Lockerung mit Kopfschmerzen: Hygienekonzept stellt Gaststätten vor Probleme
12. Mai 2020 | Soziales | 4 Kommentare
covid-19-checkliste gaststätten
Am 18. Mai sollen Gaststätten in Halle wieder öffnen können – unter strikten Auflagen. Eine Chekcliste der Stadt Halle gibt vor, was alles zu beachten ist. Gäste müssen Name und Anschrift und Telefonnummern hinterlassen, Sicherheitsabstände zwischen den Gästen müssen eingehalten werden, auch das Personal darf dem Kunden beim Servieren nicht näher als 1,50 Meter kommen. Am Eingang sollen Desinfektionsspender stehen, und das Personal muss täglich „handschriftlich“ ausfüllen, wie es sich fühlt (gemeint ist: gesundheitlich). Gäste mit erkennbaren Symptomen wie etwa Fieber müssen abgewiesen werden – ob das bedeutet, dass Wirtin oder Kellner persönlich bei den Gästen Fieber messen, ist derweil unklar. Verunsichert sind nun offenbar einige Einrichtungen, zumal sie bis zum 18. Mai nicht viel Zeit haben, die Checkliste der Stadt abzuarbeiten. Denn außerdem muss die Gaststätte auch noch vor der Erröffnung von einer städtischen Taskforce kontrolliert und freigegeben werden.
- Aushang Haus und Hof
- Checkliste
Nicht über diese Hürden springen will beispielsweise die Gaststätte „Haus und Hof“: Statt der Öffnungszeiten hängt hier ein Zettel in der Tür, versehen mit der städtischen Checkliste. Man werde gerne am 18. Mai eröffnen, heißt es da, hält sich aber für außer Stande, die Bedingungen zu erfüllen. Diese sind in der Checkliste mit einem Textmarker orangerot markiert.
Erste Umfragen bei Gaststättenbetreibern zeigen: Für viele lohnt sich der Aufwand nicht, andere jedoch nehmen es sportlich: Fest entschlossen ist beispielsweise das Hallesche Brauhaus. Von der Desinfektionssäule über Abstandsmarkierungen, Gästelisten bis hin zu laminierten, abwischbaren Speisekarten und den Sicherheitsbelehrungen des Personalswerde sei alles vorbereitet, heißt es dort.
Unklar sind jedoch in jedem Falle Fragen des Datenschutzes. Die Gästelisten soll nach Auflagen der Stadt vier Wochen aufbewahrt werden, und auf Verlangen vorgelegt werden. Nach dieser Frist sollen sie vernichtet werden. Vollkommen unklar: da wohl keine Ausweispflicht vorgesehen ist, könnten die Gäste sich auch als Donald Mickeymaus aus der Osterhasenstraße 7 eintragen.
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„Handschriftliche (wirklich handschriftliche) Dokumentation des Mitarbeiterbefindens. “
Dan vergibt das Gesundheitsamt Noten für „Schönschreiben“.
Wie wirklichkeitsfremd und rechtlich fragwürdig ist denn diese Checkliste?
Wie soll denn ein Gastronom den Gesundheitszustand seiner Gäste beurteilen? Fiebermessen und einmal in den Rachen schauen? Sag mal „aaaah“? Und was passiert mit den ausgefüllten Gesundheitsbögen der Gäste? Werden die an die Behörden ausgeliefert? Auf welcher rechtlichen Grundlage?
Kundendaten zu erheben ist vielleicht noch „normal“, machen viele Einzelhändler und erst recht Versandhändler. Aber schon die Zweckbestimmung läßt aufhorchen. Was passiert, wenn Kunden falsche Angaben machen? Darf ein Gastronom Personalausweise kontrollieren? Wird er für Falschangaben haftbar gemacht? Auf welcher Rechtsgrundlage darf er Kundendaten an Behörden ausliefern?
Darf der Koch zum Kosten der Speisen die Maske lüften oder muß er das Mahl pürieren und dann durch die Maske saugen? (kleiner Scherz)
Müssen die Gäste während des Servierens den Tisch oder gar das Lokal verlassen um einen Mindestabstand einzuhalten?
Handschriftliche (wirklich handschriftliche) Dokumentation des Mitarbeiterbefindens. Ich stelle mir gerade vor, wenn in diesen Bögen aus staatsbürgerlichen Ungehorsam begriffe auftauchen wie „Habe Kopfensschmerzen“, „Bin traurig“, „Aua. Schlimmes Zahnweh“, „Mein großer Zeh juckt. Der linke!“. Viel Spaß beim Auswerten liebe Büttel aus dem Gesundheitsamt.
Wieso sollen eigentlich die Gastronomen solche Auflagen einhalten, andere Einzelhändler nicht?
Wird eigentlich an den Schulen auch so ein Bohai gemacht? Fiebermessen? Stündliche Desinfektion von Türklinken, Schulschreibtischen? Desinfektion der Stühle nach Schülerwechsel? Tägliche Desinfektion der Schultoiletten? „Lehrerhustenprotokoll“? Oder läßt man die Kids und Jugendlichen über die Klinge springen?
Was passiert hier? Wo ist da noch Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit?
Noch ein Vorschlag: alles aufmachen. Dann ist ganz schnell Ruhe.
Vorschlag: Wir machen alles dicht, dann ist Ruhe. Mahlzeit.