitatbäume auf betroffene Tierarten. Hierzu sind von Artexpert*innen qualifizierter Fachbüros alle Höhlungen mit Teleskopkameras zu begutachten sowie Mulmproben zu entnehmen und auf Kotpellets von Fledermäusen und xylobionten Käfern sowie auf Käferlarven zu untersuchen. Weiterhin muss bei allen weiteren Arbeiten eine ökologische Baubegleitung durchgeführt werden. Für bereits geschädigte Ruhestätten muss unmittelbar ein Ersatz in Form von anzubringenden Fledermauskästen erfolgen.“

Rotmilan gefährdet?

Selbst innerhalb der Schutzzone in einem Puffer von 100 Metern um den auf einer Pappel angelegten Rotmilanhorst wurden mindestens fünf Maßnahmen durchgeführt. Diese werden in den nächsten Jahren zu einer veränderten Habitatausstattung im Brutgebiet führen. Eine Störung während der Brutzeit kann weiterhin zum Verlust der Brut bis hin zur Vergrämung der Alttiere führen. Der Schutz des Horstes des Rotmilans als streng geschützte und Verantwortungsart des Landes und sein Bruthabitat muss in einem weiträumigen Puffer bei allen durchzuführenden Maßnahmen oberste Priorität haben. Ebenso sind Pappeln in die Liste der zu pflanzenden Baumarten aufzunehmen, um dem Rotmilan perspektivisch Horststandorte zu bieten.

Weiterhin hält der BUND die geplante Beräumung des Totholzes im Trothaer Wäldchen für ökologisch nicht vertretbar. Abgestorbene Gehölze müssen als stehendes und liegendes Totholz erhalten bleiben, um das Habitat- und Requisiten- und Nahrungsangebot für Wildtiere zu erhöhen sowie als Humusproduzent zukünftig Regenwasser zu speichern. Die lebenden Bestandsgehölze sollen auf der Fläche verbleiben und durch ihre Ökosystemdienstleistungen wie Verdunstungskälte und ‑feuchtigkeit den neu gepflanzten Bäumen helfen, sich auch in Hitzeperioden zu etablieren.

Totholz erhalten

„Solche einschneidenden und irreversiblen Maßnahmen wie der geplante Waldumbau müssen mit Ziel und Augenmaß erfolgen. Eine intensive Bekämpfung von Neophyten ist sicher dann sinnvoll, wenn sie konkret und unmittelbar Schutzgebiete, gefährdete Standorte wie Magerrasen oder seltene und geschützte Tier- und Pflanzenarten bedrohen. Die ist hier nicht der Fall,“ so Ralf Meyer, Landesvorsitzender des BUND Sachsen-Anhalt, „In Zeiten von Klimawandel und Dürre, wie wir sie vergangenen Sommer erlebt haben, sollten nicht leichtfertig Bäume gefällt werden. Die jungen Bäume der geplanten Ersatzpflanzung sind anfällig für Trockenstress, ein Anwachsen und Überleben heißer trockener Sommer ist selbst bei aufwändigen und kostspieligen Gießmaßnahmen über Jahre hinweg ungewiss.“ „Wir sehen abgestorbene Ersatzpflanzungen bereits allerorten im Stadtgebiet von Halle,“ ergänzt Nicole Hermes, „Unklar bleibt weiterhin, wie viele Einzelgehölze tatsächlich ersetzt werden, da der Landschaftspflegerische Begleitplan lediglich von neuzupflanzenden Bauminseln spricht.“

Da laut Landschaftspflegerischem Begleitplan die Pappeln zu 30% abgestorben und die anderen Bäume sich in einem schlechten gesundheitlichen Zustand befinden, findet der Waldumbau ohnehin auf natürliche Weise statt, ohne dass überhaupt die Säge angesetzt werden müsste. Um die Entstehung einer Kahlfläche durch die nun erfolgte Ringelung zu verhindern, müssen als vorgezogene Ersatzmaßnahme nicht nur die bereits toten, sondern auch jeder geschädigte Bestandsbaum noch vor seinem Absterben durch eine Ersatzpflanzung kompensiert werden. Weitere Aufpflanzungen sollten vor allem auch an anderer Stelle geschehen, um Flächen aufzuwerten, die bisher keinen oder wenig Baumbestand aufweisen. Die Anlage von waldsäumigen Strukturen sowie die Beräumung von Müll befürwortet der BUND nachdrücklich. Die angelegte Mountainbike-Strecke soll als Freiraum für Jugendliche erhalten bleiben.

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