Auch Change.org e.V. wird die Gemeinnützigkeit entzogen

16. Dezember 2019 | Vereinsleben | 9 Kommentare

Kurz vor Weihnachten erreicht uns die Nachricht, dass das Finanzamt Berlin nun dem nächsten Verein, nämlich dem Change.org e.V., die Gemeinnützigkeit entziehen will. Diese sind nach attac, Campact und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes jetzt der vierte prominente Verein, der die Gemeinnützigkeit verlieren könnte. An Zufall möchte der Verein nicht mehr glauben. Während der Wirtschaftslobbyismus ungeahnte Ausmaße erreicht, völlig unkontrolliert ist und noch dazu als Unternehmensausgabe ganz selbstverständlich steuerbegünstigt ist, geht der Angriff auf die spendenfinanzierte Zivilgesellschaft weiter, erklärt uns Change.org.

Der Verein wird sich mit allen juristischen Mitteln dagegen wehren, teilt er uns mit. Denn Change.org ist als gemeinnützig anerkannt für die Förderung des demokratischen Staatswesens. Und genau das tun sie nach eigenen Angaben: Wir ermöglichen Menschen die Wahrnehmung ihres Petitionsrechts aus Artikel 17 Grundgesetz. Dort heißt es: Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.” Dazu stellen wir eine entsprechende Petitionsplattform zur Verfügung und beraten Petitionstarter*innen direkt oder indirekt, wie sie ihr Petitionsrecht optimal wahrnehmen und erfolgreich sein können. Für das, was wir tun, gibt es keine passendere Bezeichnung als „die Förderung des demokratischen Staatswesens”.

Juristisch ist die Begründung des Finanzamts Berlin absurd, meint Change.org: In der Begründung führt das Finanzamt an, dass unsere Petitionsstarter*innen überwiegend politische oder gar Einzelinteressen verfolgen. Als Beispiel werden die Kampagnen von Marianne Grimmenstein zur Bürgerklage gegen CETA oder die Petition von Gabi Müller, Mutter eines Loveparade Opfers, mit der Forderung der strafrechtlichen Aufarbeitung der Loveparade Katastrophe angeführt. Beide Petitionen waren übrigens teilweise erfolgreich und wurden von jeweils mehr als 300.000 Menschen unterstützt. Von der Verfolgung von Einzelinteressen kann hier daher keine Rede sein.

Als weiteren Grund führt das Finanzamt an, dass wir uns als deutscher Verein eine globale Plattform mit anderen Ländern teilen und diese daher nicht selbst unmittelbar betreiben. Auch dieses Argument ist für uns nicht nachvollziehbar. Denn ohne unser deutsches Team gäbe es keine deutsche Sprachvariante von Change.org. Wir nutzen die globale Plattform und zahlen für die Nutzung eine entsprechende Lizenzgebühr. So spart der Verein Geld, denn die Nutzung der globalen Infrastruktur ist deutlich billiger als eine eigene Petitionsplattform zu programmieren. In unseren Augen ist vollkommen klar, dass wir, das Team des Change.org e.V., die deutsche Fassung der Plattform unmittelbar betreiben.

Wie geht es weiter: Aktuell wartet der Verein auf den Aberkennungsbescheid des Finanzamts. Der zuständige Sachbearbeiter hat uns die Entscheidung bisher nur telefonisch mitgeteilt und wartet noch auf eine Absegnung der Entscheidung von der Berliner Senatsverwaltung. Dann kann vermutlich der Klageweg beschritten werden.

Unverständlich werden diese Urteile, wenn gleichzeitig rechtsextremistisch verdächtige Vereine wie Uniter, gerade im Zusammenhang mit der CDU in Bitterfeld bekannt geworden, gemeinnützig bleiben können. Gemeinnützig können auch Lobbyvereine der Industrie arbeiten, die das Gemeinwohl für Wirtschaftsinteressen schädigen.

Eine Meldung des Change.org e.V, ToK

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