Hochhaus-Scheiben in Neustadt: Verein gegen Abriss
19. Februar 2014 | Vermischtes | 4 KommentareSeit Jahren stehen vier der fünf Hochhaus-Scheiben in Halle-Neustadt leer. Oberbürgermeister Bernd Wiegand will bis Sommer nächsten Jahres ein Nutzungskonzept vorlegen. In einem letzten Schritt könnte dann der Abriss stehen.
„Alle Städteplaner und Architekten, insbesondere das Bauhaus Dessau, sprechen diese Scheiben heilig und wünschen sich den Erhalt“, so Udo Mittinger, Vorsitzender vom Halle-Neustadt-Verein. „Doch das Leben ist kein Wunschkonzert denn eine Lösung haben sie alle nicht. Das große Problem ist die Situation auf dem Immobilienmarkt im ostdeutschen Raum und insbesondere mit solchen großen Hochhäusern. Investoren sind auf lange Sicht nicht vorhanden. Das ist das eigentliche Problem.“ Ein Nutzungskonzept sei nicht nötig, denn dies werde ein eventueller Investor nach seinen Vorstellungen erstellen.
Eine weitere Idee ist preiswerter Wohnraum für alte Menschen. Diesen Wunsch hat die Seniorenbeauftragte Kerstin Riethmüller geäußert. „Wenn eine Scheibe für altengerechte Wohnungen saniert wird, sind die Kosten so immens hoch, dass die Miete jenseits von Gut und Böse des halleschen Mietspiegels landet“, meint Mittinger. „Aus meiner Sicht brauchen wir sehr zeitnah ein Verwertungskonzept für das gesamte Ensemble.“
Mit Freude habe er vernommen, dass OB Wiegand spätestens im Jahr 2015 eine Lösung anstrebt. „Gerade der 50. Jahrestag dieses schönen Neubauviertels sollte ein zwingender Anlass sein, hier endlich eine Lösung zu schaffen.“ Mittinger stellt sich dabei die Frage, wie Wiegand die tausend ungelösten Probleme kurzfristig klären will. „Noch sind die Hochhausscheiben nur ein Schandfleck, aber es besteht die große Gefahr, dass sie der Herd von Verslumungserscheinungen sind. Denn in die Wohnungen, aus denen man auf die Hochhausscheibe sieht, will schon heute kaum noch jemand einziehen und das Hotel wird die Zimmer, aus denen man auf die Scheibe schaut, kaum noch los.“
Mittinger erklärt, dass sich an diesen Prozess derzeit alle Beteiligten die Frage stellen müssen, welche Bedeutung solch ein Highlight der Architektur für Halle hat und wie man damit umgeht. „Auch wenn die Lösung hochkompliziert und sehr teuer ist, sollten sich alle das Ziel setzen, dieses Wahrzeichen zu erhalten. Gegebenenfalls verändern, aber nicht beseitigen.“ Der Vereinsvorsitzende führt das märkische Viertel in Berlin an, welches ebenfalls sehr herunter gekommen und kaum noch frequentiert war. „Hier hat die Stadt, mit vielen hundert Millionen Fördermitteln, dieses Viertel hochwertig saniert und heute ist das märkische Viertel in ganz Berlin eine sehr gefragte Adresse. Kann Halle einen solchen Weg gehen?“ Mittinger sagt zu, dass sich sein Verein weiterhin intensiv für eine Lösung „dieses wohl größten Problems auf dem städteplanerischen Sektor einsetzen wird. Bei aller Kompliziertheit dieses Problems ist doch wohl allen klar, dass die Stadtverwaltung nicht nur die Planungshoheit für die Gesamtstadt hat, sondern auch die Planungsverantwortung. Aus diesem Grund muss die Verwaltung handeln. Wie die Lösung auch immer aussehen wird, ist bisher noch nicht gefunden.“
Für Mittinger sind die Scheiben wichtig. „Früher baute man Kirchtürme und Rathaustürme um für die jeweilige Stadt ein Wahrzeichen zu setzen. Beim Bau von Halle-Neustadt errichtete man 5 Hochhausscheiben als prägendes architektonisches Wahrzeichen.“ Als Wohnheim und Bürohäuser hätten sie bis zur Wende hervorragend funktioniert. „Das würden Sie auch heute noch tun, aber keiner will sie.“ Die Scheiben seien als Bürohochhaus vortrefflich geeignet, zum Beispiel für das Finanzamt. „Das Land baut lieber eine ähnlich große Einheit neu. Man muss sich fragen, wie haben hier unsere Landtagsabgeordneten von Halle Ihre Verantwortung wahrgenommen.“
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Da wird es noch viel Gesprächsstoff geben. Das das alles mal funktioniert hat und die „Scheiben“ mal ein Wahrzeichen waren ist unstrittig. Leider ist auch viel auf Verschleiß gefahren worden und der Sanierungsaufwand eben angestiegen. Die Vorschläge zur Nutzung (Finanzamt, MMZ etc.) sollte trotzdem nicht aus den Augen gelassen werden. Es hätte an der Spitze auch nur eine Tiefgarage gereicht und oben drüber bischen grün mit Freisitzen.
Bietet sich doch ein Umbau zum MMZ an.
Mit jedem Jahr des Leerstandes ist die Verwertung der Scheiben schlechter geworden. Da
Ss es geht, zeigt Scheibe D. Mittinger war lange Boss der GWG. Unzweifelhaft brauchte die GWG ein neues Verwaltungsgebaeude. Aber warum hat die GWG nicht eine Scheibe saniert? Einige Etagen als Verwaltung, den Rest als bewirtschaftete Appartments? Hätte auch paar ArbeitsPlätze gebracht.
Mittinger (und die früheren OBinnen) wohnten alle mal in Karstadt. WEG.
Die, die im Nachbarschaftszentrum Pusteblume über FörderMittel bezahlt werden, wohnen die in der Nachbarschaft? Parkplatz, damit sie recht schnell wieder wegkommen.
Verantwortung von Landtagsabgeordneten? Seit wann gibt es so etwas? Das Interesse erschöpft sich doch meist in der Anpassungsfrage der Diäten, alles andere erledigen für sie diese „Parteien“. Eigene Verantwortung ist da nicht mehr nötig.