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29. Oktober 2013 um 14:57 Uhr #72936
MZ von heute:
„Die Germanistin Ingeborg von Lips, Herausgeberin etlicher Halle-Lesebücher, schlägt den deutsch-jüdischen Autor Ludwig Börne (1786-1837) als Namenspatron für die Straße vor. Er gilt als einer der Väter der Literaturkritik und des literarischen Feuilletons – und war Student in Halle.“Von Ludwig Börne stammt die Äußerung:
„Wie ist die deutsche akademische Jugend so glücklich!
Verdorren soll die erste Hand, die dieses schöne Leben beschmutzt!“Die akademische Jugend, die die Kleine Uli bevölkert, kann das unterschreiben.
Warum also nicht Ludwig-Börne-Straße?!30. Oktober 2013 um 12:45 Uhr #73066In der MZ von heute hat der hallesche Medizinethiker Prof. Ernst Luther in einem Leserbrief bemerkenswerte Informationen zu Abderhalden gegeben und ihn verteidigt. U.a. hat er auf ein Buch von Abderhalden aus dem Jahre 1947 hingewiesen, in welchem Abderhalden seine Fehler bekennt und bereut.
Das hat mich doch sehr stutzig gemacht und mich zu der Auffassung kommen lassen, dass kein Umbenennungs-Schnellschuss im Stadtrat erfolgen sollte.
Auch die Uniangehörigen einschl. Rektor Sträter, die diese Umbenennung fordern bzw. befürworten, sollten sich erst umfassend sachkundig machen und nicht nur Abderhaldens Fehler ins Feld führen.
Wenn jemand seine Fehler bekennt und sie bereut, so ist das anzuerkennen.30. Oktober 2013 um 15:19 Uhr #73099Nun, seine wissenschaftlichen Fehler hat er wohl nicht so gesehen…
30. Oktober 2013 um 15:36 Uhr #73105Menschlich kann man ihm sein Bereuen zu Gute halten – nach Handlangern der Nazis können dennoch keine Straßen benannt werden.
30. Oktober 2013 um 21:19 Uhr #73153Hier ist der bemerkenswerte Leserbrief von Prof. Luther:
Am 23.10.2013 konnte man in der MZ lesen: „1945 setzte Abderhalden sich in die Schweiz ab.“
Fakt ist: Abderhalden wurde 1945 mit etwa 90 Wissenschaftlern und Technikern aus Halle, Leuna und Buna zwangsweise von der US-Army in den Westen verbracht; eine Rückkehr wurde ihm verboten. (Briefe an Brugsch und Hanson)
J. Varwieck, der eine private Initiative zur Umbenennung der Emil-Abderhalden-Straße unternommen hat, bezieht sich auf die Rolle Abderhaldens im Nationalsozialismus.
Fakt 1 zur Benennung der Straße. Das wurde anlässlich der 300-Jahrfeier der LEOPOLDINA begründet mit der herausragenden sozialpolitischen Leistung Abderhaldens von 1915 bis 1924 (Säuglings- und Kinderheim – heutige „Bergschänke“ in Kröllwitz, Schweizerfürsorge für erholungsbedürftige deutsche Kinder – 72 Transporte mit insgesamt 100.000 Kindern – , Einrichtung von Volksküchen, Lese- und Wärmestuben, Umwandlung von Kleinacker in Kleingartenanlagen – müsste dann auch der Gedenkstein von 1924 entfernt und die Kleingartenanlage umbenannt werden). Hat man in irgendeiner Stellungnahme davon etwas gelesen?
Fakt 2 Abderhaldens Rolle in der NS-Zeit ist äußerst widersprüchlich und natürlich anfechtbar, aber Jahrzehnte diskutiert, wobei mir kein Präsident der LEOPOLDINA bekannt ist, der sich für die Umbenennung der Emil-Abderhalden-Straße geäußert hätte. Wer sich mit Abderhaldens Leben befasst und sein Vermächtnis in dem Buch „Gedanken eines Biologen zur Schaffung einer Völkergemeinschaft und eines dauerhaften Friedens“ ignoriert, sollte lieber schweigen. Dieses Buch ist eine bittere Abrechnung mit dem eigenen Denken und Handeln bis 1945, es ist ein klares Bekenntnis gegen jeden Krieg und für ein Umdenken in der Menschheit.
Wenn Uni-Rektor Sträter meint, „Der Name Emil-Abderhalden-Straße ist kein Aushängeschild“, so halte ich dagegen: wenn Martin Luther auf seinen Hass gegen die Juden und die revolutionären Bauern (mit furchtbaren Folgen über Jahrhunderte) zurechtgestutzt wird, dann ist der Name Martin-Luther-Universität auch „kein Aushängeschild“.
