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    Die Generation 45 darf noch von Hunger als existenziellem Problem reden. Alle später Geborenen, egal ob in Ost- oder Westdeutschland, hatten immer genug zu essen. Man müsste sich schon ziemlich dämlich anstellen, um heute in Deutschland zu verhungern. Hunger nach Nahrung ist aber nicht das Problem. Mal abgesehen von dem bisschen Geld, was so ein kostenloses Essen einspart, bedeutet es auch Gemeinschaft. Wer heute arm ist, kann sich Mobilität und Unterhaltung außerhalb der Wohnung kaum leisten. Mal Essen gehen, in den urlaub fahren, mit den Kindern in den Zoo etc. sind Posten, die überlegt sein wollen. Spontaneität kann da schnell teuer werden. Und ein Blick auf die Mitmenschen lehrt, was Kinder z. B. kaum akzeptieren können: „Das können wir uns nicht leisten, mein Schatz.“
    Solche Reden nun, wie sie hier von einigen geführt werden, kommen mir vor wie von kleinen Jungs, die von der Brücke spucken.
    Interessant ist immer wieder die Beobachtung, wie schnell im Falle eines Unglücks die stolze Pose der Selbstverantwortlichkeit und Autonomie den Bach runter geht. Und es muss kein Unfall sein, da reicht zum Beispiel schon ein Burn-Out oder eine Depression und schon ist für lange Zeit Schicht im Schacht. Da wird dann plötzlich verstanden, wozu der Schutz der Gesellschaft gut ist und wie tröstlich es sein kann, dass es „da unten“ auch andere Menschen gibt, die nicht ungefragt Vorschläge machen, wie viele Möglichkeiten es gebe, um wieder ein „nützliches Glied“ der Gemeinschaft zu werden. Im Falle von Armut erschöpfen sich solche vermeintlichen Möglichkeiten sehr schnell. Und wie peinlich, wenn dann von oben noch jemand runter spuckt. Man muss erst mal in den Schuhen eines anderen Menschen gelaufen sein, um zu verstehen, wie einer sich fühlt, der nicht oder nicht mehr mithalten kann.
    Es ist viel von der Kälte der Gesellschaft die Rede. Hier ist ein gut Stück davon zu spüren. Und überhaupt, um Weihnachten eine solche Diskussion anzufangen, hat schon etwas Befremdliches. Ich gönne den Bedürftigen dieses Essen. Sie könnten sicher auch anderswo satt werden, aber so ein Essen ist auch ein Ort wo sie beieinander sind. Und jeden, den das anficht, dem rate ich zu bedenken, dass die Höhe über die Heftigkeit des Falles entscheidet.

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