Veranstaltung der SPD zu Rechtsextremismus: Bundesjustizminister Maas im Volkspark

8. Februar 2016 | Nachrichten | 3 Kommentare
Heiko Maas, noch kurz mit Hallespektrum im Gespräch, noch sczhnell auf eine Zigarette draußen im Hof des Volksparks.

Heiko Maas, noch kurz mit Hallespektrum im Gespräch, noch schnell auf eine Zigarette draußen im Hof des Volksparks.

Natürlich war es eine Wahlkampfveranstaltung, aber das Thema war es, das doch den Saal im Volkspark – der traditionellen Wirkungsstätte der SPD, füllte. „Karamba“ hatte geladen, und wie Katrin Budde, Spitzenkandidatin der SPD sich selbst in ihrer Einführung richtig korrigierte, Herr Dr. Karamba Diaby. Dem war es gelungen, zum meistdiskutierten politischen Thema Bundesprominenz nach Halle zu holen:  Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) war das Zugpferd des Abends.

Nach einer Einführung von Katrin Budde („in einer verunsicherten Gesellschaft haben es  Rattenfänger mit vereinfachten Lösungen immer leicht“) und Landesjustizministerin Prof.  Angela Kolb-Janssen („wird uns der Aufstand der anständigen noch gelingen?“) ging das Wort an Heiko Maas.  Er glaube nicht, dass es mehr Rechtsextreme gäbe als vor wenigen Jahren, fing er an. Doch nun seien sie sichtbarer, aktiver. Verfünffacht haben sich die rechtsextremen Straftaten 2015 gegenüber dem Vorjahr. Den Zustrom von Flüchtlingen nutzen Rechtsextremisten als konkretes Thema für ihre menschenfeindliche Propaganda aus. Zu den Taten von Köln in der Silvesternacht, die er verabscheuungswürdig findet, sagte er:  „Die rechte Klientel hat ja geradezu darauf gewartet“.

Hallo, da oben spielt die Musik :)

Hallo, da oben spielt die Musik 🙂

Wirkliche Sorge machen ihm die Enthemmung in den so genannten sozialen Netzwerken. Noch vor wenigen Monaten hätten Rechtsextremisten ihre menschenverachtende Gesinnung nur anonym im Netz verbreitet – jetzt werde Hasskriminalität unter  Klarnamen gepostet.  Auf sprachliche Enthemmung  folgen Taten. Maas hat erst kürzlich ein Gespräch mit den Betreibern großer sozialer Netzwerke geführt – Google, Twitter, Facebook. Innerhalb von 24 Stunden sollen nun Postings, die eine Straftat darstellen, gelöscht werden. Ausdrücklich erwähnte Maas die Tatbestände Volksverhetzung, Bedrohung und Aufruf zu Gewalt. Auch in der Verfolgung von Straftaten sei man weiter gekommen. Straftaten mit politicher (rechts- oder linksextremer) Motivation werden durch die Änderung der Strafzumessungsregelung nun grundsätzlich schärfer bestraft. Einen Fall hatte er gleich parat: aufgrund mehrfacher einschlägiger Facebookspostings sei ein Mann gerade zu 2 Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt worden, die er jetzt absitzen muss.

Das Podium ist in traditionellen Rot- und Purpurtönen gehalten.

Das Podium ist in traditionellen Rot- und Purpurtönen gehalten.

Zur angeblichen Flüchtlingskriminalität sagte Maas: Die sei keinen Deut höher als diejenige  derer, die hier schon immer lebten. Dann mußte er sich dennoch zu den Kölner Vorgängen äußern (Gewalt, insbesondere sexuelle Gewalt: abscheulich) und erntete gleich einen Zwischenruf aus dem Publikum: „und, was waren das für Leute?“

 

 

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Man verfolge Straftaten  ohne Ansehen der Herkunft der Täter, sagte Maas, und lobte die Gesetzesnovelle der großen Koalition, wonach man straffällig gewordene Flüchtlinge nunmehr auch noch ausweisen könne, wenn sie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden seien.

Er habe ja auch mit Migranten in Köln geredet. Die seien in diesem Punkt härter drauf als die CDU, weil sie nicht in einen Topf mit Kriminellen geworfen werden wollten.

Nach einem kurzen Schlußsatz („Einer Gesellschaft geht es nicht besser, wenn sie ihren Frust immer gegen Schwächere richtet“) war die Diskussion mit dem Publikum eröffnet.

Gewiß war viel SPD-nahes Publikum dabei, aber das hätte den Saal nicht derart füllen können. Und so kamen die Wortmeldungen aus allen Ecken. Eine ältere Dame meinte, es handle sich um ein Bildungsproblen, denn die meisten Rechtsextremen seien eben „ungebildet“;  ein jüngerer Mann kritisierte die SPD, man könne nicht mit „Refugees welcome“ auf der Faebookseite des Stadtverbandes werben, aber gleichzeitig das Asylrecht verschärfen. Maas empfahl, sich doch einmal das Gesetzespaket insgesamt anzusehen. Und Zuzugsbeschränkungen würden ja auch den Flüchtlingen helfen, die Hilfe am dringendsten nötig hätten.

K. Örtel sagte, sie sei von Linksextremen angegriffen worden. Dass der Haß in den sozialen Netzwerken auf Pegida zurück zu führen sei („ja, auch“) räumte sie ein, aber eigentlich sei die soziale Ungerectigkeit schuld. Weil Asylbewerbern mehr Geld für angemessenes Essen zugerechnet werde. Und weil die Mieten steigen.

Besorgte Bürgerin erntet besorgte Blicke.

Besorgte Bürgerin erntet besorgte Blicke.

Maas stimmte Örtel zu: Ja, man müsse Ungerechtigkeit bekämpfen. Aber Rechtsextreme seien nicht immer sozial beanachteiligt, und andersherum hätten sozial Benachteiligte nicht allesamt eine rechtsextreme Veranlagung.  Und dass jetzt doppelt so viel für sozialen Wohnungsbau ausgegeben werde, führte der Maas auch noch an.

Noch jemand aus dem Publikum rief,  es gäbe doch viel mehr linke Straftaten als rechte. Maas: „Das können Sie hier noch zehnmal behaupten, es stimmt einfach nicht. Auch wenn gerade ein RAF-Rentnertrio einen Geldtransporter überfallen hat“.

Dann bemerkte noch ein älterer Herr aus dem Publikum, auch in den Printmedien gäbe es anonyme Beiträge, die solle man doch einfach auch nicht drucken.

Nachdem dann nochmal alle Podiumsteilnehmer ihre Schlußworte zusammenfassen durften ( Herr Starke von „Halle gegen Rechts, Herr Ebert von der Freiwilligenagentur) und SPD-Kandidat Wend aus dem Publikum für sich betonte, dass die Jugendhilfe in Halle unbedingt aufgestockt werden müsse, war Schluß. Die Jusos räumten die Stühle im Saal zusammen, die drei lokalen SPD-Spitzenkandidaten für den Landtag drängelten sich für Gruppenfotos um den Bundesminister,  der erkennbar ausdrückte, schnell weg zu müssen.

Die drei Landtagskandidaten Andreas Schmitt, Susanne Krohn und Detlev Wend: sie freuen sich, dass sie für ein Pressefoto mal ihren Minister Heiko Maas in die Mitte nehmen dürfen.

Die drei Landtagskandidaten Andreas Schmitt, Susanne Krohn und Detlev Wend: sie freuen sich, dass sie für ein Pressefoto mal ihren Minister Heiko Maas in die Mitte nehmen dürfen.

 

 

 

 

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