Wohnpark Paulusviertel: an finanzieller Leistungsgrenze
10. April 2013 | Wirtschaft | 11 KommentareWie HalleSpektrum.de bereits am Dienstag informierte, droht ein Scheitern des Großprojekts „Wohnpark Paulusviertel“ der Halleschen Gesellschaft für Wohnen und Stadtentwicklung (HGWS). Nun wurde das Unternehmen noch deutlicher.
„Es tut weh,was wir jetzt vorstellen“, so HGWS-Sprecher Steffen Schier. „Mit der jetzigen Lösung sind wir an die Grenze des wirtschaftlich vertretbaren gegangen“, erklärte HGWS-Geschäftsführer Ralf Mettin zur abgespeckten Variante. „Es ist eine wirtschaftliche Belastung.“ So sei durch die Umsatzverluste die Gesamtwirtschaftlichkeit belastet, die Jahresergebnisse der Gesellschaft würden um 30 Prozent und die Rentabilität um 25 Prozent geschmälert. Ob das Projekt in seiner jetzigen Form gebaut wird, hängt von den Entscheidungen der Aufsichtsratsgremien von HWG und Papenburg ab. Beiden Unternehmen gehört zu gleichen Teilen die HGWS. Bis Ende April soll es dort eine Entscheidung geben. Zudem steht ein Treffen mit der BI Pro Pauluspark an, die gegen den Neubau ist und hier lieber einen Park sehen würde. Mettin rechnet im Juni mit einem Baubeschluss. Baustart soll dann im Herbst sein, Ende 2014 sollen Sanierung und Neubau beendet werden. 18 Monate Bauzeit sind vorgesehen.
Wie Mettin erklärte, halte man auch das alte Projekt für genehmigungsfähig. Wegen umfangreicher Nachforderungen vom Bauamt und dem Denkmalschutz hätten aber Überarbeitungen stattfinden müssen, die Behörden haben planungsrechtliche Bedenken unter anderem wegen der Höhe des Neubaus. Man strebe eine einvernehmliche Lösung an und wolle juristische Auseinandersetzungen vermeiden, so Mettin.
Schmerzlich sei nun vor allem der Verlust von 1.200 Quadratmetern im Neubau, dadurch muss die HGWS auf 17 Wohnungen verzichten. So fällt der Neubau nicht mehr ganz so lang aus, wird außerdem teilweise um eine Etage reduziert. Auf einen Verbindungsbau zwischen Neubauriegel und zurückversetztem neuen Gartenhaus muss das Unternehmen komplett verzichten. Zudem wird wegen Behördenforderungen das Gartenhaus weniger umfangreich errichtet, um so mehr vom Bolzplatz wegzukommen. Zudem wurden die Grundrisse angepasst. Nur noch Küche und Bad haben Fenster zum Bolzplatz, die Wohn- und Schlafräume dagegen nicht, Grund waren Anforderungen an den Schallschutz.
Auswirkungen haben die Neuplanungen auch auf die Freiflächengestaltung. 48 Prozent und damit 6.000 Quadratmeter Grünfläche wird es geben. Vorgesehen waren 42 Prozent in der ersten Planung, aktuell sind es nur 14 Prozent. Sechs Bestandsbäume an der Robert-Blum-Straße bleiben erhalten, die ursprünglich gefällt werden sollten.
Angepasst werden musste auch die Tiefgarage, 16 Parkmöglichkeiten fallen dadurch weg. Zudem wird im oberirdischen Bereich auf drei Parkplätze verzichtet. 136 Plätze statt geplanter 155 Stellflächen wird es nur noch 136 geben. Laut Mettin erreiche man trotzdem die genehmigungsrechtlichen Anforderungen.
Im Regierungspräsidium selbst gab es Anforderungen zum behutsamen Umgang mit der Bausubstanz im Saal. Hergestellt werden soll zudem der historische Frühstückssaal. Das Haupttreppenhaus im zweiten Obergeschoss musste auch freigestellt werden, dadurch war eine Verschiebung des Aufzugs nötig. Die Wohnfläche reduziert sich dadurch im Altbau um 50 Quadratmeter.
