Wie geht es weiter mit der Hafenstraße 7?

20. Juni 2017 | Soziales | 9 Kommentare

Ein Sturm der Entrüstung begleitete die Initiative „Wir brauchen Platz“, als sie am 5. Januar 2016 das Haus in der Hafenstraße 7 besetzte. Entgegen vereinzelter Forderung aus Politik und Anwohnerschaft erfolgte keine sofortige Räumung des Hauses, sondern in ergebnisoffenen Gesprächen wurde ein Nutzungsvertrag zwischen der Eigentümerin, der Halleschen Wohnungsgesellschaft HWG, und der Initiative ausgehandelt, der eine Nutzung für 20 Monate gestattete. In diesem Vertrag wurden Rechte und Pflichten für die Nutzer festgelegt. Vor Ablauf der Frist sollte es „wohlwollende Gespräche“ über die Weiternutzung oder eine Alternative geben.

Vor dem Auslaufen des Vertrages am 30. September wollte sich Hallespektrum ein Bild vom Haus und den Nutzern machen und stattete ihnen einen Besuch ab.

Hallespektrum: Wie wird das Haus genutzt und wie viele Menschen erreicht Ihr mit Euren Angeboten?

Wir, der Capuze e. V., nutzen das Haus ausschließlich zur Projektförderung, gewohnt werden darf hier nicht. Es gibt ein Lesecafé, einen Sport- und Bewegungsraum, einen Seminarraum, sowie Kleinwerkstätten und einen offenen Probenraum für Bands im Keller. Der Verein erreicht inzwischen regelmäßig mehrere hundert Menschen aus ganz Halle. Uns ist es wichtig, das Haus als Freiraum für alle zur Verfügung zu stellen, die als Externe Räume suchen, um z. B. einen Yogakurs anzubieten.

Hallespektrum: Anfangs gab es eine Petition der Anwohner gegen Eure Anwesenheit hier. Wie hat sich das Verhältnis entwickelt?

Es gibt noch 2-3 Anwohner, die gegen uns Stimmung machen, aber im Vergleich zur Anfangszeit hat sich das Verhältnis sehr gut entwickelt. Wir bekommen nach wie vor Spenden wie Geschirr, Werkzeug oder Dinge für den Garten. Im Gegenzug stehen unsere Werkstatt oder unser Fotolabor allen zur Verfügung, beispielsweise zum Fahrrad reparieren. Bücherspenden für unser Lesecafé haben wir von den Freunden der Stadtbibliothek erhalten. Der Garten ist als Mitmachgarten konzipiert, hier gibt es Hochbeete wegen der Kontamination des Bodens.

Hallespektrum: In welchem Zustand habt Ihr das Haus übernommen?

Das Haus und Gelände der Hafenstraße 7 ist ein Industriedenkmal. Hier stand die 1. Städtische Gasanstalt Halles von 1856. Sie wurde 1891 stillgelegt. Die Weiternutzung der Behälterstation mit den Gasometern lief noch bis 1939. Die Gasometertassen wurden im Laufe der Jahre mit immer mehr Müll gefüllt. Auch der gesamte Garten und das Haus waren mit Müll gefüllt, die Fenster zugemauert. Mit dem Nutzungsvertrag haben wir die Verpflichtung übernommen, das Areal zu entrümpeln und Stück für Stück wieder nutzbar zu machen. Die geleisteten Arbeitsstunden mussten wir der HWG gegenüber nachweisen. Wir haben viel Energie, Kraft und Herzblut in das Areal investiert und hoffen deshalb auf eine Weiterführung unseres Nutzungsvertrags.

Tag der offenen Tür am 1. Juli ab 10 Uhr

Hallespektrum: Was läuft bei Euch aktuell und wie soll es weitergehen?

Am 1. Juli führen wir einen „Tag der offenen Tür“ mit Sommerfest durch, zu dem wir alle Interessierten einladen, uns kennenzulernen. Um 10 Uhr geht’s los (Führung 10:30Uhr). In den Sommerferien gibt es ein Ferienprojekt für Schüler in Zusammenarbeit mit dem Krokoseum. Mittwochs ist bei uns das Elterncafé, jeden 2. Mittwoch gibt es einen „Dinnerabend“. Montags findet Yoga und Donnerstags Capoeira statt.

Wir finanzieren uns bisher ausschließlich über Spenden und leisten freiwillige Arbeitseinsätze. Der Verein hält seine Finanzen in Ordnung, die Steuererklärung wurde pünktlich abgegeben. Gerade wurde aus der vorläufigen Gemeinnützigkeit, eine vom Finanzamt überprüfte Gemeinnützigkeit. Wir haben die Verpflichtungen zufriedenstellend erfüllt und wollen die Liegenschaft Hafenstr. 7 auch über dem 30. September hinaus nutzen. Eine langfristige Planungssicherheit wird vor allem von den Vereinen/Initiativen und Personen mit konkreten Projekten und Angeboten gewünscht, so z.B. der Klopstock-Verein Quedlinburg, für Lesungen im Herbst.

Was sagt die HWG dazu?

Von der HWG erhielt Hallespektrum folgende Stellungnahme: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Wie Sie korrekt dargestellt haben, läuft die zwischen der HWG und den Nutzern der Hafenstraße 7 geschlossene Gestattungsvereinbarung noch bis zum 30.09.2017. In den vergangenen Wochen fanden bereits Gespräche zwischen der HWG und den Nutzern der Hafenstraße 7 statt, die sich mit der Umsetzung, der in der Gestattungsvereinbarung festgehaltenen Rechte und Pflichten beschäftigten. Auch die Zeit nach dem 30.09.2017 spielte dabei eine Rolle. Vor dem Hintergrund der nicht unproblematischen Anfangszeit im Januar 2016 stehen wir also in „wohlwollenden“ also ergebnisoffenen Gesprächen.“ (Steffen Schier, HWG)

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