Ich wünsche mir, dass endlich dieses Thema in öffentlichen Foren diskutiert werden kann und nicht durch private Unterschriftensammlungen erledigt wird.8. November 2013 um 12:19 Uhr #74377Die Befürworter einer Umbenennung der Emil-Abderhalden-Strasse haben die Umbenennung mit den Fehlern und Irrtümern Abderhaldens begründet, aber seine sozialen Leistungen und die Zeitumstände m.E. ungenügend berücksichtigt. Auf jeden Fall ist das Gutachten der Leopoldina abzuwarten.
Ich plädiere für folgende Kompromisslösung:
Der Abschnitt der Emil-Abderhalden-Straße im Bereich des neuen GWZ von der Ludwig-Wucherer-Straße bis zur Adam -Kuckhoff-Straße wird umbenannt, möglichst mit einem Namen, der zum GWZ passt. Damit könnte man erreichen, den Neubau des GWZ nicht mit einem Namen zu belasten, der einem Teil der Universitätsangehörigen und auch anderen unzumutbar erscheint und der wohl auch immer strittig bleiben wird.
Der Abschnitt der Emil-Abderhalden-Straße von der Adam-Kuckhoff-Straße bis zum Harz behält den bisherigen Namen, damit bliebe der Straßenname im Stadtgebiet erhalten.8. November 2013 um 13:05 Uhr #74386Also Umbenennung erst ab-der-halben-Straße?
8. November 2013 um 13:50 Uhr #74389Ja, nur das Stück wo das neue GWZ gebaut wird, also von der Ludwig-Wucherer-Straße bis zur ersten Querstraße.
12. November 2013 um 11:47 Uhr #75001
AnonymIm Hauptausschuss wurden heute Vorschläge unterbreitet:
– Anton Wilhelm Amo
– Adolph Goldschmidt
– Leopold Zunz
– Guido Kisch12. November 2013 um 11:51 Uhr #75002Wolli, dein Vorschlag ist in jedem Falle bedenkenswert.
12. November 2013 um 12:14 Uhr #75004Finde ich überhaupt nicht! Wenn die Namensgebung grundsätzlich problematisch ist, dann muss umbenannt werden. Bis auf den letzten Straßenteil. Wenn ein Teil weiter so benannt werden kann, braucht man auch gar keine Umbenennung vorzunehmen.
In diesem Fall gibt es nichts dazwischen.12. November 2013 um 13:06 Uhr #75008Mir ist unverständlich, weshalb dieser Druck dem Stadtrat gegenüber aufgebaut wird. Der Umzug in das GWZ wird erst 2014/15 erfolgen, also ist ein Jahr Zeit, das Gutachten der Leopoldina abzuwarten und in breiter Öffentlichkeit zu diskutieren, ob die Umbenennung der Straße oder eines Teiles davon von den Hallensern gewünscht ist. Denn der hallesche Stadtrat ist seinen Wählern gegenüber verpflichtet, nicht aber Herrn Prof. Varwick, der auf seiner Internetseite für Halle lediglich eine Dienstadresse angibt, sonst aber in Berlin lebt.
Am meisten stört mich der Absolutheitsanspruch dieser „professoralen Initiative“, der insbesondere im letzten Absatz der Resolution zum Ausdruck kommt:
„Uns geht es hier nicht um eine weitere detaillierte historische Auseinandersetzung mit der Person Abderhaldens oder um eine Diskussion, die auch eventuelle Verdienste würdigt. Dies ist auch nicht die Stunde weiterer Gutachten.
….
Wir fordern den Rat der Stadt Halle auf, eine Umbenennung der Straße zu beschließen.“Keine historische Auseinandersetzung? Keine Diskussion? Keine Gutachten?
Aussagen dieser Art sind eines Wissenschaftlers unwürdig. Schlimmer noch, der Leopoldina und den von den Hallensern gewählten Stadträte wird die Kompetenz abgesprochen.Sollte der zeitliche Umbenennungsdruck tatsächlich keinen Aufschub dulden, schließe ich mich Wollis Vorschlag, die Straße zu teilen, an.
12. November 2013 um 13:24 Uhr #75009Sollte der zeitliche Umbenennungsdruck tatsächlich keinen Aufschub dulden, schließe ich mich Wollis Vorschlag, die Straße zu teilen, an.
Ich auch. Mir stößt vor allem diese politische Komponente auf. Der erste schwarzafrikanische Student? So what? Warum nicht auch der erste ostasiatische oder arabische Student? Von Nazis vertriebene jüdische Wissenschaftler? Warum gerade wieder Juden und nicht andere Glaubensgemeinschaften oder Volksgruppen? Warum nicht die Straße nach dem ersten homosexuellen Professor benennen? Ist ja so eine besondere Leistung, homosexuell zu sein (genauso wie es eine Leistung ist, Jude oder Schwarzafrikaner zu sein). Warum diese unsinnige politische Motivation?
