Streit um Kurt Wabbel: Legende oder Legendenbildung

6. September 2013 | Vermischtes | 10 Kommentare

Jahrzehnte trug Halles Stadion den Namen „Kurt Wabbel“. Der verschwand im Zuge der Sanierung, die neue Fußball-Arena heißt nun „Erdgas Sportpark“. Die Gedenktafel für den einstigen kommunistischen Stadtverordneten, der im KZ starb, hängt noch, ist aber kaum lesbar. Die Linken fordern deshalb im Stadtrat, die im Denkmalverzeichnis stehende Tafel zu restaurieren.

Schon vor der Eröffnung des neuen Stadions habe es im Rat die Zusage gegeben, die Tafel in Ordnung zu bringen, meinte Erwin Bartsch (Linke) im Kulturausschuss. Es stehe zudem auf der Denkmalliste.

Der Historiker Frank Hirschinger (CDU) hält dagegen nichts davon, die Tafel am Stadion zu lassen. Eine Restaurierung könne man machen. Dann aber sollte die Tafel anschließend mit einer Erläuterung im Stadtmuseum ausgestellt werden. Denn Kurt Wabbel sei keinesfalls die Person gewesen, wie sie die DDR-Propaganda darzustellen versuchte. Hirschinger hat in einem Buch auch über Wabbel geschrieben. Für seine Recherchen habe er auch polizeiliche Protokolle von 1948 gelesen, in denen Mitgefangene aus dem KZ ein völlig anderes Bild zeichnete. So hätte dieser sich zu sehr mit der SS eingelassen, habe einen Hund halten dürfen und durfte sich auch außerhalb des KZ bewegen. Daneben soll er sich an Verhören von 21 polnischen und russischen Gefangenen gewalttätig mitbeteiligt haben. Am 26. Mai 1944 starb er. Die Todesumstände sind unklar, „die einen sagen Selbstmord, andere sprechen von einem Racheakt der Mitgefangenen“, so Hirschinger. Er stört sich auch am Text der Tafel. Zu lesen sei beispielsweise „er erfüllte im KZ Wernigerode seine proletarische Pflicht“. Daneben stehe geschrieben, dass es als Stadtverordneter gegen den Krieg gestimmt hat. Diese könne zeitlich nicht stimmen, Wabbel sei nur von 1930 bis 1932 Stadtverordneter gewesen. Die damaligen Sitzungen habe Wabbel immer wieder gestört, musste sogar polizeilich abgeführt werden. Deshalb sollte die Tafel lieber restauriert ins Stadtmuseum. „Alles andere wäre aus meiner Sicht eine Fortschreibung der Legendenbildung“, so Hirschinger.

„Ich nehme nur das für wahr, was ich selbst recherchiert habe“, zweifelte Erwin Bartsch die Aussagen Hirschingers an. „Ich bin sehr skeptisch.“ Für Detlef Wend (SPD) ist dagegen die Entscheidung schon gefallen: „Die Tafel gehört ins Museum.“

Die Mehrzahl der Räte stimmte anschließend gegen den Linken-Vorschlag zur Restaurierung. Nur zwei Ja-Stimmen von den beiden Kulturausschuss-Mitgliedern der Linken gab es. Das letzte Wort hat der Stadtrat.

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