HWG-Chef Heinrich Wahlen machte deutlich, dass die neue Gesellschaft keiner laufenden Bezuschussung bedarf. Man habe die HGWS mit dem Ziel gegründet, dass diese den Gesellschaftern wirtschaftlich Freude macht. „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass auch die Ursprungsplanung bauordnungsrechtlich zulässig gewesen wäre“, so Wahlen. Es zeichne sich noch nicht ab, dass das Projekt stirbt. Man gerate aber schon in eine Zone, in der es deutlich kühler werde. „Da ist nicht mehr Bewegung möglich. Jede Verzögerung kostet Geld“, so Wahlen, „im Moment bewegt sich das noch in einem Rahmen, wo es nicht besorgniserregend wird.“
Wie Wahlen weiter sagte, gehe es auch um die Frage was ist für die Stadt und den Bürger wichtig. Man rede auch über mehrere hundert Leute, die dort einziehen wollen. „Das sind auch Bürger dieser Stadt.“ Man orientiere sich daran, was bauordnungsrechtlich zulässig sei. Würde man jeden einzelnen nach seinen Wünschen fragen und diese umsetzen, würde man wohl bei Null landen. „Das kann nicht die Maxime sein.“ Zur Bürgerinitiative sagte Wahlen, diese sei nicht rechtsfähig. Mit denen könne man keinen Vertrag schließen, zudem hindere auch dies niemand anderen daran, doch noch möglicherweise zu klagen.
„Erstaunliche Positionen“ habe es in den Gesprächen mit der Bürgerinitiative gegeben. Die Gespräche seien zwar atmosphärisch angenehm gewesen, die Positionen aber seltsam. So verstehe er nicht, dass man dort davon ausgeht, die Stadt könnte das Gelände für einen zu errichtenden Park kaufen. „Ich glaube da gibt es eine gewisse Blindheit für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stadt.“ Da sei die Sanierung von Schulen und Kitas sicher wichtiger, als eine Fläche zu kaufen und dort einen Park zu errichten. Der bislang von der Initiative gesammelte Betrag reiche vielleicht für vier bis fünf Stellplätze.
Zu möglichen Klagen von Anwohner, zum Teil Mitglied der Bürgerinitiative, sagte Wahlen, man habe viele Zugeständnisse gemacht und bleibe freiwillige unter dem maximal möglichen. „Dann fragt man sich, warum man vorne die Zugeständnisse macht“, so Wahlen. „Vom jetzigen Entwurf sind wir sicher, dass es rechtlich zulässig ist.“ Wie Wahlen sagte, müsste gegen die Stadt Halle als Genehmigungsbehörde und nicht gegen die HGWS geklagt werden. Wahlen sagte, es gebe auch Signale von Seiten der Stadt, dass das überarbeitete Projekt genehmigungsfähig ist. Selbst bei der alten Planung, zeigte sich Wahlen überzeugt, hätte eine Genehmigung eigentlich ohne Probleme möglich sein müssen. Mit einer Klage werde übrigens nicht nur der Neubau, sondern auch die Sanierung des Altbaus und die Einrichtung der neuen Kita verhindert, erklärte Wahlen.
Laut Uwe Berger vom Mitgesellschafter Papenburg gab es unter anderem mit der Genehmigungsbehörde unterschiedliche Auffassung zur Bauhöhe. Doch er verweist weiterhin auf Paragraf 34 des Baugesetzbuches. Man habe versucht, mit der Behörde einen tragbaren Konsens zu finden.
