Hartz IV: es wird weniger sanktioniert

10. April 2019 | Soziales | 5 Kommentare

Senius: „“Sanktionen sind generell richtig, Sanktionsregeln für junge Menschen sollten entschärft werden“

Die Zahl der in Sachsen-Anhalt gegenüber „Hartz-IV-Leistungsberechtigten“ neu festgestellten Sanktionen geht weiter zurück. Die Jobcenter in Sachsen-Anhalt haben im Jahr 2018 38.128 Sanktionen neu ausgesprochen. 2017 waren es noch 40.165 neu festgestellte Sanktionen. Die Zahl der neu festgestellten Sanktionen liegt damit auf dem niedrigsten Stand seit 2010. Insgesamt wurden 2018 15.726 Leistungsberechtigte in Sachsen-Anhalt neu sanktioniert.

Häufigster Grund für Sanktionen: Terminversäumnisse
„Mehr als drei von vier Sanktionen entstehen schlicht deshalb, weil vereinbarte Termine im Jobcenter gar nicht erst wahrgenommen werden. Dabei bieten Jobcenter auch einen Erinnerungsservice per SMS an“, erklärte Kay Senius, Chef der BA-Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen. So wurden im vergangenen Jahr 31.032 Sanktionen neu ausgesprochen, weil Leistungsberechtigte Termine in den Jobcentern ohne wichtigen Grund und unentschuldigt nicht wahrnahmen. 3.531 Sanktionen wurden ausgesprochen, weil sich Leistungsberechtigte weigerten eine Arbeit, Ausbildung oder Maßnahme zu starten oder diese fortzuführen. Das entspricht einem Anteil von etwas mehr als neun Prozent der neu ausgesprochenen Sanktionen. 2.336 Sanktionen wurden verhängt, weil sich Leistungsempfänger weigerten ihre Pflichten der „Eingliederungsvereinbarung“ zu erfüllen. Das sind rund 6 Prozent der neu verhängten Sanktionen.

Sanktionen sind die Ausnahme. – Senius für Entschärfung der Regelungen bei jungen Menschen
Im Schnitt hatten im Jahr 2018 5.333 Leistungsberechtigte mindestens eine Sanktion. Setzt man die Zahl der Leistungsberechtigten mit mindestens einer Sanktion in Relation zu den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten insgesamt, so waren 2018 pro Monat durchschnittlich 3,3 Prozent der Leistungsberechtigten mit einer Sanktion belegt. Bei jungen Menschen unter 25 Jahren lag die Sanktionsquote wie auch in den vergangenen Jahren höher als im Durchschnitt, nämlich monatlich im Schnitt bei 4,5 Prozent. Bei jungen Menschen sieht das Gesetz bereits beim ersten Regelverstoß, der über ein Meldeversäumnis hinausgeht, eine hundertprozentige Sanktion der Regelleistung vor. Für Personen ab 25 Jahren liegt diese Kürzung bei einem ersten Verstoß bei 30 Prozent. „Sanktionen sind eher die Ausnahme. Ein Großteil der Leistungsberechtigten hält sich an die gesetzlichen Regeln und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern setzen auf ein vertrauensvolles Miteinander“, erklärte Kay Senius. Er sprach sich aber dafür aus, die Sanktionsregeln für junge Menschen zu entschärfen und an die Regeln für Erwachsene anzugleichen. „Den erzieherischen Effekt hat man auch, wenn man nicht gleich alle Leistungen kürzt. Darüber hinaus minimiert man das Risiko, dass sich die betroffenen Jugendlichen ganz aus der Betreuung zurückziehen“, sagte Senius. Die Forderungen nach einer gänzlichen Abschaffung von Sanktionen sieht Senius kritisch. Sowohl Steuerzahler als auch Leistungsberechtigte erwarteten zu Recht eine pünktliche Leistungsauszahlung, gute Beratung und Förderung. „Dazu brauchen die Mitarbeiter in den Jobcentern aber auch eine Handhabe, wenn sich Einzelne der Betreuung entziehen und etwa nicht zu Terminen erscheinen oder angebotene Jobs und Weiterbildungsmaßnahmen ablehnen“, so Senius.

Hintergrund: Gesetzliche Grundlagen von Sanktionen
Pflichtverletzungen sind im Zweiten Sozialgesetzbuch geregelt (SGBII). Nach §31a SGBII führen Pflichtverletzungen in einer ersten Stufe zu einer dreimonatigen Leistungsabsenkung in Höhe von 30 Prozent des Regelbedarfs. Bei einer wiederholten Pflichtverletzung um 60 Prozent. Jede weitere wiederholte Pflichtverletzung führt dazu, dass die Grundsicherung vollständig entfällt. Sind die Leistungsberechtigten jünger als 25 Jahre, wird die Regelleistung beim ersten Pflichtverstoß zu 100 Prozent gekürzt. Bei wiederholten Pflichtverstößen werden auch die Kosten der Unterkunft nicht mehr übernommen.
Meldeversäumnisse führen nach §32 SGBII zu einer dreimonatigen Absenkung des Regelbedarfs um 10 Prozent. Wenn innerhalb von drei Monaten ein erneutes Meldeversäumnis dazu kommt, wird die Leistung um weitere 10 Prozent gekürzt. Die Regelungen bei Meldeversäumnissen gelten sowohl für Erwachsene als auch für Menschen unter 25 Jahren gleich.

Die Sanktionsstatistik im Internet
https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Themen/Grundsicherung-fuer-Arbeitsuchende-SGBII/Sanktionen-Widersprueche-Klagen/Sanktionen-Widersprueche-Klagen-Nav.html

(Quelle: Arbeitsagentur Sachsen-Anhalt / Thüringen

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