Besucheransturm zum Tag des offenen Denkmals in Halle (Saale)
9. September 2012 | Veranstaltungen | Keine KommentareIm Institut für Botanik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg fand die offizielle Eröffnungsveranstaltung statt. Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados erinnerte an das Jahr 1992, als der damalige Landeskonservator die Idee hatte auch in Halle solche Gebäude zu öffnen, „um zu zeigen, was es in dieser Stadt gibt.“ Viele habe sich seit dem getan, viel habe saniert werden können. Doch von einigem habe man sich auf trennen müssen. Denn nur wenn es eine gute Nachnutzung gebe mache dies Sinn. „Wir können nicht die ganze Stadt zum Museum machen.“
Als positives Beispiel hob sie den Verein Bauhütte Stadtgottesacker, den Peißnitzhausverein und den Bürgerverein Gesundbrunnen, der das Brunnenhäuschen gerettet hat. Und auch kommunale Unternehmen würden sich beteiligen, so habe die HWG das Friedemann-Bach-Haus saniert. „Dort ist auch eine wunderbare Bohlenstube drin.“ Szabados hob daneben auch das neu eingerichtete Technikmuseum der Stadtwerke am Lutherplatz hervor. Auch viele Gebäude, die nicht immer zugänglich sind, können an diesem Denkmalstag besichtigt werden, wie die Wassertürme an der Paracelsusstraße und am Lutherplatz.
Eine Vielzahl von Denkmälern, vielen ist das sicher gar nicht bewusst, gibt es im Botanischen Garten. Der „Hausherr“ der vor 314 Jahren gegründeten Einrichtung, Helge Bruehlheide, sagte es sei durchaus schwierig, die alten Gebäude einer modernen Nutzung zuzuführen. Doch das gesamte Professorenteam bekenne sich dazu, diesen Schatz zu bewahren. Das Hauptgebäude konnte im Kern schon saniert werden, die alten Hörsäle wurden saniert – die Originalausstattung blieb erhalten, wurde nur aufgearbeitet. Damit gehöre man deutschlandweit zu den Ausnahmen, viele Unis seien an Campus-Neubauten gezogen, beklagt Bruehlheide. Nun gehe es darum die Fassade instand zu setzen. Auch die Gewächshäuser stehen zu einem großen Teil unter Denkmalschutz.
Begonnen hat die Geschichte nicht als Botanischer, sondern als Heilgarten, als „Hortus Medicus“ im Jahr 1698, hob Heike Heklau hervor, die als Mitarbeiterin am Botanischen Garten tätig ist. Maßgeblich vorangetrieben wurde das Vorhaben durch Friedrich Hoffmann und Georg Ernst Stahl. Übernommen wurde dafür der ehemalige erzbischöfliche Küchengarten. Mit gerade einmal 70 Mal 45 Metern Fläche ging es los. Die Schenkungsurkunde datiert auf den 11. April 1698. Doch so recht gekümmert hat man sich damals noch nicht um den Garten, sagte Heklau. So haben die damaligen Direktoren nie in Botanik unterrichtet, sondern an Studenten abdelegiert. Als eigenes Fach gab es die Botanik ohnehin nicht, „man musste Medizin studieren.“ Ende des 17. Jahrhunderts ging es daran voran. Es entstand eine Sichtachse aus Schwarzpappeln, eine Universitätssternwarte wurde durch Carl Gotthard Langhans – den Architekten des Brandenburger Tors – ab 1788 gebaut. 1820 wurden die Pappeln durch Rosskastanien ersetzt.1839 kamen zwei Warmhäuser dazu, außerdem wurde die Gelände eingemauert. 1868 folgte der Anschluss an die städtische Wasserleitung. Bis dahin wurde der Garten mit Brunnenwasser versorgt.1872 wurde das große Tropenhaus errichtet, ebenso der Anbau im klassizistischen Stil. Diese dienten damals als Wohnungen für die Gärtner. Um 1900 wurde der Hörsaal fertig gestellt, das Victoria-Haus mit der Riesenseerose wurde 1902 errichtet. Durch die 1914 gebaute Straße Neuwerk kam es dann zu Einschnitten im Botanischen Garten. Die kultivierten Hänge zur Saale hin mussten abgetreten werden. 1953 wurde ein Riesenmammutbaum gepflanzt.
Eingeladen hatte auch das Landesverwaltungsamt, das in der ehemaligen Königlichen Eisenbahndirektion seinen Sitz hat. Der monumentale dreieinhalbgeschossige 1901/02 errichtete Putzbau erinnert mit seinen reichen Werksteingliederungen, den giebelbekrönten Eckrisaliten und dem beherrschenden Mittelrisalit an Renaissancebauten. Besucher konnten unter anderem auf den Turm steigen. Doch schon die Treppenanlage am Eingang ist imposant. Und Eisenbahnen – wenn auch im Modellformat – gab es auch zu bestaunen.
Der Arbeitskreis Innenstadt hatte erreicht, dass gleich mehrere Bohlenstuben öffnen. Einige wie die im Händelhaus und in der Goldenen Rose kennt man aus den vergangenen Jahren. Doch auch am Kleinen Sandberg oder in der Rannischen Straße 5 sowie am Alten Markt gab es diese historischen Schätzchen zu sehen. Daneben öffnete auch das Friedemann-Bach-Haus seine Bohlenstube.
