Einkauf mit Botschaft – die zweite

8. Mai 2020 | Umwelt + Verkehr | 5 Kommentare
Telefoninterview am 7.5.2020 zur Aktion kritisches Einkaufen (Anmerkung der Redaktion: Das Kind auf dem Bild ist nicht Paula)
HS: Hallo, hier das Hallespektrum. Kurze Frage am Anfang: lieber per Du oder lieber per Sie?
Paula: „Du“ ist schon ok!
HS: Kannst du dich kurz vorstellen? Wie lange bist du schon bei FFF?
Paula: Ich bin Paula, Schülerin aus Halle, und seit März 2019 bei Fridays for Future.
HS: Kannst du uns kurz erzählen, was ihr vorhabt und worum es geht?
Paula: Es geht um eine Protestform in Zeiten von Corona, ausgerufen von den halleschen Ortsgruppen von Fridays for Future und Extinction Rebellion. Großdemonstrationen sind nicht möglich, deshalb gehen wir einfach zusammen mit anderen einkaufen, unter Beachtung aller Sicherheitsregeln (Mundschutz, Abstand). Ein „normaler“ Einkauf, nur mit Demo-Schild. Am 17.5. haben wir das schon am Unverpackt-Laden am August-Bebel-Platz gemacht und es gab Interesse an weiteren Einkaufsaktionen.
HS: An welchem Geschäft soll diese Aktion denn stattfinden?
Paula: An der Boutique „Ankleidezimmer“ in der großen Ulrichstraße. Dort wird Kleidung verkauft, die fair und nachhaltig produziert ist.
HS: Und was ist die Botschaft bei diesem „Einkauf mit Botschaft“?
Paula: Um die Schäden durch unseren Umgang mit Kleidung
HS: Also Shoppen als Protest gegen die Shopping-Kultur?
Paula: Nein… Also ja, ein bisschen schon. Kleidung gehört ja zum Leben dazu, irgendwann muss man also auch mal welche kaufen. Morgen bei der Aktion geht es auch um die Schilder und die Warteschlange, und ein Einkauf im Ankleidezimmer geht es nicht ums klassische Freizeit-Shopping. Die dort verkaufte Ware ist sozusagen das Gegenteil von Fast Fashion. Außerdem sollen natürlich auch am Freitag nur das gekauft werden, was wirklich gebraucht wird.
HS: Fast Fashion? Was ist das?
Paula: Das ist Kleidung, die billigst hergestellt wird. Das bedeutet Arbeit unter unmenschlichen Bedingungen mit giftigen Chemikalien, praktisch ohne Arbeitsschutz und zu minimalen Löhnen, mit großen Schäden für die Umwelt und das Klima. Diese Kleidung kann man dann dreimal tragen und wirft sie wieder weg – weil sie nicht hält, oder man keine Lust mehr drauf hat.
HS: Und die Kleidung im „Ankleidezimmer“ ist anders?
Paula: Die wird fair und nachhaltig produziert, unter deutlich besseren Bedingungen für die Arbeiter:innen 
HS: Fridays for Future ist ja eine Jugendbewegung. Zum Jungsein gehört doch auch, sich auszuprobieren, sich mit modischer Kleidung auszudrücken, Stimmungen zu zeigen, unterschiedliche Stile zu probieren. Wie passt das mit Nachhaltigkeit zusammen? Von 15 bis 30 eine Leinenbluse tragen?
Paula: Um sich gut zu kleiden, muss man ja nicht Schränke voller Kliedung besitzen. Man drückt doch mit einer nachhaltig produzierten Hose auch etwas aus: Wertschätzung für diejenigen, die unsere Kleidung herstellen. Interesse daran, dass bei der Produktion nicht ganze Landstriche vergiftet werden. Ganz abgesehen von den Auswirkungen unserer Verschwendung auf das Klima. 
HS: Und dafür verzichtet man auf die Abwechslung?
Paula: Nein- erstens gibt es in den letzten Jahren sehr viele Marken, die nachhaltig produzierte Kleidung anbieten, weil immer mehr Menschen begreifen, was die billige Wegwerfkleidung in Wirklichkeit für Kosten verursacht. Der Markt wächst, und die Vielfalt steigt. Außerdem kann man Abwechslung auch über Second-Hand Läden bekommen, das ist auch eine gute Möglichkeit für Menschen mit geringem Einkommen – die fair produzierte Kleidung ist natürlich teurer als die Wegwerfware. Aber auch wenn Second-Hand zu aufwändig ist, gibt es in vielen Straßen von Halle den Straßentausch, wo man Dinge ordentlich vors Haus legt. Da kann man richtig gute Sachen finden. Oder man schaut im Internet beim „Kleiderkreisel“ nach. 
HS: Es gab auch schon eine Aktion von Fridays for Future dazu, oder? 
Paula: Ja, es gab einen Kleidertausch im Dezember. Für die Demo in der Ludwig-Wucherer-Straße am 20.3. war auch ein Kleidertausch geplant, aber die haben wir ja wegen Corona abgesagt.
HS: Und was gibt es noch für Möglichkeiten für mehr Abwechslung?
Paula: Da geht ganz viel! Man kann alte Kleidungsstücke kreativ umfunktionieren, einiges sogar, ohne überhaupt nähen zu können. Auf YouTube gibt es ganz viele Anleitungen und Anregungen zum Thema Upcycling. Oder eine Gestaltung mit zusätzlichen Kleinigkeiten. Es lohnt sich sehr, sich mit der eigenen Kleidung zu beschäftigen, dadurch kann man viel mehr ausdrücken. Am meisten Spaß macht das zusammen mit Freunden. 
Abwechslung bei Kleidung ist auf jeden Fall auch ohne Müllberge, Ausbeutung und großer Zerstörung machbar!
HS: Na dann viel Spaß morgen!
Paula: Danke! Kommt doch einfach mit!
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