Vier Jahre nach Blockade des Atommüll-Transports bei Halle: Freispruch für Castorgegner
13. November 2014 | Vermischtes | 14 KommentareNach fast vier Jahren Ermittlungen und drei Verhandlungstagen wurden die angeklagten Anti-Atom- und Robin-Wood-Aktivisten freigesprochen.
Laut Anklage sollen sie im Februar 2011 einen Castortransport von Karlsruhe nach Lubmin auf der Saalebrücke bei Schkopau blockiert haben. Zwei ROBIN WOOD-Aktivisten hatten sich dort von einer Brücke über die Saale abgeseilt, so dass sich die Weiterfahrt des Castor-Transports um fast zwei Stunden verzögerte. Die Anklage lautete auf gemeinschaftliche Nötigung.
Währen des dritten Verhandlungstages am Amtsgericht in Merseburg plädierte die Staatsanwaltschaft überraschend auf Freispruch. Es mangele an Beweisen, eine strafbare Nötigung sei nicht gegeben. Der Richter führte aus, dass es für den Straftatbestand der Nötigung immer ein Nötigungsopfer geben muss. Nach der Zeugenvernehmung am zweiten Verhandlungstag wurde deutlich, dass dieses Nötigungsopfer nicht vorhanden ist. Demzufolge fiel nach 12 Minuten Verhandlungsdauer das Urteil des Richters auf Freispruch aller Angeklagten.
Von Seiten der Angeklagten wurde das Urteil kommentiert: „Dieser Schritt war längst überfällig. Es war von vornherein ungerechtfertigt, Personen die friedlich und gewaltfrei gegen die Atomindustrie protestieren zu kriminalisieren und mit jahrelangen Strafverfahren zu überziehen. Kriminell sind vielmehr die andauernden Atommüll-Schiebereien, mit denen ungelöste Entsorgungsprobleme auf folgende Generationen abgewälzt werden sollen.“
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Ich frage mich, wovon du nachts träumst… 😀
@braegel
„politisch-korrekte Klassenjustiz“ cooler Begriff, klingt nach „gerader Kurve“; but it sounds so good.
Sicher wird braegel noch erklären welche Klasse gegen welche Klasse die Justiz eingesetzt hat, und das sogar „politisch korrekt“ also im anerkannten gesellschaftlichen Konsens.
Ich bin da echt gespannt.
@mcPoldi, @Lackmus
Die Bundesrepublik wird ob der Anti-AKW- Proteste nicht gleich zusammenbrechen. Spannend wird es nur wenn auch ihr euch dann zu Zugblockaden aufmacht.
https://www.youtube.com/watch?v=1XpUGyVq9jE
Ich sehe schon, wie sich SfK von der Berliner Brücke abseilt, wenn dort der nächste Autozug durchrollt, ist ja schliesslich politischer Protest… 😀
Dummes Geschwätz! Man kann vor Firmen protestieren, man kann auf Marktplätzen protestieren, man kann vor Gebäuden mit Politikern protestieren, es gibt viele Möglichkeiten. Ein Eingriff in den Bahnverkehr ist und bleibt eine Straftat. Nur sehen Scheuklappen tragende, welt- und realitätsfremde Justizkasper das offensichtlich nicht.
Dann doch aber bitte nicht „Im Namen des Volkes“, sondern „In Willkür der Realitätsfremden“!
politisch-korrekte Klassenjustiz, leider in S-A wieder verstärkt anzutreffen
Also darf ich in Zukunft Bahntrassen straffrei blockieren wenn ein Güterzug kommt der Fracht geladen hat die mir nicht gefällt. Muss ich mich da selbst von einer Brücke baumeln lassen oder reicht es wenn ich Betonplatten auf die Gleise lege oder Wurfanker über die Oberleitung werfe damit die runtergerissen wird. Wenn damit der Zug aufgehalten wird sage ich das war politischer Protest den müsst Ihr aushalten.
Nicht falsch verstehen Protest ist okay die Demonstrationen auf Marktplätzen oder vor den Verladepunkten ist okay. Nur wenn Strassen oder Bahnanlagen unterhöhlt werden damit dort kein LKW oder Zug langfahren kann ist das kein politischer Protest mehr sondern sind das Straftaten die geahndet werden müssen.