Versteckt in einem Hinterhof der Kleinen Steinstraße befindet sich die archäologische Bibliothek des Landesmuseums für Vor- und Frühgeschichte. 120.000 Bände lagern hier. Das älteste Buch stammt aus dem Jahr 1535, eine Naturalis Historia von Gaius Plinius, dem Älteren. Der starb 79 nach Christus beim Vesuv-Ausbruch. Auch die Provinzialbibliothek Merseburg hat hier ihren Platz gefunden. Die Gitter am Eingang sind aber nicht wegen der Bücher hier. Das Gebäude diente einst als Verwaltungsgebäude, Geschäftshaus, Staatsanwaltschaft, Lager und lange Jahre als Gefängnis. An das dunkle Kapitel als Haftanstalt soll auch künftig noch erinnert werden. Im Keller wurde eine Dunkelzelle erhalten, versteckt unter der Treppe. Am 17. Juni 1953 war das Gefängnis Ziel von Protesten, die Demonstranten forderten eine Freilassung der politischen Gefangenen der Frauenhaftanstalt. Dabei kam es auch zu Schießereien.
Im Dom öffnete eine kleine Ausstellung mit Zeichnungen des halleschen Künstlers Horst Brühmann. Außerdem konnte die restaurierte Kanzel aus dem Jahr 1526 bestaunt werden. Eine tragende Rolle spielt ausgerechnet der griechische Gott Hermes, umrahmt von den fünf alten lateinischen Göttervätern. Dies sei als versteckte Referenz an Erasmus von Rotterdam zu sehen. Kardinal Albrecht von Brandenburg (1490-1545), der die Kanzel in Auftrag gab, hatte enge Verbindungen zu ihm. Wer die Kanzel damals gefertigt hat ist unklar, Forscher gehen von Steinmetz Ullrich Kreutz aus, der zu jener Zeit in der Nähe war. Jedenfalls hat der Erbauer einige Details eingearbeitet. So verfügt die Kanzel auch über 21 kleine Engel. Einer von ihnen zeigt dem Betrachter den Po. Das soll Böses von der Kanzel fernhalten, heißt es.
Zum zweiten Mal dabei war die Broihanschenke in Ammendorf. Das Haus wurde Ende des 16. Jahrhunderts erbaut und gilt als ältestes erhaltenes Gasthaus in Halle. Außerdem war es ein beliebtes studentisches Ausflugslokal, in dessen Kellerräumen das kühle Broihanbier verzehrt wurde. Eine weitere Nutzung des Hauses bestand in der Zollstation an der Schafbrücke über die Weiße Elster. Hier verlief die alte Handelsstraße, auf der Napoleon 1806 schon entlang ritt. Das alte Gemäuer wird seit Jahren wieder Stück für Stück aufgebaut. Ab dem nächsten Frühjahr soll das Haus dauerhaft öffentlich zugänglich sein.
In den Franckeschen Stiftungen qualmte der Schornstein. Denn hier wurde im historischen Brau- und Backhaus frisches Brot gebacken, versehen mit dem Riesen-Stempel der Stiftungen. Etwa eine Stunde muss so ein Brot im Steinofen ausbacken. In der frisch sanierten Latina auf dem Stiftungsgelände gab es ebenso Führungen. Besucher bekamen dabei sogar einige Schätze zu Gesicht, wie eine kleine versteckte Küche. Und auch eine Bohlenstube verbirgt sich auf dem Stiftungsgelände, in der Waisenhausbuchhandlung.
Am Lutherplatz öffnete as neu hergerichtete Historische Technikzentrum der Stadtwerke Halle erstmals seine Pforten. Im ehemaligen Schalthaus in der halleschen Turmstraße sind Zeugnisse aus vergangenen Zeiten zu sehen. Beispielsweise ein alter Münzgaszähler, historische Kanaldeckel, oder Bohrkerne von der Deponie. Auch ein Fahrscheinautomat der HAVAG und ein „Iltis“ der Halleschen Wasser und Stadtwirtschaft sind ausgestellt. Mehr zu diesem Museum lesen Sie hier. Geöffnet war auch der Wasserturm Süd am Lutherplatz sowie der Abwasserkanal Huttenstraße. Eingerahmt war der Tag des offenen Denkmals auf dem Lutherplatz vom Mieterfest der Bauverein Halle-Leuna eG „Auf gute Nachbarschaft“ mit einem bunten Bühnenprogramm für die ganze Familie. Zudem war das Stadtbad geöffnet. Auch das historische Straßenbahndepot in der Seebener Straße öffnete seine Pforten, hier gab es unter anderem den frisch sanierten Triebwagen 78 zu sehen, der genau 100 Jahre alt ist.
Auch viele Kirchen waren dabei. So gab es in der Johanneskirche ein Konzert mit dem Ensemble „De Morales“, benannt nach dem spanischen Komponisten Cristóbal de Morales (um 1500 – 1553). Die Gruppe gründete sich im Jahr 2008 aus vier ehemaligen Mitgliedern des Leipziger Thomanerchores. Die Leopoldina lud zu einem Rundgang auf dem historischen Jägerberg ein, in das sogenannte „Weiße Haus von Halle“. Geöffnet war auch das Peißnitzhaus.