Schon gewusst? Vorsicht Blausäure!

10. Januar 2021 | Bildung und Wissenschaft, Nachrichten, Natur & Gesundheit | Ein Kommentar

Maniokknollen enthalten cyanogene Glycoside, die durch Schälen und gründliches Wässern der geriebenen Knollen entfernt wird.

Etliche unserer Nahrungspflanzen sind keineswegs so harmlos wie sie aussehen. Sie enthalten nämlich Blausäureverbindungen, sogenannte Cyanogene Glycoside. Bekannt ist z.B. Öl aus Bittermandeln, mit dem Gebäck und Likör aromatisiert werden. Der Genuss der rohen Bittermandeln ist riskant. 5-10 Mandeln können für Kinder tödlich sein. Dass käufliche Bittermandelaroma ist inzwischen synthetischen Ursprungs und ungiftig.

Cyanogene Glycoside sind weit verbreitete Pflanzengifte. Beispiele von Pflanzen, deren Toxizität auf der Freisetzung von Blausäure aus cyanogenen Glycosiden beruht, sind viele Rosaceen wie Pflaume (Prunus domestica), Schlehdorn (Prunus spinosa), Aprikose (Prunus armeniaca), Mandel (Prunus dulcis), Pfirsich (Prunus persica), Sauerkirsche (Prunus cerasus), Sorghumhirsen und Maniok (Manihot esculenta) sowie verschiedene Weizen (Triticum sp.), Gerste (Hordeum vulgäre), Hafer (Avena sativa) und Bohnen (Phaseolus sp.). Die Aufzählung ist nur beispielhaft. 

Bei cyanogenen Glykosiden handelt es sich um an Zuckerreste gebundene Blausäure (HCN). In dieser Form ist die Verbindung nicht toxisch. Erst bei der enzymatischen Abspaltung des Zuckers entsteht u. a. die giftige Blausäure. Um sich selbst vor der Blausäure zu schützen, werden bei der intakten Pflanze das cyanogene Glycosid und zuckerabspaltende Enzyme in verschiedenen Zellorganellen räumlich getrennt gespeichert. Erst wenn es zu einer Beschädigung der Pflanzenzellen durch Abbeißen und Zerkauen (z.B. bei Insektenfraß) kommt, wird das Gift direkt freigesetzt. 

Die freigesetzte Blausäure ist für fast alle Tiere hochgiftig. Ursache hierfür ist, dass die Blausäure in den Stoffwechsel eingreift. Der Energiestoffwechsel der Tiere  wird innerhalb kürzester Zeit lahmgelegt. Blausäure blockiert irreversibel ein zentrales Enzym des Energiestoffwechsels (Cytochrom-c-Oxidase), so dass der Organismus keine Energie mehr bekommt. Cyanogenese benutzen Pflanzen zur chemischen Abwehr von Pflanzenfressern. Manchen von ihnen ist es gelungen, die Pflanzen zu entgiften, was zu einem ständigen Wettrüsten zwischen Pflanze und Schädling führte. Geringe Konzentrationen der cyanogenen Glycoside können von Mensch und Tier toleriert werden. Durch Meiden besonders glycosidreicher Pflanzenteile oder durch geeignete Vorbehandlung können cyanogene Pflanzen genießbar werden. Beim Verzehr von Nahrungspflanzen wie Manihoc und Hirse kam es zu zahlreichen Vergiftungen, auch mit Todesfolge. Bei der Zubereitung dieser Nahrung muss unbedingt auf ausreichende Wässerung geachtet werden, bis die Blausäure entfernt ist.Wir Menschen können cyanogene Pflanzen vor dem Verzehr entgiften oder Sorten züchten, die giftfrei sind. Letzteres ist allerdings riskant, da Schädlingen Tür und Tor geöffnet werden. 

(H.J. Ferenz)

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