Was passiert eigentlich wenn so ein Zug mal nicht anhält, haben die „Aktivisten“ vorher Ihr Testament gemacht.
@McPoldi
Die Staatsanwaltschaft hat sich offensichtlich nicht nach Deiner unmaßgeblichen Meinung gerichtet und dieses entsprechend nicht in den Prozess eingeführt. In einer Demokratie sollte man politischen Protest aushalten können müssen, auch wenn man nicht dieser Meinung ist. Es ist schon erstaunlich mit welcher Vehemenz hier im Forum eine Kriminalisierung etablierter politischer Aktionsformen gefordert wird.
„plädierte die Staatsanwaltschaft überraschend auf Freispruch. Es mangele an Beweisen, eine strafbare Nötigung sei nicht gegeben.“
Ansonsten wäre es ein fundamentaler Eingriff in die Grundrechte gewesen, wenn das Demonstrationsrecht durch den Nötigungvorwurf erfolgreich eingeschränkt werden könnte.
@Fractus, du verwechselst politischen Protest mit strafbaren Handlungen, hier lag eine strafbare Handlung vor, die nur auf Grund der falschen Anklageformulierung von vorn herrein zum Scheitern verurteilt war.
Die Anklage hätte auf „gefährlichern Eingriff in den Bahnverkehr“ lauten müssen diesen Mut hatten aber die Ankläger wohl in der Zeit der der sich wandelnden Politischen Meinung nicht.
Dieses Urteil ist ein Freibrief für Umweltaktivisten in Zukunft jegliche von Ihnen nicht akzeptierte Industrieanlage oder Transporte aus oder zu selbiger zu sabotieren.
Würde mich nicht wundern wenn demnächst wieder Zootiere befreit, oder Gleisanlagen aus Braunkohletagebauen auf seltsame weise abhanden gekommen sind. Läuft doch unter politischen Protest. Ich warte nur darauf wenn sich die ersten Greepeaceaktivisten an den Kohlebaggern oder Kohlezügen festketten hat man doch nach dem Atomausstieg ein neues Feindbild die Braunkohleverstromung.
Ich finde es vernünftig, dass endlich auch die Staatsanwaltschaft die Bundesrepublikanische Rechtsprechung zu Kenntnis nimmt. Immerhin gab es ja wohl mal das sogenannte Mutlangen-Urteil des BVerfG.
Angesichts der wohl offenkundig eindeutigen Rechtslage fällt das eingeleitete Strafverfahren ebenso wie die Anklageerhebung ziemlich klar unter die Kategorie der politischen Justiz. Ich bin froh, dass die angestrebte Kriminalisierung von politischen Protest in diesem Fall gescheitert ist.
Für mich ganz klar eine politische Entscheidung.
Nötigung? Geht’s noch? Das war ein schwerer Eingriff in den Bahnverkehr und der ist absolut strafbar, da braucht es keine direkten Opfer…
Leider versagt, liebe StA…
Vier Jahre wird auf Kosten des Steuerzahlers ermittelt, um dann bei einem Verhandlungstag und nochmal 12min den Prozess zu beenden. Sehr effizient. Dann hätte man gleich sagen können das hier nicht Recht, sondern politisches Signal gesprochen werden soll. Das Nötigungsopfer ist in diesem Fall die Bahn als Logistikunternehmen, welche nicht pünktlich liefern konnte.
Die deutsche Justiz ist einfach nur lächerlich und unglaubwürdig!
Das ist allerdings richtig, jedoch rechtfertigt das keinen schweren Eingriff in den Bahnverkehr. Und so hätte auch die Anklage lauten müssen.
Da fasst man sich an den Kopf und fragt sich was unsere Juristen auf der Universität lernen, bekommen noch nicht mal ne vernünftige stichhaltige Anklage hin.
Demnächst werden Güterzüge von BASF blockiert weil sie zum bösen Chemiekartell gehören oder böse Düngemittel transportieren.
Interessant, dann ist also das Blockieren von Güterzügen straffrei gestattet, denn es gibt ja kein Nötigungsopfer.
Erstaunlich was unsere Juristen aus ihrem Paragraphendschungel alles herausfinden.