Schon vor „Corona“: Leiharbeit verliert in Sachsen-Anhalt an Boden

6. August 2020 | Soziales | Keine Kommentare

2.621 Leiharbeiter haben in der Corona-Krise seit April in Sachsen-Anhalt ihren Job verloren. Das sind rund 7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum April-Juni. Gleichzeitig brachen die Stellenmeldungen für Zeitarbeiter in der Krise im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Drittel ein. Konkret meldeten Arbeitgeber 1.200 Stellen weniger. Damit ist die Zeitarbeitsbranche aber bei weitem nicht die am schlimmsten von der Corona-Pandemie betroffene Branche. Zum Vergleich: Im Gastgewerbe verloren seit April 104 Prozent mehr Beschäftigte ihren Job als zwischen April und Juni 2019. Im Handel waren es 31 Prozent mehr. „Die Leiharbeit hat schon vor der Corona-Krise deutlich an Boden verloren. Die Zahl der Beschäftigten geht seit 3 Jahren kontinuierlich zurück. Die Branche reagierte sehr sensibel auf die konjunkturellen Eintrübungen des vergangenen Jahres. Dazu kam, dass Arbeitgeber vermehrt Leiharbeiter als Fachkräfte eingestellt haben, weil es immer schwieriger wurde Personal zu finden. Zu guter Letzt haben auch gesetzliche Veränderungen dazu beigetragen, dass Leiharbeit immer weniger beansprucht wird, “ erklärte Markus Behrens, Geschäftsführer der BA-Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen.


Zwischen 2018 und 2019: Fast 10 Prozent weniger Leiharbeiter


Im Dezember 2019 waren in Sachsen-Anhalt 19.949 Leiharbeiter sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigt. Das waren 2.173 weniger als im Dezember 2018. Prozentual betrug der Rückgang damit 9,8 Prozent. Der Rückgang war etwas schwächer als zwischen Dezember 2017 und Dezember 2018 als die Zahl der Leiharbeiter um knapp 13,1 Prozent gesunken war. Im Dezember 2017 hatten noch 25.460 Leiharbeiter in Sachsen-Anhalt gearbeitet. Der Anteil der Leiharbeitnehmer an allen Beschäftigten lag im Dezember 2019 in Sachsen-Anhalt bei 2,3 Prozent. 2018 waren es noch 2,5 Prozent und 2017 lag der Anteil noch bei 2,9 Prozent.

Rückgang in Metallbau-, Maschinen und Fahrzeugtechnik-Berufen – Plus bei Fahrzeugführern

Die konjunkturellen Einflüsse auf die Branche werden deutlicher, wenn man den Trend des vergangenen Jahres nach ausgeübten Tätigkeiten der Leiharbeiter differenziert. Während zum Beispiel die Zahl der Leiharbeiter, die im Metallbau arbeiteten um 15 Prozent, die der Leiharbeiter in Maschinen und Fahrzeugtechnikberufen um 14 Prozent und die Zahl der Leiharbeiter auf dem Bau zwischen Dezember 2018 und 2019 um knapp 10 Prozent sank, gab es etwa bei den Leiharbeitern, die als Fahrzeugführer arbeiteten, ein Plus von 9,4 Prozent. Die Zahl der Leiharbeiter, die in kaufmännischen und Handelsberufen arbeiteten, stieg um 4,5 Prozent. „Metallbau- und Elektroberufe sind überwiegend im produzierenden Gewerbe zu finden, das stärker von der Konjunktur abhängig ist. Insbesondere die Automobilindustrie ist durch den Strukturwandel- und der Maschinenbau durch Handelskonflikte bereits seit zwei, drei Jahren unter Druck. Verkehrs und Logistikjobs reagieren hingegen häufiger auf die Binnennachfrage. Hier hatten wir bereits vor Corona ein hohes Aufkommen. Insbesondere bei den Kurierdiensten und Speditionen werden überall Fahrer gesucht, so dass die Unternehmen auch auf Leiharbeiter zurückgreifen. Die Pandemie hat diesen Trend noch bestärkt“, erklärte Behrens.


Zahl der ausländischen Leiharbeiter steigt: – Jeder fünfte Beschäftigte aus Asylländern ist Leiharbeiter


Unterschiedlich verläuft die Entwicklung des vergangenen Jahres auch je nach Herkunft der Leiharbeiter: Die Zahl der deutschen Leiharbeiter sank zwischen Dezember 2018 und Dezember 2019 um über 13 Prozent, während die Zahl der ausländischen Leiharbeiter um über 4 Prozent gestiegen ist. Die Zahl der Leiharbeiter aus sogenannten Asylherkunftsländern stieg sogar um 5,5 Prozent. Im Dezember 2019 war mehr als jeder fünfte Beschäftigte aus Asylherkunftsländern Leiharbeiter. Bei den deutschen Beschäftigten lag der Leiharbeiteranteil bei 1,8 Prozent.


Ausländer und Geflüchtete besonders vom Rückgang der Zeitarbeit betroffen
„

Während deutsche Leiharbeiter in den vergangenen Jahren aufgrund des Fachkräftebedarfs immer häufiger auch in anderen Branchen Beschäftigungsperspektiven gefunden haben, hat die Zeitarbeit für Ausländer und Geflüchteten einen relativ schnellen Zugang in den deutschen Arbeitsmarkt ermöglicht. Denn in der Branche finden auch Menschen mit geringerer Qualifikation und Sprachschwierigkeiten eine Beschäftigung. Dafür sind die Beschäftigungsverhältnisse häufig nicht so stabil. Gerade in der Krise dürften daher vor allem Leiharbeiter und hier insbesondere ausländische Zeitarbeiter von Arbeitslosigkeit betroffen sein. Die Herausforderung wird sein, eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit zu finden. Hier müssen wir vor allem mit Qualifizierungsmaßnahmen unterstützen“, erklärte Markus Behrens.

Print Friendly, PDF & Email

Kommentar schreiben