Einige große Projekte hat die HWG in den letzten Jahren angefasst. Da stellt sich die Frage, warum nun auch das Regierungspräsidium. Entstanden sei die in einem Immobiliendialog mit Stadt und Land. Der Stadtverwaltungsspitze sei es wichtig gewesen, dass das Objekt in gute Hände kommt und nicht für spekulative Zwecke erworben werde. Wahlen wies darauf hin, dass sich die HWG mit Konzept und Preis bei der damaligen Ausschreibung durchgesetzt habe. Das Land habe sicher sein wollen, dass etwas passiert und das Projekt nicht ähnlich endet wie Polizeipräsidium
Papenburg-Vertreter Uwe Berger sagte zum Engagement der Baufirma, man sei ein regionales Unternehmen und wolle sich in die Stadtentwicklung einbringen. In das Vorhaben fließe auch privates Geld, nämlich 50 Prozent der Gesamtsumme. 50 Prozent der Risiken würden ebenfalls von Papenburg übernommen. Natürlich hat dies auch den Vorteil, dass nun keine Ausschreibung erfolgen muss. Doch wie Berger sagte, sei noch gar nicht klar, wie die Bauleistungen erfolgen. Es sei noch keine Vergabe erfolgt. „Es gibt keinen Automatismus, dass Papenburg auch baut.“ Im Mittelpunkt stehe der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens.
Am Rande machte Heinrich Wahlen noch deutlich, dass die Anzahl der ernst zunehmenden Interessenten übersteige laut Wahlen die Zahl der verfügbaren Flächen. „Wir reden über ein Projekt, dass viele Leute auch wollen.“ Darunter seien auch prominente Hallenser. Das Projekt werde zu einer positiven Veränderung des Paulusviertels sorgen.
Ein Ausstiegsszenario gebe es nicht. Man habe auch nicht mit dem Gegenwind gerechnet. „Wi r haben gedacht, wir tun etwas Gutes“, so Uwe Berger. Die vermeintliche Gegenwehr habe die Gesellschaft schon erstaunt.
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wer ist prominent in dieser Stadt? wer zählt sich zu den Honoratioren? Geschichten aus der Provinz?
…dann sollen sich doch die prominenten Interessenten mal outen…
Wenn ich Zeit finde, werde ich eine Tüte Mitleid an die HWG verschicken.
Wenn das Bauvorhaben in der ersten Variante genehmigungsfähig gewesen wäre, hätte die Stadt es sicher genehmigt. Die Äußerung, man sei der BI entgegengekommen mit der zweiten Variante, ist indirekt eine Ohrfeige für die Stadt und für das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, denn es unterstellt, dass die Stadt und das Landesdenkmalamt in Person des Herrn Meller der BI zuliebe die Korrekturen gefordert hat und nicht aus sachlichen Gründen die überzogene Bauplanung zusammen gestutzt hat, die im übrigen aus Sicht der BI wegen der überzogenen Bauhöhen entlang der Schleiermacherstraße und zu Beginn der Robert-Blum-Str. nach wie vor baurechtlich zu beanstanden ist.
Gartenhaus neben Bolzplatz? Finde nur ich das komisch? Und das sich das Projekt nur insgesamt lohnt, finde ichnachvollziehbar. Aber die BI wird schon dafür sorgen, das die Stadt draufzahlt.
Die Forderung nach einem Park ist wohl etwas übertrieben. Daß man von nun an nie wieder etwas ins geheiligte Paulusviertel bauen darf, kann ja nun wahrlich nicht zukunftbestimmend sein. Aber es muß behutsam mit der vorhandenen Substanz umgegangen werden. Und genau das verträgt sich nicht mit der Profitgier der Investoren. Zudem steht natürlich noch der Denkmalschutz im Weg, welcher diverse Inneneinrichtungen des RP erhalten haben will. Auch das dürfte die Rendite etwas schmälern. Vielleicht sollte die HWGS auf dem Markt ein wenig sammeln.
Wie prostadt schon anmerkte, ist es in der Tat interessant, daß zur Rentabilität unbedingt mehrere Neubauten notwendig sein sollen. Das riesige RP ist noch immer nicht groß genug? Manche bekommen ihren Gierhals nie voll.
