Gewerbliche Kammern aus Halle (Saale) und Leipzig stellen Konjunkturbericht vor: „Blick nach vorn ist pessimistisch!“

21. Juni 2022 | Wirtschaft | Keine Kommentare

Die erhoffte Erholung der mitteldeutschen Wirtschaft nach Ende der vierten Corona-Welle ist abgebrochen. Das zeigt die gemeinsame Konjunkturumfrage der Handwerkskammern sowie der Industrie- und Handelskammern (IHKs) aus Leipzig und Halle (Saale), die für insgesamt 145.000 Unternehmen in der Region stehen.

Prof. Dr. Steffen Keitel, Präsident der IHK Halle-Dessau, und Matthias Forßbohm, Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig, werden die Ergebnisse in Halle (Saale) am 21. Juni 2022 vorstellen. Demnach ist der Konjunkturklimaindex für Mitteldeutschland im Frühjahr 2022 deutlich auf jetzt 32,1 Punkte gesunken. Zum Vergleich: Im vergangenen Herbst hatte der Indexwert noch fast doppelt so hoch gelegen.

„Zwar bewerten viele mitteldeutsche Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage durchaus gut“, erklärt IHK-Präsident Prof. Keitel: „Aber hohe Energiepreise und knappe Grundstoffe drücken auf die Stimmung.“ Der Blick nach vorn sei daher pessimistisch. „Putins Krieg und die damit verbundenen Sanktionen würgen die Erholung der mitteldeutschen Wirtschaft ab.“, so Prof. Keitel. Insbesondere in der Industrie – traditionell der Konjunkturmotor – hätten sich die Geschäftserwartungen drastisch verschlechtert. Handwerkskammer-Präsident Forßbohm ergänzte: „Auch im Handwerk ist die Stimmung verhalten: Ungeachtet aller Gegenmaßnahmen steigt die Belastung der Betriebe an.“

Rohstoffmangel, Energiepreise und die daraus folgende Inflation drückten einige Konjunkturindikatoren nach unten, berichten die beiden Präsidenten: So schätzen etwa die Exportunternehmen ihre Perspektive im Frühjahr deutlich schlechter ein als noch vor Jahresfrist. Immerhin erlöste das verarbeitende Gewerbe in Mitteldeutschland 2021 jeden dritten Euro im
Außenhandel. Auch bei der Planung für langfristige Investitionen sind viele Unternehmen über alle Branchen hinweg vorsichtiger als zuvor. „Der Investitionsindex ist zwar rückläufig, dreht aber immerhin nicht ins Minus – das heißt: Die langfristigen Investitionen werden nicht abgeblasen, eine Resthoffnung bleibt.“, kommentierte Präsident Prof. Keitel. Auf ein erfreuliches Zeichen verweist Präsident Forßbohm, die Personalnachfrage: „In den kommenden Monaten planen wieder mehr Unternehmen, Beschäftigte einzustellen – das sah vor einem Jahr noch ganz anders aus. Hoffentlich werden sie auch fündig!“

Gewerbliche Kammern mahnen wirtschaftspolitische Gegenmaßnahmen an: Die Konjunktur in Mitteldeutschland ist ins Straucheln geraten. Um dem Abwärtstrend aktiv entgegenzuwirken, fordern die Wirtschaftskammern konkrete wirtschaftspolitische Impulse:

  • Fachkräftegewinnung – Daueraufgabe unserer Gesellschaft!
    Handwerkskammer-Präsident Forßbohm betonte: „Die duale Berufsausbildung ist die Basis für die Fachkräfte der Zukunft und muss daher mehr gesellschaftliche Wertschätzung erfahren. Kontinuierliche berufliche Weiterbildung ist in allen Branchen unerlässlich, dafür brauchen besonders kleine und mittlere Unternehmen staatliche Unterstützung. Und nicht zuletzt muss mehr qualifizierte Zuwanderung von Fachkräften zeitnah, praxisorientiert und unbürokratisch organisiert werden.“
  • Wettbewerbsfähige Energiepreise sichern!
    IHK-Präsident Prof. Keitel stellte fest: „Der hohe Strompreis stellt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft in Frage. Tabus und Denkverbote darf es deshalb bei den Gegenmaßnahmen nicht geben, das heißt konkret: Die Belastung der Energiepreise durch Steuern und Umlagen senken und bürokratische Hürden für den Ausbau erneuerbarer Energien abbauen!“
  • Strukturwandel ermöglichen!
    Die Wirtschaftskammern mahnten überdies eine veränderte Strategie beim Strukturwandel an. Prof. Keitel: „Die Förderung auf öffentliche Infrastrukturinvestitionen zu beschränken, ist wenig zielführend. Nachhaltige Wertschöpfung und langfristiges Wachstum werden nur durch neue oder wachsende Unternehmen geschaffen – und diese brauchen auch direkte
    Zuschüsse, etwa für Innovationen.“
  • Investieren und konsolidieren: Solide Finanzen als Standortfaktor. D ie coronabedingten Defizite in den öffentlichen Kassen sollten nachAnsicht der Unternehmensvertreter zielgerichtet konsolidiert werden.
    Präsident Forßbohm hielt fest: „Auch der Staat muss Prioritäten setzen. Dazu zählen Bildung, digitale Infrastruktur und sichere Energieversorgung.“
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