Raupenplagen nachhaltig bekämpfen – Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie stellt neues Projekt vor

21. April 2021 | Natur & Gesundheit, Umwelt + Verkehr | Keine Kommentare

Sowohl der Eichenprozessionsspinner wie auch der Schwammspinner ist in Teilen Sachsen-Anhalts inzwischen zu einem Problem geworden. Während sich der Eichenprozessionsspinner – wie der Name bereits vermuten lässt –  jedoch nur von Eichen ernährt, kann sich der Schwammspinner von rund 400 Futterpflanzenarten ernähren.

Massenvermehrungen beider Arten aus der Schmetterlingsfamilie treten in verschiedenen Regionen Deutschlands immer mal wieder auf. In Sachsen-Anhalt sind besonders der Norden und Osten des Landes betroffen. Doch auch in Halle (Saale) wurde in diesem Jahr bereits von den bekämpfungsmaßnahmen der Stadt gegen den Schwammspinner berichtet. So wurden etwa tausende Eier des Nachtfalters im Eichenwald zwischen Europachaussee und Apfelweg abgesammelt, um eine massenhafte Vermehrung zu vermeiden.

Andere Maßnahmen im Land sehen für die Bekämpfung der Raupen und Nester etwa die Nutzung eines Biozids und/oder das Absaugen vor. Dabei wirken die Biozid-Präparate allerdings nicht nur gegen den plagenden Spinner, sondern gleich gegen alle Raupen von Schmetterlingsarten sowie auch gegen Larven einiger weiterer Insektenarten (zum Beispiel Käferlarven), die zur Zeit der Spritzung an und unter den gespritzten Pflanzen leben. Insofern haben diese Mittel eine die Artenvielfalt der Insekten insgesamt schädigende Wirkung. Die beiden bisher angewandten Maßnahmen entsprechen demnach nicht dem Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzip.

Wie kann also beispielsweise der Eichenprozessionsspinner nachhaltig bekämpft werden? – Antworten auf diese Frage soll nun ein zweijähriges Forschungsprojekt im Biosphärenreservat Drömling, nordwestlich von Magdeburg, liefern. Hier ist der Schädling seit Jahren ein Problem. Denn auch die Brennhaare des Eichenprozessionsspinners gefährden die Gesundheit, weil sie allergische Reaktionen bei Menschen auslösen können. Bisher kam dort deshalb häufig ein Biozid zur Bekämpfung zum Einsatz. Allerdings durfte das Mittel nicht überall angewendet werden, da ein Mindestabstand von 25 Metern zu Oberflächengewässern eingehalten werden musste.

Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert erklärte nun: „Wir wollen die Menschen, die im Drömling leben oder dort die einzigartige Natur genießen wollen, schützen. Gleichzeitig wollen wir die Artenvielfalt im Drömling, dem Land der tausend Gräben, erhalten. Gerade an und um Eichen leben rund 500 Tierarten, so viele wie an keiner anderen Baumart. Wir benötigen andere Methoden als den Einsatz eines Biozids, um den Eichenprozessionsspinner nachhaltig einzudämmen. Ich freue mich, dass die Hochschule Anhalt im Biosphärenreservat Drömling ein Forschungsprojekt begonnen hat, das auch nachhaltige Alternativen zur Biozid-Bekämpfung untersuchen wird.“

Das Forschungsvorhaben der Hochschule Anhalt startete bereits Mitte Februar im Biosphärenreservat. Es sollen innovative, nachhaltige Alternativen wie beispielsweise das Heißwasserinfiltrationsverfahren oder Nematoden – auch Fadenwürmer genannt – und nachhaltige Präventivmaßnahmen wie ein höheres Angebot an Nistkästen untersucht werden. Im Mittelpunkt steht dabei, wie wirksam die Maßnahmen gegen den Eichenprozessionsspinner sind und wie sie sich auf die Biodiversität auswirken.

„Wenn wir die natürlichen Fraßfeinde der Raupe fördern, dann verschiebt sich hoffentlich das Räuber-Beute-Verhältnis zu Ungunsten des Eichenprozessionsspinners.“, erläuterte Dalbert. Dabei könnte auch die Kohlmeise eine Rolle spielen, welche nach bisherigen Erkenntnissen auch Eichenprozessionsspinnerraupen frisst. Durch Nistkästen soll die Kohlmeisenpopulation unterstützt werden.

Biologische Methoden, wie die Förderung von Fraßfeinden, wurden bisher in der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners nur wenig untersucht. Es gibt erste erfolgsversprechende Erfahrungen aus den Niederlanden. Außerdem wurde in Niedersachsen der Einsatz innovativer Bekämpfungsmethoden wie beispielsweise die Verwendung von Nematoden oder das thermische Heißwasserinfiltrationsverfahren EPS-SOLVE erfolgreich in der Fläche angewendet. Für das Forschungsprojekt findet ein fachlicher Austausch mit der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen und weiteren Praxispartnern statt.

Weiterhin sollen Empfehlungen und Strategien für ein nachhaltiges Bekämpfungskonzept für die Region erarbeitet werden. Eine Übertragung der Ergebnisse auf weitere Regionen in Sachsen-Anhalt soll erfolgen. Das Forschungsprojekt läuft bis zum Ende 2022. Das Biosphärenreservat Drömling und die Drömlings-Gemeinden sind eingebunden. So wird gemeinsam mit den Akteuren vor Ort nach Lösungen gesucht, die für die Menschen und die Natur in der Region einen Mehrwert haben. Das Ministerium fördert das Projekt mit rund 150.000 Euro.

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