Die HWG könnte die wegfallenden Wohnungen ja an anderer Stelle einrichten, z. B. in das verlotterte Fachwerkgebäude am Leipziger Turm, welche nämlich ihnen gehört. Aber an dieser Stelle kann man kein Neubau mehr hinsetzen, welches das Objekt rentabel macht.
@prostadt Also wenn man jemand emotionales Theater vorwerfen kann, dann doch wohl eher dem Gegnern dieses Projektes. Da wird mit Gefühlen argumentiert und hochemotional ein Park gefordert. Dabei weiß jeder nicht ganz verblendete Mensch, daß dieser nicht finanzierbar ist. Aber das spielt ja keine Rolle, hauptsache gefühlt ist der Park was tolles.
Was sich die Gegner jetzt zum Beispiel schon auf die Fahnen schreiben können, sind wieder weniger Parkplätze. Aber davon gibts ja eh schon viel zu viele im Paulusviertel.
@Anton wer mit gefakten Fotomontagen im Planungsausschuss auftaucht, welche die Häuser einfach mal 20-25% kleiner zeigen, als sie tatsächlich sein werden. Was meinst du, an welchen Teil der Entscheidungsschranken im Gehirn das appeliert ist? Das die Bürger emotional reagieren ist ja wohl selbstverständlich. Einer Sachdiskussion mit echten Fakten zum Bau wird ja von Anfang an seitens der Bauherrin aus dem Weg gegangen.
Also ich frage mich schon ernsthaft, wer hier Emotionen ins Spiel gebracht hat. Doch wohl in erster Linie die BI.
Liebe Hilde,
Das hier von der HGWS gesagte, ist doch nur großes emotionales Theater. Und sie sind das erste Opfer. Genau das ist gewollt. ein Thema emotional besetzten, das damit der sachlichen Fragestellung nicht im Geringsten etwas zu tun hat. Ich bin der festen Überzeugung, das das Regierungspräsidium ohne jeglichen Neubau rentabel zu sanieren ist. Niemand in der Stadt, auch die HWG nicht, war bisher darauf angewiesen Neubauten zur Querfinanzierung von Sanierungsobjekten zu errichten. Wenn das nur so möglich wäre, dann würde Halle noch heute aussehen wie 1990. Eine Rendite mal eben um 25% zu kürzen und zu behaupten, diese 4 Mio wären schmerzhaft. Das muss eine Fette Gans sein, die dort geschlachtet wird. Das wären ja hochgerechnet 16Mio Gewinn gewesen. Wohlbedacht Gewinn , denn die Sanierung und der Neubau wären dann schon bezahlt.
Die Initiative sammelt für den Eigenanteil der Stadt und würde die Stadt endlich Stellung beziehen und ihre eigne stadtplanerische Vision (ala Stategiedialog 2025) einnehmen und womöglich, man darf auch hoffen, sich irgendwann mal offiziell für den Park aussprechen, glauben sie mir, dann wäre der Park ohne Belastung für die Gesamtstadt schneller tragfähig als sie vermuten.
Ich lebe auch in dieser Stadt, nur eben nicht in diesem „Nobelviertel“ , hätte auch gern einen Park direkt vor der Tür – aber lieber die Förderung von Kinder Einrichtungen und Hilfsorganisationen oder zum Bespiel den Erhalt des Stadtbades. Halle hat so viele Löcher in der Kasse, da wär die Anlage eines neuen Parkes, vielleicht mit einem Brunnen der nicht betrieben werden kann doch sinnfrei. Als ich das erste mal von dem Projekt hörte fand ich gut das der alte Prachtbau saniert wird und nicht verfällt. Wär schön, wenn nicht jeder nur an sich denken würde.
Halle hat grüne Lungen. Klar baut so eine Firma nicht aus Nächstenliebe sondern um Geld zu verdienen.
Aber bleibt auf dem Teppich.
Diskussionen zum Thema hier:
http://hallespektrum.de/thema/paulusviertel-anwohner-rebellieren/