Höhere Löhne: Protest bei Fleischkonzern Tönnies in Weißenfels

21. April 2021 | Veranstaltungen, Wirtschaft | Keine Kommentare

Beschäftigte am größten Schlachtbetrieb Ostdeutschlands, dem Weißenfelser Standort des Fleischkonzerns Tönnies, wollen am kommenden Freitag, den 23. April, für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen in ihrer Branche protestieren. Mit der vierstündigen Aktion soll der Druck auf die Arbeitgeber erhöht werden, einen Tarifvertrag für die bundesweit rund 160.000 Beschäftigten in der Fleischwirtschaft abzuschließen. Dies erklärte hierzu heute die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die Tarifverhandlungen waren zuvor nach drei ergebnislosen Runden Ende März unterbrochen worden.

„Mehrere Corona-Ausbrüche unter Schlachthofmitarbeitern im vergangenen Jahr haben ein Bewusstsein für die harten Arbeitsbedingungen insbesondere osteuropäischer Beschäftigter geschaffen. Nach dem Verbot von Werkverträgen durch die Politik muss jetzt auch Clemens Tönnies beweisen, dass er zu einem echten Wandel der Fleischbranche bereit ist. Dazu zählen Löhne, von denen die Menschen leben können!“, erklärte Jörg Most von der NGG-Region Leipzig-Halle-Dessau.

Nach Informationen der Gewerkschaft arbeitet ein Großteil der 2.200 Beschäftigten in Weißenfels zum gesetzlichen Mindestlohn von 9,50 Euro pro Stunde. Solche Niedriglöhne seien für den Knochenjob in der Schlachtung und
Zerlegung inakzeptabel. Es könne folglich nicht sein, dass die überwiegend aus Osteuropa stammenden Mitarbeiter, die bisher über Werkverträge beschäftigt waren, weiterhin deutlich schlechter bezahlt werden als das heimische
Personal, kritisierte Most. Branchenführer Tönnies müsse nun dafür sorgen, dass die Vesprechungen nach besserem Lohn nicht wie bislang unerfüllt bleibe.

Für die Beschäftigten in der Fleischwirtschaft fordert die Gewerkschaft NGG einen Mindestlohn von bundesweit 12,50 Euro pro Stunde, der nach einer kurzen Einarbeitungszeit auf 14 Euro steigen soll. Facharbeiter sollen auf
einen Stundenlohn von mindestens 17 Euro kommen. Die Arbeitgeber hatten zuletzt einen Einstiegsverdienst von 10,50 Euro geboten, der bis Dezember 2023 auf zwölf Euro steigen soll. Die Gewerkschaft lehnt das Angebot als
unzureichend ab.

Die Protestkundgebung in Sachsen-Anhalt ist Teil bundesweiter Aktionen, mit denen die NGG die Arbeitgeberseite zur Rückkehr an den Verhandlungstisch bewegen will. Der Fleischkonzern Tönnies mit Sitz im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück lässt in Weißenfels 400.0000 Schweine pro Woche schlachten. Die Endprodukte werden über den Lebensmitteleinzelhandel unter verschiedenen Eigenmarken vertrieben.

Im Juni vergangenen Jahres hatten sich mehr als 1.500 Tönnies-Beschäftigte in Rheda-Wiedenbrück mit Covid-19 infiziert. In der Folge begann eine bundesweite Debatte um die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, die
die Bundesregierung über das seit Januar geltende Arbeitsschutzkontrollgesetz strenger prüfen will. Im Weißenfelser Werk kam es Anfang Dezember zu rund 170 Corona-Infektionen von Schlachthof-Beschäftigten.

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