Benennt die Straße von mir aus nach einem Nobelpreisträger von der hallischen Uni oder einem Begründer irgendeiner wegweisenden Theorie/Forschungsrichtung, aber doch nicht nach Menschen, nur weil sie dunkelhäutig, jüdisch, weiblich oder sonstwas sind oder von irgendwem vertrieben wurden!
12. November 2013 um 13:40 Uhr #75010
Anonym@stefan: anders als im Kulturauschuss versprochen, wird die Leopoldina kein Gutachten zu Abderhalden erstellen, sondern nur zur Leopoldina allgemein. Zudem war es schon für 2012 versprochen!
12. November 2013 um 13:47 Uhr #75012Haben denn die beantragenden Professoren der Uni ein Gutsachten mit Quellenangaben zu ihren Behauptungen vorgelegt?
Wenn ja, wer hat das?12. November 2013 um 13:50 Uhr #75013
Anonym@10010110beta
völlig falsch! die straße wird umbenannt, weil: „Mit dem neuen Namen wolle man ein Zeichen für Internationalität setzen, so Prof. Gunnar Brands“keine ahnung, warum es ein zeichen für internationalität ist, wenn man eine straße der innenstadt nach jemanden benennt, den keine sau kennt….
12. November 2013 um 14:25 Uhr #75023Warum fordert niemand, die Martin-Luther-Universität umzubenennen, denn seine Hetzschrift gegen die Juden aus dem Jahre 1543 ist unerträglich.
Margot Käßmann schreibt dazu in der Mitteldeutschen Kirchenzeitung:„Doch zwanzig Jahre später, 1543, erscheint ein völlig anderer Text Luthers. Schon der Titel »Von den Juden und ihren Lügen« verrät, dass es sich um eine Schmähschrift handelt. Luther schlägt darin der Obrigkeit vor, dass sie jüdische Synagogen und Schulen »mit Feuer anstecken«, ihre Häuser »zerbrechen« und die Juden »wie die Zigeuner in einen Stall tun« soll. Zudem sollten ihnen ihre Gebetbücher genommen werden, worin »Abgötterei« gelehrt werde, ihren Rabbinern solle verboten werden zu unterrichten. Furchtbar. Unerträglich. Diese so unfassbaren Äußerungen können nicht mit seiner Verbitterung, dass Juden nicht zur Kirche der Reformation erklärt oder durch den »Zeitgeist« gerechtfertigt werden. Sie werfen auf ihn und seine Reformation einen Schatten und sollten die Kirche, die sich nach ihm benannte, auf einen entsetzlichen Irrweg führen.
Die Schmähschrift von 1543 diente der Rechtfertigung für Diskriminierung, Ausgrenzung und Mord. Luthers Pamphlet wurde in der NS-Zeit häufig nachgedruckt, zum Beispiel unter dem Titel »Martin Luther und die Juden – weg mit ihnen!« Aus Luthers Spätschrift hatte Julius Streicher für sein Hetzblatt »Der Stürmer« den in der NS-Zeit sprichwörtlich gewordenen Satz »Trau keinem Fuchs auf grüner Heid und keinem Jud’ bei seinem Eid« entnommen.“
12. November 2013 um 14:48 Uhr #75029
AnonymDiese Initiative gab es bereits.
12. November 2013 um 14:48 Uhr #75030Wolli, da haste aber nun was losgetreten.
12. November 2013 um 14:50 Uhr #7503112. November 2013 um 14:53 Uhr #75032Wird sie eben nochmal aufgelegt. Alles kommt auf den Prüfstand…
12. November 2013 um 15:01 Uhr #75034Meine Güte, wenn in diesem übertriebenen Aktionismus so dringend diese Straße umbenannt werden „muss“, so kann ich mich nur der Meinung von Binär im Beitrag #75009 anschließen.
Dann doch bitte politisch neutral, meinetwegen Unistraße, Studentenstraße oder sowas in der Art.
12. November 2013 um 15:50 Uhr #75041Martin-Luther-Universität einfach schließen, dann braucht sie niemand umzubenennen und wir würden noch viel Geld sparen.
Der Name des vorgeblichen „Früh-Nazi`s“ Luther wäre auch aus der Öffentlichkeit getilgt und die Muselmanen brauchen sich nicht in Gewissenskonflikte stürtzen, weil sie an einer Uni mit christlichen Namensgeber studieren….OMG ist das doch alles bekloppt
12. November 2013 um 15:54 Uhr #75042@Wolfgang Stauch,
Wolli hat gar nichts „losgetreten“. Das tat die sich selbst so nennende „professorale Initiative“.12. November 2013 um 17:19 Uhr #75044
Anonym@Braegel als Thinktrust für Landesregierung? Dann müssen wir nur noch das Lutherjahr 2017 wegen moralischer Bedenken absagen.
Die DDR hatte ja halbherzig angefangen, die Geschichte zu reinigen. Jetzt legen wir richtig los und löschen alles vor 1989. Für den Westteil alles vor 17. Dezember 1982. -
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