Nach tragischem Tod einer Schülerin in Halle-Neustadt : LINKE-Fraktion fordert Hilfe statt Arrest bei Verstoß gegen Schulpflicht

8. November 2018 | Soziales | 8 Kommentare

In Halle-Neustadt kam es heute zum tragischen Tod einer Schülerin. Gegen die 15-jährige  sollte eine Jugendarreststrafe wegen Schulschwänzerei durch die Polizei vollstreckt werden. Die Schülerin flüchtete daraufhin auf den Balkon ihrer Wohnung und stürzte von dort in  die Tiefe. Dazu erklären die rechtspolitische Sprecherin Eva von Angern,  der bildungspolitische Sprecher Thomas Lippmann und die kinderpolitische  Sprecherin Monika Hohmann:

„Dieser tragische Unfall hätte verhindert werden können. Die Fraktion DIE LINKE fordert bereits seit vielen Jahren, dass Schulschwänzerei nicht in den Jugendarrest führen darf. Die Gründe für Schulabstinenz sind vielfältig. Sei es die Angst vor Leistungsdruck, Probleme mit Mitschüler*innen, pubertäre Probleme oder Probleme mit den Eltern.

Auf Schulschwänzerei muss deshalb mit erzieherischen Maßnahmen oder anderen Hilfsangeboten reagiert werden. Jugendarrest ist nachgewiesenermaßen weder eine erzieherische Maßnahme noch ein Hilfsangebot. Wenn im Bürgerlichen Gesetzbuch berechtigterweise die gewaltfreie Erziehung durch Eltern gefordert wird, muss sich auch der
Staat daran halten und darf auf Schulschwänzerei nicht mit staatlicher Gewalt reagieren.

Die Fraktion DIE LINKE wird morgen sowohl im Bildungs- als auch im Rechtsausschuss des Landtages Anträge auf Selbstbefassung stellen. Zur kommenden Landtagssitzung wird sie außerdem einen Antrag zur Änderung des Schulgesetzes einbringen mit dem Ziel, den § 84, Abs. 1, der Schulpflichtverstöße als Ordnungswidrigkeit behandelt, zu streichen.“

Doch nicht nur die LINKE wendet sich gegen unzeitgemäße Ordnungsmaßnahmen bei Verstößen gegen die Schulpflicht. Bereits vor drei Jahren äußerte sich hierzu die damalige bildungspolitische Sprecherin der SPD, Angela Kolb-Jansen:

„Jugendarrest für Schulverweigerer ist nicht zeitgemäß und bewirkt eher das Gegenteil. Schulschwänzer gehören in die Schule und nicht in den Arrest.“ So sei es auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Kolb-Janssen appellierte an das Bildungsministerium, die Initiative für eine entsprechende Neuregelung zu ergreifen. Schulverweigerung wird in Sachsen-Anhalt als eine Ordnungswidrigkeit behandelt, und wenn ein strafmündiger Schüler nicht das verhängte Ordnungsgeld zahlt oder ersatzweise gemeinnützige Arbeit leistet, kann ein Jugendrichter eine Jugendarreststrafe von bis zu vier Wochen verhängen. Oft findet der Jugendarrest nach Beendigung der Schulpflicht statt und verfehlt so seine präventive Wirkung. Silke Schindler, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion: „Die Betreuung in der Jugendarrestanstalt wurde in den letzten Jahren verbessert, kann aber nicht das Gleiche bieten wie Schule.“
Print Friendly, PDF & Email
8 Kommentare

Kommentar schreiben