S-Direkt: seit 99 Tagen Streik

15. Oktober 2012 | Wirtschaft | 2 Kommentare

Es ist ein Rekord, der nachdenklich macht. Am Dienstag befinden sich die Beschäftigten des Sparkassen-Call-Centers S Direkt in Halle (Saale) 100 Tage im Streik. „Dies ist der längste durchgängige Streik mit Verdi in Sachsen-Anhalt“, so ver.di-Bezirkschef Lothar Philipp. Ziel der Proteste sei, einen Tarifvertrag für menschenwürdiges Einkommen mit einem Mindestgehalt von 8.50 Euro /h zu erreichen.

„100 Tage haben die die Beschäftigten zusammen geschweißt, der Arbeitgeber will dagegen den Streik aussitzen und hofft auf ein Ende ohne Erfolg für die Streikenden“, so Philipp. „In der heutigen Streikversammlung haben wir beschlossen diesen besonderen Tag vor Augen des Arbeitgebers würdig zu gestalten.“ Unter anderem soll am Eingang des Call-Centers gegrillt werden.

Unterstützung bekommen die Streikenden von der Landtagsfraktion DIE LINKE. Sie bringt zur kommenden Landtagssitzung einen Antrag unter der Überschrift „Keine Löhne unter 8,50 Euro in Unternehmen mit öffentlicher Trägerschaft“ ein. Damit soll sich der Landtag unter anderem dazu bekennen, dass in Unternehmen mit öffentlicher Trägerschaft keine Löhne unter 8,50 Euro gezahlt werden dürfen und dass dies tarifvertraglich abzusichern ist. Der Niedriglohnsektor gefährde die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Sachsen-Anhalt in wachsendem Maße, heißt es von der Partei. Es sei daher insbesondere nicht hinnehmbar, dass in Unternehmen mit öffentlicher Trägerschaft noch immer Löhne unter 8,50 Euro pro Stunde gezahlt werden.

In der letzten Woche hatte bereits SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel die Streikenden besucht. Er hatte die Geschäftsführer von S-Direkt dazu aufgefordert, auf die Forderungen der Arbeitnehmer einzugehen. Das Unternehmen gefährde den guten Ruf der Sparkassen. „Das Call-Center S Direkt bekennt sich zu einem angemessenen Stundenlohn für die Mitarbeiter und hat dies mehrfach öffentlich erklärt“, macht ein S-Direkt-Srecher dagegen deutlich. „Nach dem kompromisslosen Abbruch der Tarifgespräche durch Verdi am 29. August 2012 hat die S Direkt beschlossen, Verbesserungen für die Mitarbeiter bei den sozialen Leistungen freiwillig umzusetzen und auch den Lohn in mehreren Schritten in den nächsten Jahren zu erhöhen. Dieses Maßnahmenpaket kommt allen Mitarbeitern zu Gute.“ Die Erhöhung beginne ab Januar 2013 und gehe über mehrere Stufen. Spätestens im Juli 2014 betrage der Stundenlohn in der S Direkt mindestens 8,50 Euro. Ab 2014 solle der Lohn dann weiter auf 9,00 Euro steigen. Mitarbeiter, die bereits heute 8,50 Euro und mehr Stundenlohn erhalten, bekämen eine lineare Gehaltssteigerung. „Diese Verbesserungen wurden auch mit den zuständigen Gremien des Unternehmens abgestimmt, die damit die Lohnerhöhungen unterstützen“, so S-Direkt. In den Gesprächen mit Verdi habe man mehrfach Vorschläge für eine Lohnerhöhung in mehreren Schritten unterbreitet, „da nur so die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben.“ Ein Unternehmenssprecher weist auch daraufhin, dass kein Vollzeit-Mitarbeiter der S Direkt eine Aufstockung des Arbeitslohns vornehmen muss. Vielmehr gebe es nur zehn sogenannte „Aufstocker“ im Unternehmen, die aufgrund einer Teilzeittätigkeit oder ihrer individuellen sozialen Situation zusätzliche staatliche Leistungen beziehen.

Das Call-Center S Direkt beschäftigt 950 Mitarbeiter an vier Standorten im Bundesgebiet. Am Hauptsitz in Halle sind 800 Mitarbeiter beschäftigt. Seit dem 9. Juli 2012 wird das Unternehmen von Verdi bestreikt. Rund 85 Prozent aller Mitarbeiter beteiligen sich nach Unternehmensangaben nicht an dem Ausstand. Alle Telefonservices seien für die Kunden weiterhin erreichbar. Ver.di dagegen spricht von etwa 300 Streikenden.

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