Wie die Telekom in Halle an der Zukunft scheitert : Ein Erfahrungsbericht eines Halleschen Kunden:“Ihr werdet alle noch Spass haben“

1. Juli 2018 | Wirtschaft | 5 Kommentare

Anfang April erhielten wir (ein kleiner Privathaushalt) ein Schreiben des Branchenriesen Deutsche Telekom. Man werde unseren Vertrag bis zum 28. Juni kündigen, wir sollten uns „bitte“ für einen neuen Vorvertrag melden.

Unsere Rechnung hatten wir bis dato brav bezahlt, der Staatskonzern sollte uns eigentlich als guten Kunden schätzen, hatten wir doch nie die mangelnde Datenübertragung der VDSL- Leitung reklamiert, obwohl sie oft nur in Modemgeschwindigkeit (und manchmal gar nicht) daher tröpfelte.

Es war auch zur Routine geworden, dass wir täglich mehrfach den Router neu starten mussten, um überhaupt Daten empfangen zu können. Das ging auch allen Nachbarn so, für Hallesche Telekom-Kunden gehört das, auch wenn sie ein hochpreisigeren Vertrag gebucht haben, zum Ritual. Ungeduldige ziehen gleich den Stecker, das häufige Steckerziehen führt schon mal dazu, dass die Dose sich mitsamt Putzkrümeln aus der Wand verabschiedet.

Wenn sich dann, gehäuft im letzten Jahr, das Thema „Router-Neu-Starten“ zu einer Standard- Begrüßungsfloskel in der Nachbarschaft entwickelte (Guten Morgen, wie geht es den Kindern, habt Ihr Internet?) blieb der Leidensdruck in einem erträglichen Rahmen. Immerhin wussten wir: eines Tag wird alles anders, denn immerhin machte sich Minister Willingmann für einen Breitbandausbau im Lande stark („Big Data“).

Das Kündigungsschreiben der Telekom begann ja auch damit, dass man nun das „Telekommunikationsnetz der Zukunft eröffne“.

„Mit dem Netz der Zukunft begeistern“

In dem Schreiben vom April 2018 hieß es weiter, dass man uns auf Internettelefonie umstellen wolle usw, und man uns „selbstverständlich als Telekom-Kunden behalten wolle“. Wir sollten einen Vorvertrag abschließen, damit man die neue Glasfaserleitung in unsere Wohnräume verlegen könne. Es lagen Formulare bei, die wir als Antrag ausgefüllt haben, denn die Telekom wollte uns ja „mit dem Netz der Zukunft noch mehr begeistern“. Den Antrag auf den Vorvertrag haben wir irgendwann Ende Mai abgeschickt, in großer Vorfreude auf die Begeisterung.

Mal eben so: Tausend Euro für Technik im Privathaushalt.

Derweil, auch fachkundig beraten, haben wir schon mal knappe tausend € in neue Technik investiert. Neuer Router, Telefon, um alle Voraussetzungen zu schaffen für IP-Telefonie usw. Nach der Installation erst einmal alles so wie früher, aber es funktionierte auf dem gewohnten Level: Nach der Arbeit nach Hause kommen, den Fritzbock aus der Wand ziehen, eine halbe Minute warten, evtl. wiederholen. Vor zwei Wochen bemerkten wir, dass das an Wochenenden gar nicht mehr funktioniert, aber manchmal kam etwas Netz aus der Leitung, und die Schwiegermutter konnte anrufen, beschwerte sich aber über das Kratzen in der Leitung. Seit dem vergangenen Donnerstag (wir erinnern uns, drei Tage vor Ablauf der Umstellung) geht gar nichts mehr.

Die Nachbarn, die immer noch Festnetz haben, haben uns immerhin ermöglicht, über ihren Anschluss die Störungsstelle der Telekom anzurufen (die Möglichkeit, online eine Störungsmeldung abzusenden, war an diesem Wochenende übrigens aus „Wartungsgründen“ abgeschaltet. Die Störungsnummer meldete uns nach etlichen automatischen Rückfragen, dass wir dranbleiben sollen, die Wartezeit betrage allerdings mindestens 45 Minuten. Derweil hörten wird das Palimpalim und Musik der Konzern Werbe-Warteschleife. Ich bat um Rückruf, der nach 50 min kam. Das war ein Glück, denn meistens kamen Anrufe gar nicht an.

Die Dame konstatierte, es sei offenkundig eine Störung in der Leitung, es kanckte und rauschte. Sie wolle mich gleich zurückrufen. Nach einer Viertelstunde kam ein knackender Rückruf. Man habe uns doch eine Kündigung geschickt, und jetzt, an diesem Wochenende erfolge halt der Umbau, und da habe man unseren Anschluss abgeklemmt. Dass hätten wir doch wissen müssen.

Sie habe keine Unterlagen, aus denen hervorgehe, dass wir einen neuen Vertrag wünschten, also selber schuld.

Vielleicht werde sich ein Mitarbeiter die kommende Woche melden, hieß es. Nach dem Gespräch fanden wir ein weiteres Schreiben der Telekom: nach dem Gespräch gingen wir an den Briefkasten vor dem Haus. Darin lag ein Schreiben. Es war wortgleich abgefasst wie das erste, vom April. Dieses mal kündigt man uns den Anschluss zum 30. September. Und ein erneuter Vorvertrag lag auch dabei.

Wie kommt dieser Text dennoch ins Internet? Danke an Nachbarn, und an das Mobilfunkangebot eines Mitbewerbers. Liebe Netzgemeinde, Euch wird es wahrscheinlich genau so treffen.Hütet Euch vor Schadenfreude.  Habet acht. Ihr werdet noch alle viel Spaß haben, mit einem Monopolisten, den wir einst aus unseren Steuergeldern, und jetzt aus unseren Zwangsgebühren finanzieren.

(Kommentar: HW)

 

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