Hochwasserschutzprojekt Gimritzer Damm: LHW erntet kaum noch kaum Widerspruch auf Bürgerversammlung zum geplanten Damm

20. Februar 2018 | Umwelt + Verkehr | 8 Kommentare

Vorstellung des Deichprojekts

Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz stellte heute in der gut gefüllten Ulrichskirche in Halle seine Planungen für den Neubau der Hochwasserschutzanlage Gimritzer Damm vor. Das Wichtigste vorweg: Bereits am 2. April  2014 fand eine ähnliche Veranstaltung in der Händelhalle statt. Damals verteidigte der LHW seine Planung, die eine saaleseitige Vorverlegung der Hochwasserschutzanlage in Form eines Deiches vorsah. Auf der damaligen Versammlung erntete der Landesbetrieb viel Widerspruch, der zu Anwohnerklagen und anschließendem  gerichtlich verordnetem Baustopp geführt hatte. Dem gegenüber verlief die heutige Veranstaltung geradezu harmonisch, es kam kaum zu Protesten.

Bereits gestern wurden auf den Seiten des Landesverwaltungsamtes die detaillierten Pläne für eine neue Hochwasserschutzanlage, die Halle-Neustadt schützen soll, öffentlich ausgelegt und ins Netz gestellt, inklusive aller im Zuge des Planfeststellungsverfahrens geprüften Varianten und detaillierten Studien zur Umweltverträglichkeitsprüfung (Hallespektrum berichtete).

Dass es zu wenig Widersprüchen kam, dürfte einerseits an dem transparenteren Verfahren, andererseits an einer grundlegenden Änderung des Vorhaben liegen. Der LHW bevorzugt nun die Variante,  entlang des alten Deichs eine gerade Hochwasserschutzwand zu errichten. Andere Varianten (Ausführung als Deich, Ausführung auf saaleseitig vorgelagerten Trassenvarianten) werden aufgegeben. Die gewählte Variante hat bei sorgfältigster Prüfung die geringsten Auswirkungen auf die Umwelt. Der Plan sieht eine Mauerkronenhöhe vor, die das „neue HQ100“ berücksichtigt, zuzüglich 50 cm „Freibord“. Das letzte Hochwasser von 2013  lag etwas höher, es würde nach Aussage von Frank Friedrich, dem Planungsdezernenten des LHW , noch etwa 20 cm unter der neuen Mauerkrone liegen. Das in den 1960-er Jahren aufgeschüttete Plateau von Festplatz und ehemaliger Eissporthalle wird abgetragen werden, ebenso der 2014 angefangene Erdwall des gestoppten Deichbauprojektes. Damit soll ein besserer Abfluss des Hochwassers bzw. Retentionsraumes geschaffen werden.

Burkhard Hennig, Leiter des LHW, stellt das Projekt „Hochwasserschutzdamm Gimritzer Damm“ vor

Die Hochwasserschutzeinrichtung soll, entgegen den vorangegangenen Planungen, nicht als Deich, sondern als Betonwand  auf bis zu 7 Metern tiefen Bohrpfählen gegründet werden. Die unterirdischen Pfähle werden  in einem Abstand von etwa 2 Metern zueinander stehen, und behindern somit die Grundwasserströme nicht.  Auf den Mauern soll die undurchlässige Betonwand liegen. Die verläuft entlang der alten Deichlinie. Aus ästhetischen Gründen wird sie saaleseitig mit Erdreich angeschüttet, welches begrünt wird. So wird man nur die Mauerkrone in einer Höhe von 60-100 cm sehen können. Entlang des alten Dammes wird eine Fußgänger- und Radweg- Promenade gebaut. Viel Wert legt man auf eine ästhetische Anpassung des Schutzwerkes, so sollen sogar die Vorratsschränke, in denen künftig die mobilen Spundwände gelagert werden, mit denen man im Hochwasserfall die Durchlässe schließen will, künstlerisch gestaltet werden.

Anschließend erläuterte Frau Kleine (Büro kleine+kleine Umweltplanung), die die Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt hatte, den komplexen Weg, der zum Ergebnis der Variantenprüfung geführt hat. Es wurden zunächst Schutzziele und besonders empfindliche Bereiche kartiert, bei denen die Interessensfelder Wohnen, Pflanzen und Bäume, Mikroklima und Fauna erfasst wurden. Sie führte vor, wie als Ergebnis die Schutzmauer entlang der alten Deichlinie (sog. Variante 2) als Optimum herausgefiltert wurde.

