Verwechslungskomödie statt Beziehungsdrama

12. Dezember 2021 | Kultur, Nachrichten, Tipps | Keine Kommentare

Auch wer Tristans Schiff betreten möchte, um mit ihm und Isolde in´s Beziehungsdrama zu starten, muß 2G-plus erfüllen. Offensichlich gelang dies leider nicht allen teilnehmenden Künstlern und so mußte König Marke vergebens auf Isolde warten und ebenso etliche Operngäste an der Abendkasse –  nicht vergebens aber ausdauernd – da ein reges Kartentauschgeschäft Wagner gegen Britten erfolgte.

Die in Halle zuletzt 2005 aufgeführte Vertonung des genialen Shakespearschen Sommernachtstraumes  durch seinen Landsmann Benjamin Britten gehört zu den ersten Inszenierungen unseres neuen Opernchefs Walter Sutcliff. Der damit unter doppelter Beobachtung steht, zum einen wegen des Regiedebuts zum anderen als Brite und somit aus teutonischer Sicht nativer Shakespeare und Britten „Versteher“

Brittens 1960 komponierte Oper wird in der einschlägigen Literatur gern als eine der erfolgreichsten Opern der Nachkriegszeit bezeichnet, allerdings ein echter Publikumshit ist sie dennoch nicht. Vielleicht hatte der Regisseur deswegen ein als Handwerker verkleidetes Ensemblemitglied an der Tür postiert, um eventuell zweifelnde Gäste von der Umkehr Richtung Zuhause und Wagner-CD abzuhalten. Kaum drinnen wurde schon im Foyer heftig gekuschelt (Knutschen geht wohl dank Covid nicht), somit war klar, das vertrackte Thema Liebe wird den Abend bestimmen. Auch auf der Bühne unterhaltsames Vorgeplänkel vorm Vorhang und schon geht´s los. Dieser öffnet sich und auch wieder nicht … und nun sei nicht zu viel verraten, denn das Bühnenbild ist schlicht aber ansprechend. Mit einem einfachen Trick wird räumliche Tiefe erzeugt. Raumbühne auf Britisch zum halben Preis war mein erster Gedanke … aber nicht zu viel Vergleiche mit alten umstrittenen Zeiten…

Da Bühnenbilder in der heutigen Opernzeit nicht immer auf das Stück schließen lassen, wird manchem Opernbesucher, der nur des lieben Friedens willens seinem Ehepartner in die Oper begleitete und nicht alle Umbuchungen aufmerksam verfolgt hatte, spätestens nach den ersten Tönen klar. Dies ist kein Wagner! Brittens Tonsprache ist durchdrungen vom Klang der 50iger / 60 iger Jahre. Also nicht immer harmonischer Wohlklang, aber andererseits rhythmisch lebendig, durchaus witzig instrumentiert und somit definitiv nicht langweilig. Sogar einige schöne Melodien schimmern durch. Das Schlagwerk, die Holz und Blechbläser (Sonderlob Trompete) der Staatskapelle waren schwer beschäftigt und klangen dennoch freundlich verspielt. Der Streichersound wartete mit ungewohnten Glissandi auf, hier und da mehr Üppigkeit im Klang wäre wünschenswert, war aber vom Komponisten wohl nicht gewollt. Volle Absicht steht hinter der Besetzung des Oberon als Countertenor. Ein echtes Highlight sind die bekannten Szenen der Handwerker, die versuchen ein Stück einzustudieren. Hier wird es unterhaltsam ironisch und das weiß Britten musikalisch gut zu untermalen. Gerd Vogel als Handwerker Zettel, der dann ja die bekannte Wandlung zum Esel zu erdulden hat, spielt wie auch das übrige Ensemble mit Witz und singt mit Verve. Insgesamt kann die Vorstellung als gelungene Ensembleveranstaltung gewertet werden. Sang- und klanglich haben sie aus Brittens Theaterstück mit Musik – eine echte Oper ist das eigentlich nicht – das allermeiste herausgeholt.

Walter Sutcliff hat Mut mit der Auswahl des Stückes und gelungenes Handwerk mit der Inszenierung bewiesen. Somit besteht Hoffnung für alle Freunde der Oper auf weitere unterhaltsame Abende. Allen aufgeschlossenen Freunden nicht aller Tage zu hörender Stücke, sei dieser Sommernachtstraum durchaus empfohlen.

 

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