Gedenken an Mauerbau in Berlin vor 61 Jahren

12. August 2022 | Veranstaltungen | 2 Kommentare

Am morgigen Samstag, dem 13. August jährt sich zum 61. Mal der Bau der Berliner Mauer, dieser hatte nach der Errichtung eines strikten Grenzregimes an der innerdeutschen Grenze am 13. August 1961 in Berlin auf über 100km Länge begonnen. Sie stellte bis zum Ende der DDR im Herbst 1989 einen Fluchtpunkt dar, an dem mehr als 140 Menschen ihr Leben verloren; davon auch 10 aus Sachsen-Anhalt.

Die Landesbeauftragte Birgit Neumann-Becker erklärte hierzu: „Bis zum Schluss wurde durch die Befehlshaber der Grenztruppen der Schießbefahl ausgegeben und damals sowie später, während der Mauerschützenprozesse bestritten, dass es ihn überhaupt gegeben habe.“

Heute weiß man, dass eines der Fluchtopfer auch der in Naumburg lebende Christian Peter Friese war. Aus Unzufriedenheit über die Verhältnisse in der DDR entschloss er sich am Heiligen Abend 1970 zur Flucht über Berlin. Beim Versuch über eine Kleingartenkolonie die Sperranlagen der Grenze zu überwinden, trafen ihn mehrere der von fünf Grenzposten abgegebenen Schüsse tödlich.

Beiderseits des Todesstreifens wurden in dieser Nacht Anwohner durch den Lärm der abgefeuerten Waffen geweckt. Denn eine Vielzahl der Schüsse schlug auch auf West-Berliner Seite in Bäume und Häuserwände ein. Obschon der Vorfall die Aufmerksamkeit der West-Berliner Polizei sowie Medien auf sich zog, vertuschte die Staatssicherheit die Todesumstände Christian Peter Frieses gegenüber den Angehörigen.

Erst 14 Tage später, am 7. Januar 1971 erhielt die Mutter des jungen Mannes Nachricht über dessen Tot. Bei der „Begehung strafbarer Handlungen“ sei der Sohn ums Leben gekommen. Da es sich hierbei um einen tödlichen Autounfall gehandelt habe, sei der Leichnam bereits eingeäschert worden. Diese wahrheitswidrige Mitteilung der Stasi hatte die Mutter mit einer unterschriebenen Erklärung zu bestätigen. Mit dieser wurde ihr auch die Zusicherung abgenommen, Bekannten gegenüber von einem Verkehrsunfall zu sprechen, bei dem ihr Sohn tödlich verunglückt war. „Im Interesse ihres Ansehens“ hatte die Mutter zudem die „Staatsorgane“ darum zu bitten, in gleicher Weise bezüglich der Todesumstände des Sohnes zu argumentieren. Im Februar 1971 wurde der Mutter schließlich die Urne ihres Sohnes überstellt. Die Beisetzung auf dem Städtischen Friedhof in Naumburg fand unter Beobachtung der Staatssicherheit statt. In den Akten der Stasi wird Christian Peter Friese offiziell als Verkehrstoter geführt.

Die Menschen im heutigen Sachsen-Anhalt verstanden den Bau der Berliner Mauer auch als letzten Schritt der Abschottung der DDR-Bevölkerung. Hatten sie doch seit den beginnenden 50er Jahren die Schließung der Grenze hautnah miterleben müssen. Aus der Absicherung der Demarkationslinie zwischen Ost- und West-Deutschland entwickelte sich in nur wenigen Jahren das verschärfte Grenzregime, dessen Sperrzone bis in das Alltagsleben der grenznahen Bevölkerung hineinreichte. Als „politisch unzuverlässige Bürger“ eingestuft, hatten von ihnen Tausende ihre Häuser binnen kurzer Zeit zu verlassen, um aus dem Sperrgebiet in das Hinterland der DDR
umgesiedelt zu werden. Die Zurückgebliebenen mussten ähnliches befürchten sofern sie nicht das Regime stützten. Infolge der erlebten Willkür und Gewaltanwendungen flohen viele von ihnen nun über Berlin in den Westen, andere hingegen gaben aufgrund der ständigen Beobachtung durch die Grenzposten sowie den erheblichen Einschränkungen im Grenzgebiet ihr bisheriges Zuhause auf.

Die Erfahrungen der Zwangsaussiedlungsmaßnamen, die unter dem Decknamen „Aktion Ungeziefer“ (1952) und „Aktion Festigung“ (1961) durchgeführt worden waren, belasten betroffene
Menschen bis heute sehr. Für sie sind die Erinnerungen an die verzweifelten Gesichter ihrer Angehörigen, der Verlust von Hab und Gut, von Heimat und Zugehörigkeit noch immer präsent.

Für die gesellschaftliche Anerkennung und Würdigung der von Zwangsaussiedlungen Betroffenen
setzt sich die Landesbeauftragte ein. Auch an das ihnen widerfahrene Leid soll an diesem Jahrestag erinnert werden.

Mit Tötungen wie derjenigen von Christian Peter Friese wurde die Berliner Mauer zum Inbegriff des illiberalen und freiheit-verweigernden SED-Staates. Der 13. August ist ein Erinnerungsdatum an staatliche Willkür und Unterdrückung in der DDR. „Diese Erinnerung sollte heute für Freiheitsrechte sensibilisieren!“, so Neumann-Becker abschließend.

Print Friendly, PDF & Email
2 Kommentare

Kommentar schreiben