Damit sich die Bürger vorstellen können, wie sich das geplante technische Bauwerk in ihre Lebenswelt einfüge, führte  Herr Normann von der Firma imp GmbH einen 3D- Spaziergang durch die neue, noch virtuelle und idealisierte Welt des Deichs. Man spaziert über die neue Deichpromenade, von Bäumen bestanden, beim Blick über den Deich sieht man ein Riesenrad und ein Zirkuszelt in grüner Landschaft.

Alles wird gut, war die visuelle Botschaft, und Herr Hennig, Chef des LHW,  eröffnete die Diskussion. Die Bürger waren nun gefragt: „Aber bitte nur zum konkreten Projekt“, erbat sich Hennig.

Wie denn die Altstadt geschützt werde, fragte beispielsweise Katrin Möller von der Hochwasserinitiative Altstadt. Ihr Haus in der Hafenstraße stehe nun unterhalb der Deichlinie. Ähnlich äußerten sich auch andere Mitglieder der Initiative. Hennig und Friedrich antworteten sinngemäß darauf, dass  ein Hochwasserschutz nur im Oberlauf stattfinden könne, durch ein besseres Talsperrenmanagement, durch Polder, um deren Anlage bemühe man sich, das seien Zukunftsprojekte, an deren Verwirklichung Herr Hennig glaube.

Es gäbe einen nationalen Fördertopf, auch „die Thüringer haben da einiges im Portfolio“.

Herr Kenneder  hat Einwände. Er vermutet, dass für die Variante 2 mehr Bäume gefällt würden, als für Variante 3 (Beibehaltung des angefangen Deichstücks). Er möchte wissen, wie viel Bäume nun genau gefällt würden. Frau Kleine äußerte, es ginge nicht darum, einzelne Bäume zu zählen. In allen Varianten sei die Menge des Gehölzbestandes nahezu gleich, sie sprach von 7900 Quadratmetern, und an der alten Deichlinie, deren Bewuchs zur Disposition stehen, stünden viele wertlose Gehölze („Zuwanderer und Zierpflanzen“) .

Kenneder gab zu Bedenken, dass der angefangene Deichbau mit Fördermitteln bezahlt worden sei, da seien Rückforderungen zu erwarten. Hennig wischte das vom Tisch.  Den Prozess, dessen  Ausgang man nicht hätte voraussehen können, hätte man nicht weiterverfolgen wollen, sondern eine vernünftige, tragbare Lösung für den Hochwasserschutz erreichen.

Eine Bürgerin dagegen freut sich über das viele Grün, das sich in der Visualisierung auf dem tristen Gelände der ehemaligen  Eissporthalle ausbreitet und dankt für das transparente und professionelle Vorgehen.  „Denken Sie auch an Parkplätze? Wenn auf der Peißnitzbühne die Puhdys spielen und 3000 Fans mitbringen?“ Die Neubeplanung der Flächen sei danach Aufgabe der Stadt, entgegnete der LHW.

Auf die besorgte Frage einer weiteren Bürgerin aus Halle – Neustadt, wann der Hochwasserbau nun fertig gestellt würde, wollte Hennig sich nicht festlegen. „Es wäre unseriös, jetzt Weihnachten 2019 zu sagen“. „Wenn der Sack zu ist, müssen wir ausschreiben, dann das Ergebnis abwarten. “

Und: „Geld ist jedenfalls da.“

(Die geschätzten Kosten belaufen sich übrigens auf 3,3 Millionen Euro. Das von OB Wiegand seinerzeit an die Fa. Papenburg beauftragte Projekt war mit ca. 4.9 Millionen € beziffert).

Abschließend sagte Frank Friedrich, er habe das Gefühl, dass die Planung nach dem komplexen Prozess des Planfeststellungsverfahrens nun viel Zuspruch erfahren habe. „Das war heute ganz anders als damals in der Händelhalle“.

Weitere Informationen: 

https://lvwa.sachsen-anhalt.de/das-lvwa/landwirtschaft-umwelt/wasser/planfeststellungsverfahren/gimritzer-damm/planungsunterlagen/

Die entscheidende zusammenfassende Bericht zu den Ergebnissen der Untersuchungen mit Begründung der einzelnen Maßnahmen ist dieser hier: lhw bericht gimritzerdamm.

. Die Pläne liegen vom 19. Februar 2018 bis 19. März 2018 im Technischen Rathaus, Hansering 15, Raum 139, zur Einsichtnahme aus. Dies ist allerdings nur zu den Öffnungszeiten der Verwaltung, montags und donnerstags von 9 bis 12 und von 13 bis 16 Uhr, dienstags von 9 bis 12 und von 13 bis 18 Uhr, mittwochs und freitags von 9 bis 12 Uhr, möglich.

 

 

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