Vom Fischerdorf nach Sexy Kröllwitz

8. April 2018 | Rezensionen | 3 Kommentare

Kröllwitz ist einer der ältesten und zugleich schönsten Stadtteile von Halle. Das Doppelheft (Heft 35/36) der Reihe „Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte“ des Hasenverlags widmet sich ausschließlich Kröllwitz, das durch die Saale von der Stadt getrennt ist.

Die in Kröllwitz lebende Autorin Heidi Ritter, die schon für andere Hefte dieser Reihe verantwortlich war, beleuchtet in zehn Kapiteln die Geschichte und die unterschiedlichen Facetten des Stadtteils. Die Ufer der Saale gegenüber der Burg Giebichenstein sind schon früh besiedelt worden. Die Ersten, die sich um 400 vor Christus hier niederließen, waren germanische Stämme. Später gelangten Sorben an die Saale und gründeten eine erste Siedlung. Als „Crolewitz“ wurde sie 1291 erstmals urkundlich erwähnt. Über Jahrhunderte hinweg war die Geschichte von Kröllwitz mit der Burg- und Frühstadt Giebichenstein verbunden. Daher war die Verbindung dieser beiden Orte über die Saale hinweg stets von besonderer Bedeutung – von den frühen Fährverbindungen bis zur heutigen Giebichensteinbrücke.

In einem Kapitel widmet sich Ritter ausführlich der Kröllwitzer Papierfabrik, von der heute nur noch Rudimente am Trothaer Wehr stehen, in denen nun Eigentumswohnungen entstehen. Anhand von historischen Abbildungen gewinnt der Leser einen Eindruck von der ehemaligen Größe und Ausdehnung der Papierfabrik. Interessant in diesem Zusammenhang, dass sich in den 1920er Jahren Widerstand gegen die Luftverpestung durch das Sulfatverfahren regte – gewissermaßen eine frühe Bürgerinitiative.

Darüber hinaus erzählt die Autorin von den Kröllwitzer Fischern, Schäfern, Pferde- und Geflügelzüchtern oder von den Studenten, die den abgeschiedenen Ort für sich entdeckten. Aber auch die Hallenser zog es nach Kröllwitz, schließlich gab es hier zahlreiche Ausflugslokale, wie die „Bergschenke“ oder den „Krug zum grünen Kranze“. Auch Künstler wie Albert Ebert, Martin Möhwald oder Moritz Götze fühlten (und fühlen) sich von Kröllwitz immer wieder angezogen. Äußerst interessant auch die „Spurensuche“ nach den Resten der ehemaligen Thingstätte auf den Brandbergen. Die Geschichte der Petruskirche, der Kröllwitzer Schule oder der ehemaligen Pädagogischen Hochschule werden ebenfalls anschaulich erzählt.

Am 1. April 1900 wurde Kröllwitz schließlich eingemeindet und das Dorf wurde zur Stadt, was natürlich Handel und Handwerk wachsen ließ. All das machte Kröllwitz zu einem besonderen Ort – eben „Sexy Kröllwitz“. Eine unterhaltsame, informative und reich illustrierte Stadtteilgeschichte.

 Heidi Ritter: „Vom Fischerdorf nach Sexy Kröllwitz – Ein Stadtteil von Halle“, Hasenverlag Halle/Saale 2017, Heft 35/36 der „Mitteldeutschen kulturhistorischen Hefte“, 18,00 €, 152 S., ISBN 978-3-945377-31-4

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