Stadtgottesacker – Ein Requiem in Stein

25. August 2017 | Rezensionen | Keine Kommentare

In Halle überstand ein in den Jahren 1557-1594 nach italienischem Vorbild errichteter Campo Santo die Jahrhunderte. Die für Mitteleuropa einzigartige Friedhofsanlage aus der Renaissance-Zeit drohte allerdings nach Bombenschäden im 2.Weltkrieg, baulicher Vernachlässigung und Vandalismus schleichend durch „natürliche und gesellschaftlich bedingte Zerstörung“ verloren zu gehen. Seit 1990 kümmert sich eine Stiftung und Bauhütte nicht nur um die bauliche Sicherung, sondern insbesondere um eine „rekonstruktive Neugestaltung“ der Nekropole. Ein Drittel des steinernen Bildschmuckes der Gruftbögen musste ersetzt bzw. neu geschaffen werden. Mehrere Bildhauer schufen zeitgenössische, der Geschichte aber verpflichtete Reliefs. 27 Arkadenbögen entstanden auf dem denkmalgeschützten historischen Friedhof. Diese modernen Reliefs sind in dem soeben im Mitteldeutschen Verlag erschienen, ansprechend gestalteten Bildband „Ein Requiem in Stein – Die Neugestaltung des Halleschen Stadtgottackers durch Gegenwartskünstler“, von dem Kunsthistoriker Joachim Penzel vorgestellt und detailliert beschrieben. Was hier geschaffen wurde, sei nichts weniger als „das größte Werk hallescher Gegenwartskunst“, betont sichtlich beeindruckt der Autor.

Die neuen Reliefs sind nicht etwa Kopien alter Darstellungen, sondern zeitgemäße Darstellungen über das Kommen und Gehen, das Leben und den Tod. Penzel beschreibt in einem einleitenden Kapitel ausführlich die kunsthistorische Bedeutung des Stadtgottesackers und widmet dann jedem der beteiligten Bildhauer ein Kapitel. Einfühlsam erschließt er dem Leser die Intentionen der Künstler und die Symbolik der in Stein gehauenen Reliefs.

Der sehr ansprechend gestaltete Bildband im Querformat 27x21cm enthält zahlreiche ganzseitige, z.T. sogar doppelseitige Schwarzweißfotos der Arkadenbögen. Gedruckt sind sie auf einem dickerem, imprägnierten Spezialpapier, so dass die Qualität der Fotos gewahrt bleibt; man kann sie fast fühlen. Mit seinen 152 Seiten bringt das Buch 990g auf die Waage, so dass man es zu vor-Ort-Studien mitnehmen kann. Der Bildband ist im Mitteldeutschen Verlag 2017 mit der ISBN-Nummer 978-3-95462-931-2 erschienen und kostet € 19,95.

H.J. Ferenz

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