„Energiegipfel“ bei Ministerpräsident Reiner Haseloff: IHK-Mitglieder schieben Panik

16. August 2022 | Wirtschaft | 2 Kommentare

Die Gas- und Strompreiskrise wirkt sich dramatisch auf die sachsen-anhaltischen Unternehmen aus. Dies zeigt eine aktuelle Repräsentativumfrage der Industrie- und Handelskammer Halle- Dessau (IHK) unter 600 Unternehmen im Süden des Landes. Die IHK hat die Ergebnisse exklusiv in den „Energiegipfel” bei Ministerpräsident Reiner Haseloff eingebracht. „Die Unternehmen sind über alle Branchen hinweg stark verunsichert und rechnen mit massiv steigenden Kosten”, berichtete Reinhard Schröter, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer. Und weil viele Betriebe – beispielsweise auch aus Gastgewerbe, Dienstleistungen und Handel – deshalb nun die Preise weiter erhöhen wollten, rechnet die IHK mit steigendem Inflationsdruck.

„Alarmierend dabei ist: Trotzdem drehen jetzt die Gewinnerwartungen der Firmen, die sich nach der abgeflauten Pandemie gerade wieder erholt hatten,
flächendeckend deutlich ins Minus.“ Die IHK hat deshalb beim Magdeburger „Energiegipfel“ davor gewarnt, etwa bei Gas-Einsparplänen die
energieintensive Industrie gegen sogenannte geschützte Kunden auszuspielen.
Gerade auf der Grundstoffindustrie im Land bauten in der Folge viele systemrelevante Produzenten und Lieferanten auf. „Wenn etwa kein Ammoniak
produziert werden kann, wird Dünger und ‚Ad Blue‘ fehlen, und ohne dieses kein Lieferverkehr mit Diesel-LKW fließen“, warnt Schröter. „Wir müssen
gemeinsam einen solchen Crash vermeiden!“

Die IHK unterstütze deshalb den Ministerpräsidenten, wenn er sich politisch für eine Lösung einsetzt, die Wertschöpfungsketten berücksichtigt. In der
Diskussion habe sich die IHK dafür stark gemacht, dass zumindest staatliche Energiepreiskomponenten wie der nationale CO2-Preis oder die Stromsteuer
reduziert und finanzielle Unterstützungsprogramme für besonders betroffene Unternehmen aufgesetzt werden.

Die Daten sind im Rahmen der regelmäßigen IHK-Konjunkturumfrage erhoben worden – hier ausgewählte Ergebnisse:

· Starke Verunsicherung. Vier von fünf Unternehmen (82 Prozent) im südlichen Sachsen-Anhalt nennen Energie- und Rohstoffpreise als massives
Risiko für ihren wirtschaftlichen Erfolg. Zum Vergleich: Den Fachkräftemangel nennen 52 Prozent der Befragten, Arbeitskosten sind für 51
Prozent ein Problem (Mehrfachnennungen möglich).

· Allzeithoch, Tendenz steigend. Der Wert ist knapp doppelt so hoch wie das langjährige Mittel. Zum Vergleich: Vor einem Jahr sorgten sich 64 Prozent
der repräsentativ befragten Unternehmen um die Energiepreise, im zweiten Quartal 2020 gerade 30 Prozent.

·  Preiserhöhungen auf breiter Front. Laut IHK-Umfrage planen die Firmen in allen Branchen, die gestiegenen Kosten in den kommenden Monaten an ihre jeweiligen Kunden weiterzugeben:

Industrie                                                      70 Prozent

Baugewerbe                                                62 Prozent

Dienstleistungswirtschaft                          67 Prozent

Handel                                                         73 Prozent

Verkehr und Logistik                                   74 Prozent

Gastgewerbe                                               81 Prozent

· Gewinnwarnung. Über alle Branchen hinweg ergibt sich im zweiten Quartal 2022 ein Saldo der Gewinnlage bei den Unternehmen im IHK- Bezirk von -24 Punkten (dafür werden positive und negative Meldungen gegeneinander gerechnet). Dieser Wert ist nun seit elf aufeinander folgenden Quartalen
negativ.

· … auch in der heimischen Industrie. Die Gewinnlage hat sich bei den regionalen Industrieunternehmen deutlich verschlechtert. Der Saldo aus
positiven und negativen Meldungen sank von -9 Punkten zu Jahresbeginn auf aktuell -21 Punkte. (119/2022)

Print Friendly, PDF & Email
2 Kommentare

Kommentar schreiben