Das Peißnitzhaus und die „deutsche Kultur“
6. Januar 2017 | Kultur, Nachrichten | 6 Kommentare(Peißnitzhaus, 29. Dezember 2016)
Gestern haben wir per mail die Frage bekommen, wie wir zur Förderung „deutscher Kultur“ stehen und ob unsere Entscheidung, welche Kultur bei uns stattfindet, von den Fördermittelgebern abhängig ist. Unsere Antwort ist etwas länger und kulturhistorischer ausgefallen, sodass wir sie euch nicht vorenthalten möchten:
Was ist deutsche Kultur? Vielleicht die Barden im Mittelalter, die mit Minnegesang (aus Frankreich) und der der Laute (Instrument aus Persien) von Burg zu Burg zogen? Oder die Oper (Italien) und das klassische Ballett (Frankreich)? Vielleicht das Weihnachtslied auf der Blockflöte (fast weltweit)? Welche Definition einer „deutschen Kultur“ jeder für sich auch gefunden hat, mir fällt es schwer eine solche zu definieren.
Vielleicht hilft ja der Blick von außen. Europäer unter 50 Jahren verbinden deutsche Kultur aktuell zu großen Teilen mit Rammstein, Modern Talking und DJ Ötzi.
Oder wir begreifen „das Deutsche“ geografisch und geschichtlich und blenden mal aus, dass Kultur sich ständig gegenseitig beeinflusst. Da der Begriff der Nation, der einen Staat meint, knapp 200 Jahre und der Begriff der deutschen Nation, welche einen Staat meint, etwa 180 Jahre alt sind, müssen wir dann aber all jene vor 1840 geschaffene Kunst ausklammern. Also leider kein Goethe, Schiller, Herder und auch kein Walther von der Vogelweide.
Die Sprache wäre noch ein mögliche Eingrenzung. Auch hier geht das nur, wenn man vergisst, wie Kultur und auch die Schöpfer kultureller Werke sich ständig gegenseitig beeinflussen und befruchten. Erinnert sei Beispielhaft an Goethe und seine Liebe zu den persischen Dichtern oder seine kreative Wiedergeburt nach einer zweijährigen Reise durch Italien.
Nun sind alle unsere kulturellen Veranstaltungen, welche keine Konzerte sind, auf Deutsch. Und bei unserer Reihe DonnerstagsHalbSechs treten viele Liedermacher auf, die ihre Texte auf Deutsch verfassen und singen. Allerdings wird Musik bei uns ausnahmslos nach Geschmack und persönlichem Qualitätsempfinden ausgewählt.
Zuletzt kommen wir zur Vermutung, dass wir direkte Anweisung von der Stadt oder anderen Fördermittelgebern bekommen. Aktuell beträgt die Förderung durch die Stadt für die Kultur am Peißnitzhaus 1500 Euro pro Jahr. Und in meiner 20-jährigen Tätigkeit im Bereich der Kulturarbeit habe ich noch nie erlebt, dass ein Fördermittelgeber anrief und Wünsche zum Programm äußerte. Allein die Vorstellung erscheint mir surreal.
Ulrich Möbius
PS: Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war im europäischen Raum im Allgemeinen nur in der Gegenwart geschaffene Musik und Literatur im großen rezipiert und akzeptiert. Hier gilt Felix Mendelssohn Bartholdy als der Künstler, welcher „Klassiker“ in die Musik eingeführt hat. Er begann in Berlin mit der Wiederaufführung von Bach-Werken 90 Jahre nach dessen Tod
Der Beitrag erschien zuerst auf dem FB-Ac. des Peißnitzhauses und ist dort noch einzusehen, wir haben ihn mit freundlicher Genehmigung von U. Möbius übernommen, die Redaktion.
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„Arme Leute essen“ ist wirklich brutal, @redhall.
Mensch Hei-Wu, du magst also süsse Gurke auf der Fettbemme?
Aber besimmt gehört für dich das hier zu deutschen Kultur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Halve_Hahn#/media/File:Halvenhahn.jpg
Und für viele widerum das hier:
http://www.tradebit.de/usr/stock-photos/pub/9002/2117036.jpg
Nur gut, dass es eine Gourmetpolizei gibt.
Arme Leute essen ist als Modeerscheinung der Gipfel deutscher Esskultur! Soviel deutsche Leitkultur sollte schon sein.
Notfalls kann das Fett ja vegan sein! 😉
Wer saure Gurken auf eine Fettbemme legt, hat keine Kultur. Nicht einmal deutsche „Kultur“. Sowas ist schlimmer als „arabisches Reiterfleisch“ oder Spirellis mit Ketschup.
Deutsche Kultur kann man nur negativ abgrenzen. Andrea Berg oder Helene Fischer sind keine deusche Kultur. Wohl aber eine ordentliche Fettbemme mit saurer Gurke.