Zum Tag der Arbeit hat das Statistische Landesamt aktuelle Zahlen zur Tarifbindung in Sachsen-Anhalt vorgelegt. Demnach war im April 2024 rund die Hälfte der Arbeitnehmenden im Land tarifgebunden – die andere Hälfte jedoch nicht. 37 Prozent der Beschäftigten arbeiteten nach einem Branchentarifvertrag, 13 Prozent nach einem Firmentarifvertrag.
Weitere acht Prozent der Beschäftigten waren zwar nicht tarifgebunden, profitierten aber von betrieblichen Vereinbarungen, die tarifähnliche Regelungen beinhalten. Die übrigen 42 Prozent arbeiteten ohne jegliche tarifliche oder vergleichbare Grundlage.
Deutliche Unterschiede zeigten sich je nach Wirtschaftsbereich. In der öffentlichen Verwaltung, bei der Verteidigung und in der Sozialversicherung lag die Tarifbindung bei vollen 100 Prozent – ein erwartbares Ergebnis, wie das Amt anmerkt. Auch in den Bereichen Erziehung und Unterricht (80 %), sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen (62 %) sowie im Gesundheits- und Sozialwesen (55 %) war die Tarifbindung überdurchschnittlich hoch. Bemerkenswert: Trotz eines hohen Frauenanteils in diesen Branchen sind Tarifverträge dort kein Selbstläufer – die überdurchschnittliche Tarifbindung verweist auf starke gewerkschaftliche Organisation oder engagierte Betriebsräte.
Im bundesweiten Vergleich steht Sachsen-Anhalt mit einer Tarifbindung von 50 Prozent im Mittelfeld. Nur Bremen (56 %), das Saarland (54 %) und Nordrhein-Westfalen (51 %) verzeichnen noch höhere Anteile tarifgebundener Beschäftigter. Gleichauf mit Sachsen-Anhalt liegen Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Baden-Württemberg.
Ein ganz anderes Bild zeigt sich jedoch auf der Seite der Betriebe: Nur 21 Prozent der Unternehmen in Sachsen-Anhalt unterlagen im April 2024 einer Tarifbindung. Auch hier waren öffentliche Einrichtungen die Ausnahme: In der öffentlichen Verwaltung sowie bei Verteidigung und Sozialversicherung waren sämtliche Betriebe tarifgebunden, im Bildungsbereich immerhin 62 Prozent.
Bundesweit erreichten Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern mit je 25 Prozent den höchsten Anteil tarifgebundener Betriebe – ebenfalls kein überragender Wert, der die generelle Abkehr vieler Unternehmen von der Tarifbindung verdeutlicht.
Die Zahlen unterstreichen einmal mehr die Bedeutung kollektiver Regelungen – insbesondere in den Bereichen, in denen Frauen überproportional häufig beschäftigt sind. In einer Zeit wachsender Unsicherheit und ökonomischer Umbrüche behalten Tarifverträge ihre Rolle als Garant fairer Arbeitsbedingungen.