Angekommen? Teilhabe jetzt!

11. Mai 2019 | Soziales | 2 Kommentare

In den Nachmittagsstunden des 10. Mai 2019 fand im Händelhaus die Podiumsdiskussion „Angekommen? Teilhabe jetzt!“ statt. Als Veranstalter lud der VeMo Halle (Saale) e. V., Verband der Migrantenorganisationen Halle (Saale), ein.

Auch noch nicht so erlebt: Es wurde die Veranstaltung live „aufgezeichnet“

Die Veranstaltung begann feierlich mit Musik. Herr Ali führte in die Veranstaltung ein und stellte den Verein VeMo vor: Es ist im Grunde eher ein Verband. Dort sind 13 Vereine und 9 Einzelpersonen Mitglied. Kein einziger Verband in Ostdeutschland ist so groß. Der Verein verfügt 8 Mitarbeiterinnen, dazu kommen Praktikanten und im Moment 2 Bundesfreiwillige. (Die Aufgaben von VeMo kurz angerissen unter Hintergrund unten). Im Anschluß wurde als weitere Migrantenorganisation der Verband NEMO vorgestellt, NEMO steht für „Netzwerk der Migrantenorganisationen“. NEMO ist in 14 Bundesländern vertreten und tritt für 600 Mitgliedsorganisationen auf. Podiumsdiskussionen wie die in Halle laufen in 32 weiteren Städten, von NEMO organisiert. Der Verband kommt gerne nach Halle. Im September wird hier auch die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen abgehalten. (Das können sich Landes- und Kommunalpolitiker gleich in den Kalender schreiben.)

Halle halb vorbereitet

2015 kamen über 2000 Neuankömmlinge in die Saalestadt. Halle war darauf „halt vorbereitet“, zumindest besser als die meisten Kommunen bundesweit. Ein gut funktionierendes Netzwerk war vorhanden. Bestehende Angebote brauchten lediglich ergänzt werden. Das kann nicht darüber wegtäuschen, dass es auch Fremdenfeindlichkeit in Halle gibt. Das sagen uns die Wahlergebnisse einer sogenannten Alternative für Deutschland und auch die täglichen Diskussionen bei uns im HalleSpektrum. Die Migrantenvereine gehen das Problem offensiv an: Sie sprechen mit der einheimischen Bevölkerung. Wir wollen „nicht Schuldige suchen, sondern Lösungen“. Die Migrantenvereine sehen Integration so: Teilhabe, nicht Assimilation. Gegenseitige Respekt ist ganz wichtig. Die tägliche Fremdenfeindlichkeit beschreibt Olga E. aus dem Plenum: „Ich bin froh, dass ich weiß bin. Aber wenn die Leute merken, dass ich nicht so gut deutsch spreche, wollen sie nicht mit mir reden.“

Es begann die Podiumsdiskussion. Kritisch möchten wir anmerken, dass für unseren Geschmack die Kommunalpolitiker zu viel gesprochen haben und die Fragen des Plenums, besonders der Migranten, die hier eingeladen hatten, zu kurz kamen. Auf der Bühne saßen vom Publikum aus gesehen von links nach rechts: Gernot Nette (AfD), Ulrike Wünscher (CDU), Detlef Wend (SPD), Dennis Helmich (Bündnisgrüne), Uta Haupt (LINKE) und Yvonne Winkler (Mitbürger). Zu den meisten Themen herrschte unter den demokratischen Vertretern Einigkeit. In der Abschlußrunde kam von der Moderation die Frage nach Teilhabe und Mitbestimmung. Sollte wer Steuern bezahlt, auch darüber mitbestimmen können, wofür sie ausgegeben werden? Das ist auf ein zumindest kommunales Wahlrecht der Migranten ohne EU-Pass gerichtet. Herr Wend von der SPD möchte diesbezügliche Teilhabe über das Wahlrecht von der Zustimmung der Gleichberechtigung der Frau abhängig machen. Frau Wünscher (CDU) meint, dazu müßte es klare Regeln geben, aber grundsätzlich würde sie es bejahen. Jemand aus dem Publikum erwiderte Herrn Wend: „Wahlrecht ist nicht an die Anerkennung des Grundgesetzes gebunden, sonst dürften bei uns große Bevölkerungsgruppen nicht wählen.“ Der AfD-Vertreter sagte zum Grundgesetz: „Das Grundgesetz haben uns die Besatzungsmächte gegeben.“ Frau Wünscher würde gerne bei Bewerbungen den Passus „Frauen, Menschen mit Behinderung werden bevorzugt durch  “ durch „Menschen mit Migrationshintergrund“ ergänzen. Die Veranstaltung wurde unfreiwillig musikalisch beendet. Der AfD-Vertreter sang auf der Bühne die deutsche Nationalhymne, während das Publikum schwatzend den Saal verließ.

AK, ToK, Fotos: AK

Hintergrund:

Ziel des VeMo Halle (Saale) e. V. ist es, den Öffnungsprozess für eine plurale Gesellschaft in Halle mitzugestalten. Anlässlich 70 Jahre Grundgesetz fragen die Veranstalterinnen und Veranstalter der Podiumsdiskussion, weshalb in unserer Demokratie Menschen, die hier leben, die aktive politische Partizipation erschwert, wenn nicht gar verweigert wird. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft kommen an diesem Abend zusammen und diskutieren Themen, wie:

  • die Ermöglichung politischer Partizipation und Teilhabe
  • die lokale Ausgestaltung von Einwanderungsstrukturen

Diese Veranstaltung findet im Rahmen des Modellprojekts „wir sind viele – Einwanderungsgesellschaft für heute und morgen neu denken statt“ und wird unter anderem aus Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert.

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